piwik no script img

Keine Ente: Geflügel muss rein

Ab heute darf Nutz- und Ziergeflügel wegen der Vogelgrippe nicht mehr frei laufend gehalten werden. In Berlin sind 7.000 Tiere betroffen, in Brandenburg 2 Millionen

Hinterm Entenhaus auf dem Kinderbauernhof in Görlitzer Park wird ein Verschlag gezimmert. Kaum 20 Quadratmeter groß. Er muss noch fertig werden, denn ab heute darf Nutzgeflügel nicht mehr frei herumlaufen.

Das Verbot wurde beschlossen, weil in der Nähe von Moskau Hühner mit dem Vogelgrippevirus entdeckt wurden. Aus Russland kommen um diese Jahreszeit noch Zugvögel, vor allem die besonders gefährdeten und wohl teils infizierten Wildenten. Damit Nutzgeflügel nicht mit den Zugvögeln in Kontakt kommt, muss es in die Ställe oder in abgesicherte Freiluftverschläge.

Die Enten auf dem Kinderbauernhof sollen es deshalb plötzlich auf einem Bruchteil des Geländes, das sie sonst als ihr Revier betrachten, aushalten. „Schon den ganzen Tag hocken sie im Teich, als spürten sie, dass es ihr letzter Badetag ist“, meint Camilla Nilson vom Bauhernhof. Im Verschlag wird es zwar ein kleines Fischbecken geben, „aber da gibt’s Streit“, ist sie sich sicher. Wenn über einen langen Zeitraum Stallpflicht herrsche, dann könne es schon sein, dass einige der Tiere getötet werden müssen, weil sie es nicht aushalten. Nilson sieht’s pragmatisch: „Martinsgans, Nikolausgans, Weihnachtsgans“, sagt sie und schickt ein Huhn, das sich schon früh in den Stall verziehen will, wieder raus. „Bleib draußen. Dein letzter Tag in Freiheit!“ Der Verschlag hinterm Hühnerhaus ist bereits fertig. Oben wasserdicht, von der Seite mit so feinem Geflecht bedeckt, dass auch kein Zaunkönig durchkann.

In Berlin sind etwa 7.000 Stück Nutzgeflügel vom Freilandverbot betroffen, darunter auch die Vögel von Tierpark und Zoo. In Brandenburg aber gibt es mehr als 2 Millionen frei lebende Tiere, wie Jens-Uwe Schade vom Ministeriums für ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz (MLUV) in Potsdam sagt. Es gebe etwa viele kleinere Ökohöfe und „Leute auf Hartz IV, die noch ein paar Dutzend Hühner halten“. Das größte Problem der Verwaltung: diese zu erfassen. Das, so Schade, habe man aber im Griff. Die Leute seien einsichtig. Sind sie es nicht, drohen Strafen bis zu 25.000 Euro.

Derzeit gilt die Verordnung bis zum 15. Dezember. Dann sind die Herbstvogelzüge vorbei. Werden keine infizierten Tiere gefunden, wird es nur ein kurzes Aufatmen geben bis zum Frühjahr. WALTRAUD SCHWAB

Brandenburger Infotelefon: (03 31) 8 66-72 00 oder 72 01

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen