Abgasmessungen bei Daimler: Sauberes Abgas nur im Sommer?
Die Abgasreinigung in Mercedes-Autos wird bei Kälte zum „Motorschutz“ reduziert, sagt Daimler. Aber passiert das schon bei zu hohen Temperaturen?
Nach weiteren Tests, unter anderem durch die niederländische Prüforganisation TNO, hat sich die Argumentation geändert: Daimler räumt nun ein, in seinen Fahrzeugen eine Abschalteinrichtung zu verwenden, die unter bestimmten Bedingungen die Wirksamkeit der Abgasreinigung reduziert. Anders als im Fall von Volkswagen hält das Unternehmen dies aber für legal. Man berufe sich auf eine Ausnahme in der entsprechenden EU-Richtlinie, teilte Konzernsprecher Matthias Brock auf taz-Anfrage mit. „Der Motor- bzw. Bauteilschutz“ werde darin „explizit als erlaubter Zweck eingeräumt“.
Und dieser Motorschutz erfordere es, die Abgasreinigung bei niedrigen Temperaturen zu reduzieren, argumentiert Daimler. „In der Regel geschieht dies im unteren einstelligen Temperaturbereich“, erklärt Brock. Dass die Abgasreinigung regulär funktioniert und damit die geltenden Grenzwerte eingehalten werden, ist bei den betroffenen Mercedes-Modellen demnach nur im Sommer gewährleistet.
Die Deutsche Umwelthilfe, die selbst ein Mercedes-Modell getestet hat, geht sogar davon aus, dass die Abgasreinigung schon bei Temperaturen von weniger als 10 Grad Celsius nicht funktioniert, denn die Testfahrten in den Niederlanden hätten bei 7 bis 10 Grad stattgefunden. Das Prüfinstitut TNO bestätigte, dass der Temperatursensor am Fahrzeug diese Werte angezeigt habe; der Wetterservice habe für diesen Tag jedoch Temperaturen von weniger als 4 Grad ermittelt, sodass unklar sei, ob der Sensor korrekt funktioniert habe.
Handlungsbedarf sieht nicht nur die Deutsche Umwelthilfe, sondern auch der ADAC. „Es kommt darauf an, dass die Autos die Grenzwerte einhalten“, sagte der Leiter des ADAC-Technikzentrums bei einer Veranstaltung der Grünen. Ob die Argumentation von Daimler zulässig sei, müsse „rechtlich entschieden werden“. Die Umwelthilfe bereitet bereits eine entsprechende Klage vor.
Das Bundesverkehrsministerium beantwortete die Frage, ob das Vorgehen von Daimler durch die Ausnahmeregelung in der EU-Richtlinie gedeckt sei, ausweichend. Man überprüfe die Regelwerke derzeit, sagte Staatssekretär Michael Odenwald zur taz.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen