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Kommentar Prämie für ElektroautosBelohnung für Dieselgate

Manfred Kriener
Kommentar von Manfred Kriener

Die Regierung bedient die Autoindustrie. Sie gibt ihr saftige Subventionen gegen die Angst, den anderen mit toxischen VWs hinterherzudieseln.

Eine Ökostrom-Ladesäule aus dem Jahr 2012 Foto: dpa

J ahrelang hat die Bundesregierung der Versuchung widerstanden, das Elektroauto mit einer Kaufprämie anschieben zu wollen. Das Projekt erschien aussichtslos, zu groß waren die Probleme der Branche mit ihren kleinen Reichweiten und großen Preisen, mit fehlenden Ladestationen und ohne den Mut, die Autos wirklich kleiner und leichter zu machen.

Stattdessen erinnerten die Batteriefahrzeuge an die Anfänge des Elektroautos Ende des 19. Jahrhunderts, als die Automobiljournalisten bereits erkannten: „Leider ist die Capazität der Elemente eine sehr geringe, die Batterien liefern trotz eines großen Volumens und Gewichts nur sehr wenig und bloß für kurze Zeit elektrischen Strom. Auch sind die Kosten dafür sehr hoch.“

Das Elektroauto des 21. Jahrhunderts war bisher nicht mehr als ein grüner Strohmann. Die PS-Industrie produzierte zu 99 Prozent fossile Benziner und Dieselfahrzeuge, stellte die Stromer aber als glitzernde Wunschmaschinen der automobilen Erneuerung ins Rampenlicht. Nahezu null Absatz, aber schicke Kisten für die Automobilsalons. Und der sanft schnurrende Beweis der Zukunftsfähigkeit. Der fehlende Erfolg erschien dann immer als Versagen der Autokäufer, die einfach zu knauserig sind. Und als Fehler von Schäuble, der keine Prämie rausrückt.

Inzwischen hat sich die Stimmung etwas gedreht. Die Markterfolge des US-Autobauers Tesla und der chinesischen Marke BYD haben den typisch deutschen Angstimpuls ausgelöst, abgehängt zu werden. Die anderen fahren elektrisch voraus, wir dieseln mit unseren toxischen VWs hinterher. Die deutsche Neurose des Anschlussverlierens wird vor allem von den Medien befördert. Die übersehen, wenn sie die Tesla-Verkaufszahlen verbreiten, dass die US-Firma auf einem riesigen Schuldenberg sitzt und ihre Autos eher ein Spielzeug für Reiche sind, als ein vernünftiges Fortbewegungsmittel.

Dass Elektroautos nur dann Umwelt und Klima helfen, wenn ihr Strom komplett aus Erneuerbaren Energien kommt und nicht aus Braunkohle. Dass zukunftsfähige Elektrofahrzeuge nicht die üblichen Großpanzer und Rennautos sein können, die lediglich einen neuen Antrieb bekommen.

Jetzt also doch: eine saftige Subvention für die Autoindustrie. Der es ja auch richtig schlecht geht, weil sie von den Umweltbrigaden übler Machenschaften überführt wurde. Dass die Zunft ausgerechnet zu einem Zeitpunkt Kaufprämien als Belohnung hinterhergeworfen bekommt, an dem sie wie eine kriminelle Vereinigung dasteht, die jahrelang, vorsätzlich und in großem Stil Kunden, Behörden und Öffentlichkeit betrogen und Umwelt und Klima ausgeräuchert hat, das ist die große Pointe in diesem Spiel. Die Bundesregierung bestätigt mit dem Prämien-Vorhaben alte Vorurteile: dass sie nur der Bettvorleger der Autokonzerne ist.

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Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
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9 Kommentare

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  • Der angeblichen "typisch deutschen Angst, international abgehängt zu werden" steht hier die Angst gegenüber, irgendetwas auch nur anzufangen, solange es nicht "perfekt" ist. Und diese Angst scheint Herrn Kriener gänzlich in Besitz genommen zu haben.

     

    Panikmacher Nummer eins: "E-Autos haben eine 'sehr geringe' Reichweite (so zwischen 80 und 250 km)!" NA UND?

     

    Wieviel Prozent der Verkehrsteilnehmer legen denn privat motorisiert tagtäglich größere Strecken zurück? Wer sich ein E-Auto einzig zu dem Zweck kauft, damit zweimal im Jahr in den Urlaub zu fahren und die 1000 km dabei partout am Stück durchfahren will, der ist mit einem Elektromobil sicherlich falsch beraten. Er könnte aber auch mal seinen Hirnkasten einer gründlichen Hauptinspektion unterziehen.

