: Bustickets für Arme, nicht für Touristen
VON SEBASTIAN HEISER
Die Piraten setzen am falschen Ende an: Ihr Abgeordneter Gerwald Claus-Brunner hat gefordert, den Nahverkehr schrittweise kostenlos zu machen und damit ausgerechnet bei den Touristen anzufangen. Doch dafür gibt es keinen Grund. Touristen haben schließlich das Geld, um sich einen Flug nach Berlin und eine Übernachtung in einem Hotel leisten zu können. Da kann man schon erwarten, dass diese Gruppe sich auch an der Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs in dieser Stadt beteiligt, wenn sie ihn selbst nutzt.
Gerwald Claus-Brunner begründet seine Forderungen nach einem kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für Touristen damit, dass diese in Zukunft die City-Tax bezahlen sollen. Doch diese neue Landessteuer soll ja gerade nicht eingeführt werden, um damit ein zusätzliches Angebot für die Touristen zu finanzieren. Sondern das Geld soll hauptsächlich in Kultureinrichtungen fließen. Also genau in die vielen landeseigenen oder vom Land subventionierten Museen, Theater und Konzerte, die gerade Touristen besonders häufig besuchen. Und bisher beteiligen Touristen sich nicht an der Finanzierung dieser Einrichtungen, weil sie ihre Steuern nicht in Berlin zahlen.
Es gibt eine Zielgruppe, die besser geeignet ist
Wenn die Piraten den Nahverkehr schrittweise kostenlos machen wollen, dann sollten sie besser bei Hartz-IV-Empfängern anfangen. Denn für die kostet das Sozialticket derzeit 33 Euro im Monat. Dabei sind im Regelsatz, den sie vom Jobcenter überwiesen bekommen, nur 22,78 Euro für Mobilität vorgesehen. Die richtige Zielgruppe, für die der Nahverkehr dringend erschwinglich gemacht werden sollte – sie existiert also längst. Weil viele Hartz-IV-Empfänger es sich sonst nicht einmal leisten können, sich durch die eigene Stadt zu bewegen – von Flugreisen in die Ferne ganz zu schweigen.
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