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Das Versprechen, Versprechen zu halten

US-Wahlkampf II Hillary Clinton präsentiert sich als seriöse Alternative zum Rammbock Trump

WASHINGTON taz | Hillary Clinton steht an einem Pult vor den chromglänzenden Tanks einer Mikrobrauerei in Athens, Ohio, und erzählt von ihrer Reise quer durchs „Coal Country“, durch die Kohleregion der Appalachen mit ihrem Malocherstolz, ihrem Lokalpatriotismus, ihrer mancherorts bitteren Armut. „Ich habe Leute getroffen, die zu Recht Dank erwarten dafür, dass sie, ihre Eltern und Großeltern dieses Land aufgebaut haben“, sagt sie. Über Generationen habe die Kohle der Appalachen in Amerika die Lichter angehen lassen, die Fließbänder am Laufen gehalten. Das ganze Land stehe in der Schuld der heute so arg gebeutelten Kohlekumpel, weshalb es ihnen in der Strukturkrise zu helfen habe, mit Steuergeld, Bildungsprogrammen, einer besseren Infrastruktur. „Ich weiß, viele von euch werden jetzt sagen: Nun ja, schöne Worte, aber wir glauben das nicht.“

Auch wenn die Favoritin der Demokraten noch nicht ganz am Ziel ist, auch wenn sich ihr überaus hartnäckiger Rivale Bernie Sanders noch nicht geschlagen gibt, an ihrem Sieg im parteiinternen Wettlauf gibt es kaum noch Zweifel. Clinton ist mit ihren Gedanken längst beim Finale, ihr Gegner heißt nunmehr Donald Trump, und schon ihr Auftritt in der Brauerei deutet an, mit welchen Waffen sie ihn zu schlagen gedenkt.

„Ich habe verstanden“, signalisiert sie den frustrierten Malochern, von denen viele in dem Milliardär aus New York ihren neuen Helden gefunden haben, eine Art Rammbock, einen Sprecher, der auf sämtliche Regeln der politischen Korrektheit pfeift und dem sie gerade deshalb zutrauen, den Status quo aufzumischen. Clinton versucht, die Vergessenen zurück auf ihre Seite zu ziehen. „Ich weiß, so viele Politiker haben so viele Versprechen gegeben, die dann nicht gehalten wurden. Bei mir wird das anders sein“, beteuert sie in Athens. Und sie fordert Trump auf, endlich konkret darzulegen, wie er praktisch durchsetzen wolle, was er in großen Sprüchen verkünde.

Eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen und die Mexikaner dafür zahlen lassen? Wie soll das gehen? Den Großexporteur China mit 45-prozentigen Zöllen ausbremsen, ohne einen Handelskrieg vom Zaun zu brechen? In welcher Welt lebt der Mann eigentlich?

Trump, bringt Clinton es in einem Interview mit CNN auf den Punkt, bedeute ein Risiko, das sich Amerika einfach nicht leisten könne. Der Mann sei unberechenbar. Frank Herrmann

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