     

    Panikmacher Nummer zwei: "Es gibt ja gar nicht genug Ladestationen!" ACH JA?

     

    Ladestationen sind keine Tankstellen. "Mal eben schnell 'nen Boxenstopp, Akku auffüllen und weiter geht's" - das geht mit einem E-Auto nicht. Selbst Schnell-Ladestationen brauchen mindestens 30-45 Minuten für eine Akku-Ladung und der Vorgang lässt die Batterie zudem vorzeitig altern. Aufladen des Akkus empfiehlt sich daher, über einen Zeitraum von 6 bis 8 Stunden, am Start- oder Zielort einer Reise, nicht mittendrin unterwegs.

     

    Da hilft eher ein Austausch des Akkus, wofür es aber noch gar keine Infrastruktur gibt. Das bislang weltweit einzige Unternehmen für diese Dienstleistung ging Mitte 2013 Pleite. In Deutschland kommen derzeit auf drei E-Autos eine Ladestation. Da die irgendwo in der Landschaft (bzw. zum Beispiel in Gewerbegebieten) stehen, werden sie wegen der Ladedauer entsprechend wenig frequentiert. Ladestationen müssen in der Nähe von Wohnung und Arbeitsplatz entstehen, nicht irgendwo an der Hauptverkehrsstrasse, zwischen Industrieanlagen, oder auf der "grünen Wiese".

    • @cursed with a brain:

      Der 2 Liter VW ist sicher umweltfreundlicher als alle E Autos. Allein die Batterien. Und der Stromverbrauch und -verlust. Nicht gerade billig.

    • @cursed with a brain:

      Panikmacher Nummer drei: "Tesla ist ja auch schon pleite, ergo taugen E-Autos nichts." WIE BITTE?

       

      Einer der größten Feinde der Elektromobilität ist die Erdölindustrie. Und die ist in den USA nicht ohne Einfluss auf die Politik. So beschlossen einige amerikanische Bundesstaaten im letzten Jahr, dass Autobauer ihre Fahrzeuge nicht mehr über das Internet oder bei eigenen Ausstellungen in sogenannten "Show-Rooms" verkaufen dürfen, sondern nnur noch über "zertifizierte Autohändler". Jeder große Hersteller von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor verfügt über ein solches jahrzehntelang gewachsenes Netz, nur Tesla nicht. So kann man mißliebige Konkurrenz aus dem Markt drücken.

       

      Hinzu kommt, dass Tesla von Anfang an ein Konzept des "Fund-Raisings" verfolgte, demzufolge zunächst bewußt Luxuswagen für eine kleine, ökologisch interessierte UND zahlungskräftige Kundschaft entwickelte um mit den Einnahmen kleinere und bezahlbare Autos für den Massenmarkt zu entwerfen. Auch wenn man dem ausgegebenen Zeitplan inzwischen drei bis vier Jahre hinterherhinkt, kann man nicht sagen, das Konzept wäre grundsätzlich nicht aufgegangen. Man sollte es allerdings schon kennen und verstanden haben, was bei Herrn Kriener aber ganz offensichtlich nicht der Fall ist.

       

      Insgesamt stellt sich Kriener damit auf die Seite der großen Ölkonzerne und derjenigen, die lieber weiter Verbrennungsmotoren bauen und nutzen wollen.

       

      Vielleicht ist er ja auch der Meinung, dass wir hier erst Luftwerte wie in Peking-Stadt brauchen, dann werden diejenigen, die es sich leisten können, auf unsubventionierte Elektromobile mit gefilterter Innraumluft umsteigen, während der große Rest durch den Dreck hinterher stolpern darf.

      • @cursed with a brain:

        Und da ja "VW" bei allem was dieser Tage irgendwie mit motorisiertem Individualverkehr zu tun hat, immer noch das ultimativ Böse zu sein scheint, hier mal ein Artikel, der das ganze ohne ideologische Scheuklappen betrachtet. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/vw-abgasskandal/fragen-zum-vw-abgas-skandal-dreckschleuder-diesel-13821942.html

         

        Inzwischen ist doch längst bekannt, dass so ziemlich jeder gemogelt hat, auch bei Benzinern. Die auch von VW verwendete Technik, das "defeat device", gibt es schon seit den frühen siebziger Jahren. Die Politik hat da einige Fenster sehr lange sehr weit offen stehen gelassen und sich nicht darum gekümmert, wie Rechtsnormen immer weiter ausgehöhlt wurden. Die Wolfsburger hatten nun das "Pech" als erste erwischt worden zu sein. Doppeltes Pech sogar, weil die VW-Dieselmotoren der neuesten Generation ("E6", seit ca. eineinhalb Jahren) die Schummelei tatsächlich gar nicht mehr nötig haben.

