Frankreichs restriktive Innenpolitik: Der Ausnahmezustand wird Regel
Die Regierung will die seit dem 13. November geltenden Sonderrechte für Sicherheitsorgane um drei Monate verlängern. Ein weiteres Antiterrorgesetz ist geplant.
Die zunehmend umstrittenen Sonderrechte für die Sicherheitsorgane sollen um weitere drei Monate ausgedehnt werden. Das Parlament muss über den Vorschlag entscheiden. Zudem stellte die Regierung einen weiteren Gesetzestext vor, der den Ermittlungsbehörden weitere Befugnisse für den Anti-Terror-Kampf geben soll.
Frankreich hatte nach der islamistischen Mordserie vom 13. November den Ausnahmezustand verhängt, der unter anderem Hausdurchsuchungen und Hausarrest ohne Richterbeschluss ermöglicht. Das Parlament hatte ihn bereits einmal verlängert, er gilt derzeit bis Ende Februar. Der Generalsekretär des Europarats hatte auf die Ankündigung einer neuen Verlängerung mit Besorgnis reagiert und auf Risiken hingewiesen. Am Samstag waren Tausende Menschen in mehreren Städten gegen die geplante Verlängerung auf die Straße gegangen.
Der Ausnahmezustand sei notwendig, argumentierte Regierungssprecher Stéphane Le Foll. Bei 3.289 Durchsuchungen seien 560 Waffen sichergestellt worden. Von 407 verhängten Hausarresten seien nur zwei vom obersten Verwaltungsgericht aufgehoben worden. Das ebenfalls von den Ministern beratene Sicherheitsgesetz soll die Regeln für den Waffeneinsatz der Sicherheitskräfte lockern, die Kontrolle von Dschihad-Rückkehrern stärken und in Terrorismus-Fällen nächtliche Hausdurchsuchungen ermöglichen.
Eine bereits im Dezember auf den Weg gebrachte Verfassungsänderung soll den Ausnahmezustand in der Verfassung verankern, die Plenarberatungen in der Nationalversammlung beginnen am Freitag. Das Vorhaben ist umstritten, weil Präsident François Hollande es ermöglichen will, Terroristen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Weil dies de facto nur Franzosen treffe, die noch einen weiteren Pass haben, sehen Kritiker darin eine Stigmatisierung von Doppelstaatsbürgern. Im Streit darüber war Justizministerin Christiane Taubira zurückgetreten.
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