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Firmen wollen wieder in Deutschland fracken

Rohstoffe Die Öl- und Gasindustrie kündigt ein Moratorium für die umstrittene Bohrtechnik auf

Campact kündigt „entschiedenen Widerstand“ an

BERLIN taz | Die deutsche Erdöl- und Erdgasindustrie will ihre Rohstoffe möglichst bald wieder mittels der umstrittenen Technik des Frackings fördern. Der Bundesverband der Förderunternehmen (BVEG) in Hannover kündigte am Mittwoch an, das seit Jahren geltende politische Moratorium nicht mehr anzuerkennen.

„Die Branche wird keine andere Alternative haben, als eine Bearbeitung aktuell vorliegender und neu einzureichender Anträge auf Basis des geltenden Rechts einzufordern“, erklärte der BVEG.

Unter anderem die niedersächsische und die nordrhein-westfälische Landesregierung haben das Fracking vorläufig auf Eis gelegt. Die Industrie hat sich dagegen nicht zur Wehr gesetzt und sich mit der Politik darauf verständigt, Fracking auszusetzen, bis ein Gesetz der Großen Koalition in Berlin in Kraft ist. Union und SPD können sich aber seit Jahren nicht auf ein Frackinggesetz einigen. Der Verband der Förderunternehmen will daher jetzt mehr Druck ausüben.

Fracking ist eine Bohrtechnik, bei der ein Gemisch aus Wasser und Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Erdschichten gepresst wird. Dadurch entstehen Risse, durch die Erdgas und Erdöl an die Oberfläche entweichen können. Viele Bürger und Bürgerinitiativen wollen Fracking in Deutschland grundsätzlich verhindern, weil sie Gesundheits- und Umweltschäden befürchten.

In manchen Gegenden Niedersachsens treten vermehrt Krebserkrankungen auf, die Kritiker mit der umstrittenen Bohrtechnik in Zusammenhang bringen. Obwohl die Technik in den USA erst in den vergangenen Jahren einen Boom erlebte, wird das Verfahren in Norddeutschland schon seit mehreren Jahrzehnten angewendet.

Ob die Ankündigung bald praktische Folgen hat, ist unklar. Will ein Unternehmen etwa neue Bohrstellen mittels Fracking eröffnen, müssten das die zuständigen Landesbehörden erst genehmigen. Tun sie es nicht, kann die jeweilige Firma klagen. Solche Verfahren dauern aber ihre Zeit.

Interessanterweise teilte der BVEG in seiner Erklärung gleich mit, dass ihn der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) unterstützt. Der Verband zitierte aus einer Videobotschaft des Ministers: „Deshalb werden wir auf niedersächsischer Seite alle Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Zukunft von Erdöl und Erdgas und auch Geothermie und Geoenergie gesichert ist. Wenn es nicht zu einer Regelung auf Bundesebene kommt, werden wir es auf Länderebene vernünftig lösen und umsetzen.“

Die Organisation Campact kündigte am Mittwoch bereits „entschiedenen Widerstand“ gegen eine Neuaufnahme des Frackings an. Hannes Koch

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