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Ein Klangraum für die Versöhnung

Architektur Der Bund wird die Barenboim-Said-Akademie mit Millionen jährlich unterstützen

Der Pierre-Boulez-Saal, so Daniel Barenboim, werde einmal das „geistige und musikalische Zentrum“ des Gebäudes bilden

Im Konzertsaal der zukünftigen Barenboim-Said-Akademie wird die Akustik schon mal auf die Probe gestellt. Es dröhnt, es schallt laut. Zu hören sind Töne von Elektrosägen, Hämmern und anderem schweren Gerät. Man ahnt, dass aus der Baustelle an der Französischen Straße der modernste und ungewöhnlichste Klangraum Berlins werden soll. Bis zum Frühjahr 2017 ist vorgesehen, den Pierre-Boulez-Saal im Obergeschoss der Akademie einweihen zu können. Etwas verspätet wird dann der Raum mit 620 Plätzen für die Besucher rund um das Orchester und mit einem darüber liegenden kreisförmigen Rang fertiggestellt sein. Die Akademie soll im Herbst 2016 eröffnen.

Der amerikanische Architekt Frank Gehry hat diesen neuen Saal entworfen – eine futuristische Innenarchitektur im ausgehöhlten, einstigen Magazin der Staatsoper Unter den Linden, mit der Gehry an den avantgardistischen Saal der Philharmonie am Kulturforum anknüpft.

Michael Naumann, Gründungsdirektor der Barenboim-Said-Akademie, sowie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) und der Dirigent Daniel Barenboim führten am Freitag mit Stolz durch das große Entree des Hauses, durch die geplante Bibliothek, die 21 Probenräume und Tonstudios sowie durch den halbfertigen Konzertsaal. Der Pierre-­Bou­lez-Saal, sagt Barenboim, werde einmal das „geistige und musikalische Zentrum“ des Gebäudes bilden: ein spektakulärer Kammermusiksaal, der mit edlem hellen Holz vertäfelt ist und dessen Formen an tonale Schwingungen erinnern, „die Lust auf das gemeinsame Musizieren machen“.

Die Sitzreihen im großen Rund habe Gehry wellenartig gestaltet, die Empore darüber ebenso, beschreibt Naumann den Klangraum. „Der Konzertsaal hat insgesamt eine elliptische Form. Besonders bemerkbar ist dies, wenn man sich auf dem Rang befindet, denn der schwebt gewissermaßen wie eine fliegende Untertasse in wellenförmiger Form über dem Konzertsaal.“

Den Anlass für den Rundgang hatte Grütters gegeben. Der Bund, der bereits mit 20 Millionen Euro den insgesamt 33,7 Millionen Euro teuren Bau fördert, werde auch „den Betrieb der Akademie mit dauerhaften Zuwendungen unterstützen“, sagte die Kulturstaatsministerin. 2017 sollen 5,5 Millionen, „danach jährlich rund 7 Mil­lio­nen Euro fließen“. Dieses „Versöhnungsprojekt“ habe diese Summen verdient.

Obwohl es Stimmen gegeben hatte, die den teuren Umbau des Magazins in eine Nutzfläche von 6.500 Quadratmeter hinterfragten, ist heute das Projekt der Barenboim-Said-Akademie akzeptiert und ein schönes Vorbild. Die Idee der Akademie reflektiere die Geschichte des West-Eastern Divan Orchestras und setze „seine Ideale“ fort, erinnerte Naumann.

Barenboim und der amerikanisch-palästinensische Literaturwissenschaftler Edward W. Said hatten das Ensemble 1999 in Weimar gegründet, in dem israelische und arabische Musiker gemeinsam musizierten. An der neuen Akademie sollen ab Herbst die ersten Stipendiaten aus dem Nahen Osten ihr Studium beginnen. „Es wird hier der Gedanke an ein friedliches Zusammenleben in der arabisch-israelischen Region ge­lebt“, sagte Grütters.

Rolf Lautenschläger

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