         

        Und - ganz ehrlich - es kann sich keiner vorstellen, wie sehr ich es hasse, ausgerechnet bei der FAZ einen Kommentar zu finden, der in seiner fachlichen Kompetenz und sachlichen Neutralität nahezu allem, was ich zu diesem Thema bei der taz gelesen habe so haushoch überlegen ist.

  • Herr Kriener,

     

    im Wesentlichen stimme ich Ihnen zu und danke Ihnen für den Artikel.

     

    Mittlerweile kenne ich Sie etwas und nehme Sie als wichtigen kritischen Geist bezüglich jeglicher grün-alternativer

    Projekte wahr, aber Sie verlieren manchmal auch gehörig das Maß, z.B. wenn Sie hier schreiben:

    "Stattdessen erinnerten die Batteriefahrzeuge an die Anfänge des Elektroautos Ende des 19. Jahrhunderts, als die Automobiljournalisten bereits erkannten..."

    Sie kehren damit die enormen Fortschritte die im Bereich der E-Autos gemacht worden damit einfach unter den Teppich.

    Auch mit der Kritik an der angeblich zu geringen Reichweite klingen Sie leider recht populistisch, denn sehr sehr viele Personen brauchen höchstens 60-80 km pro Tag!

     

    Ich stimme Ihnen zu, wenn Sie behaupten, dass der Mut fehlte die PKW "kleiner und leichter" zu machen, aber dennoch gibt es seit vielen Jahren reichlich auch sehr leichte Modelle: Twike, Think City, City-el.

    Der MIEV und Zoe von Renault sind voll familientauglich und nicht zu groß.

     

    Sie kritisieren die Behörden und die Regierung, aber die Zig-Zausende von Autokäufer, die reichlich etwas auf dem Konto haben, und sich für viel Geld irgendwelche "Pest-Kutschen"

    kauften, anstatt eines der vorhandenen

    vernünftigen E-Autos zu erwerben,

    kommen "ungeschoren" davon.

     

    Ich kann nur jeden fragen, wie ca. 1000 Politiker es schaffen sollen etwas zu verbessern, wenn zig-Millionen

    nur bzw. viel "Mist machen"

  • Die deutsche Autoindustrie hat wieder einmal aus kurzsichtiger Profitsucht eine Entwicklung verpennt und der Steuerzahler darf die Zeche bezahlen.

  • 90% des Autoverkehrs könnte leicht ersetzt werden. Dort wo Hügel und Berge für viele eine Hürde für das Nutzen von Fahrrädern darstellt, können e-Bikes den Umstieg erleichtern.

    Für längere Strecken gibt es die Bahn, durch diese wird kaputt gespart statt ausgebaut.

    Wir brauchen eine Umweltförderung:

    Jedes Fahrrad und jeder Kinderanhänger sollte mit 100 € aber maximal 50% des Anschaffungswertes gefördert werden.

    Jedes Lastenrad mit 200 € und ebenfalls maximal 50% des Anschaffungswertes.

    Elektroräder und Elektromotorräder könnten dann mit 250 € und maximal 50% des Anschaffungswertes gefördert werden.

    Dann wäre eine Förderung von Stromautos als Ergänzung noch darstellbar.

    Aktuell ist das nur ein Förderprogramm für die Autoindustrie gegen die Umwelt.

  • Was für ein hanebüchernder Unfug! Selbst wenn Ökostrom verwendet wird, besteht das Umweltproblem der Herstellung und dem Austausch der Batterien weiterhin. Anstatt Geld in die weitere intensive Erforschung der Brennstoffzellentechnik zu investieren, wird hier wieder einmal ein toter Gaul gesattelt.

    • @FraMa:

      Dann sollte man noch konsequenter werden und fragen warum in aller Welt der motorisierte Individualverkehr so unverzichtbar sein soll. Ist er nämlich nicht. Oder höchstens in den Köpfen. Daran sollte man arbeiten.