DFB Untersuchung zum mutmaßlichen Stimmenkauf bei der WM 2006: Grund für Geldflussweiterhin ungeklärt
Berlin taz | Gewerkschaften, Parteien und die Kirchen – sie alle verlieren Mitglieder, nur der Fußball, der kenne diesen Schwund nicht. Reinhard Rauball, der Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes, hat am Freitagnachmittag ein Hohelied auf die „Strahlkraft“ des deutschen Fußballs angestimmt. Alles gut im deutschen Fußball?
Gerade hatte der DFB die Anwaltskanzlei Freshfield damit beauftragt, die bis dato nicht zu erklärenden Zahlungen des Organisationskomitees der WM 2006 an die Fifa zu untersuchen. Schon klopften sich die Verbandsvertreter eifrig auf die Schultern: Noch nie habe ein Sportverband so viel Transparenz bei der Aufklärung eines Skandals an den Tag gelegt, lobte Rainer Koch, der zusammen mit Rauball den Verband führt, seit Wolfgang Niersbach in Zuge der Untersuchung des Falles zurückgetreten ist. Ihre Botschaft war eindeutig. Es gebe „keinen Anhaltspunkt“ für einen Stimmenkauf im Zusammenhang mit der Vergabe der WM 2006.
So eineindeutig wollte Christian Duve von der Kanzlei Freshfields bei seiner Präsentation der Untersuchungsergebnissen nicht urteilen. Der hatte den Zahlungsfluss jener 6,7 Millionen Euro dargestellt. Seine Schlussfolgerung: Es gebe keinen Beweis dafür, dass Stimmen gekauft worden seien. Es gebe aber auch keinen Beweis dafür, dass dies nicht geschehen ist. Fest steht, dass jenes Geld, das Franz Beckenbauer und sein ehemaliger Manager Robert Schwan vom damaligen Adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus organisiert hatten, auf dem Konto einer Firma in Katar gelandet sind. Die ist mit dem langjährigen Chef des Asiatischen Fußballverbandes Mohammed bin Hammam eng verbandelt. Der wiederum ist als notorischer Stimmenkäufer in der Fifa übel beleumundet und war für den DFB in jener Zeit ein wichtiger Mann, weil er versprochen hatte, den Deutschen die vier Stimmen Asiens im Exekutivkomitee der Fifa zu sichern.
Warum die Vermerke zu der Zahlung mit der Notiz „Asian Games 2006“ versehen waren, vermochte Duve nicht zu erläutern, auch weil Freshfields erst am Donnerstag die letzten Infos zum Geldfluss zusammentragen konnte. Ebenso wenig vermochte er zu erklären, was die Motivation für einen von Franz Beckenbauer unterzeichneten Vertrag des WM-Organisationskomitees mit dem Fußballverband von Trinidad und Tobago war. Darin wurden diesem Leistungen im Wert von geschätzten 10 Millionen Euro zugesichert, die zum Teil auch erbracht worden sind. Es bleibt noch etliches zu ermitteln, auch weil Freshfields Funktionäre der Fifa nicht befragen konnte: Alte E-Mails waren längst gelöscht, und ein entscheidender Ordner mit der Aufschrift „Fifa 2000“ ist aus dem Archiv verschwunden.
Eines steht jedenfalls fest. Wolfgang Niersbach hat die Gremien des DFB nicht informiert, obwohl er schon im Sommer 2015 von der Zahlung gewusst hat. „Inakzeptabel“ nannte Rainer Koch das. Er wollte sich aber ebenso wenig wie Reinhard Rauball dazu äußern, ob Niersbach, der den deutschen Fußball in den Gremien der Fifa und der Uefa weiterhin vertritt, mit Konsequenzen zu rechnen habe.
Andreas Rüttenauer
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