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AfD-Sympathisanten auf Facebook„Da ist ganz viel Hass“

Zwischen Heimatliebe und Hetze: Die Bloggerin Jasmin Schreiber war sieben Tage lang mit einem Fakeprofil in rechten Facebook-Gruppen unterwegs.

Hass und Hetze im Schatten der digitalen Anonymität Foto: reuters
Interview von Hannah Weiner

Hass und Hetze: Die 28-jährige Journalistin Jasmin Schreiber war sieben Tage lang in rechten Facebook-Gruppen unterwegs. Mit einem Fakeprofil mit Deutschlandflagge und Kätzchenbild hat sie sich auf Seiten umgesehen, die „Heimatliebe“ oder „WIR sind das Volk“ heißen. Viele der Gruppen hat sie über die Profile von AnhängerInnen der AfD gefunden. Auf ihrem Blog hat sie aufgeschrieben, was sie im „Dunkelfacebook“ erlebt hat.

Taz: Frau Schreiber, wer ist Melanie?

Jasmin Schreiber: Sie ist Hausfrau und Mutter aus Sachsen-Anhalt. Sie ist verheiratet und hat Angst vor dem Islam. Mehr gibt es über sie nicht zu sagen. Sie ist nur eine Identität, die ich mir ausgedacht habe, um in rechte Facebook-Gruppen reinzuschauen.

Was haben Sie dort erlebt?

Eine Verschwörungstheorie jagt die nächste. In diesen Gruppen wird die ganze Zeit gehetzt: über Flüchtlinge, Merkel, die Grünen. Da ist ganz viel Hass. Die Leute sind total gefangen in ihrem Tunnel und kriegen gar nichts anderes mit.

Welche Dynamiken wirken in diesen Kreisen? Wie wurden Sie aufgenommen?

Nach weniger als 24 Stunden hatte ich über 100 Freunde. Das wollte ich eigentlich gar nicht. Ich wollte niemanden betrügen oder hinters Licht führen. Aber die Leute adden alles, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Die meisten der Mitglieder haben 1.500 Freunde. Wie man das von Sekten und rechten Szenen kennt, suchen sie sich die Neulinge raus und versuchen sie aufzuputschen. Begrüßt wird man mit „Hallo, wir Patrioten müssen zusammenhalten“. Das nimmt ziemlich Fahrt auf.

Was hat Sie am meisten schockiert?

Es hat mich sehr belastet, dass immer nur Negatives gepostet wird: IS-Propaganda oder Videos von arabischen Männern, die Tiere quälen. Es wird versucht, Araber zu entmenschlichen, so wie das damals mit Juden gemacht wurde. Nach dem Motto: „Das sind keine Menschen, das sind Tiere.“ In diesen Gruppen sind Leute mit Gewaltpotential unterwegs, denen du weder im Dunkeln noch bei Tag begegnen willst.

Wie viel Gefahr geht von diesen Gruppen aus?

Sie haben teilweise 25.000 Mitglieder. Wenn man überlegt, dass jedes der Mitglieder nur einen anderen von seinen Ansichten überzeugt, kann man sich ja vorstellen, was passiert. Ich habe Bedenken, dass das um sich greift und salonfähig wird. Die Menschen dort sagen nicht nur: „Wir sind das Volk“. Die denken wirklich, dass wir alle so denken, und nur sie sich trauen es auszusprechen.

Was für eine Rolle spielt die AfD dort?

Eine große. Die meisten Mitglieder wollen die AfD wählen. Das zeigt meiner Meinung nach auch, dass die AfD nicht so bürgerlich ist, wie sie tut. Sonst hätte sie nicht eine solche Zugkraft in diesen Gruppen.

Was denken Sie, wie sich das weiterentwickelt? Muss Facebook irgendwann eingreifen?

Ich denke nicht, dass sich das von selbst erledigt, und Facebook scheint zu ignorieren, was dort so passiert. Zwar sehe ich das Netzwerk in der Pflicht, aber ich mache mir nichts vor. Wenn diese Leute Facebook nicht mehr als Plattform haben, suchen sie sich etwas anderes.

Gibt es Melanie noch?

Nein, ich habe sie abgeschaltet.

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5 Kommentare

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  • Jetzt mal ernsthaft, wer sich mit dem Thema beschäftigt, kennt ziehmlich viele die ähnliche Experimente gemacht haben. Allerdings mit ein bisschen weniger "äh die pösen Nazis" als fertig gefaßte Meinung. Diesen Schwachsinn hätte man jedenfalls sonicht veröffentlichen müssen. Zu kurz, reine Schlagwörter und nur Behauptungen. Blödes AfD Bashing ala Linksunten Stammtisch. In der Zeit hats Malte Henk mal richtig vorgemacht, "Wie ich auszog, die AfD zu verstehen" vom 13. März 2016 DIE ZEIT Nr. 12/2016, 10. März 2016.

    Schade das sowas in der Taz lieber Stimmung geschürt wird.

  • Ein bisschen dürftig das Interview ... und wie jetzt weiter?

     

    facebook kann nichts ignorieren, was von facebook gar nicht direkt wahrgenommen wird. facebook besteht nicht aus Mitarbeitern die die Kommunikation mitlesen ... und hat facebook überhaupt jedes Recht und die Kompetenz zur Zensur?

    Ein Gastwirt nimmt die Gespräche an seinen Tischen auch nicht wahr und wer wäre er, sich in dummes Geschwätz einzumischen.

    Die einzige Lösung wäre Überwachung von staatlicher Seite. Das geht nur auf Kosten der Freiheit.

    Es wird wohl früher oder später so kommen.

  • Na, nicht gerade umwerfend, was da in sieben Tagen Undercover-Recherche zusammengekommen ist. Mich beschäftigt die Frage: Wann ist es Zeit, hier abzuhauen?

    • 9G
      913 (Profil gelöscht)
      @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Blog lesen! Da steht mehr.

       

      Fragen: Wieso willst du abhauen? Willst du nicht kämpfen? Wieso sollte man abhauen? Wohin?

  • 'Mit einem Fakeprofil'

     

    'Ich wollte niemanden betrügen oder hinters Licht führen'

     

    Ja was jetzt?