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Martin Reeh über die Wende in der FlüchtlingspolitikMit Merkel im Fahrstuhl

Wer mit Merkel nach oben fährt, fährt mit ihr auch wieder nach unten

Thomas de Maizière ist zynisch. Wenn Deutschland mit Polizisten und Soldaten in Afghanistan bleibe, könne man auch erwarten, dass die Afghanen selbst in ihrem Land bleiben, hat der Innenminister von der CDU bei seinem Afghanistan-Besuch gesagt. Das ist doppelt verquer: Erstens tragen deutsche Soldaten Waffen, die Zivilisten nicht. Zweitens hat sich die Bundeswehr aus Afghanistan weitgehend zurückgezogen, weil deutsche Soldaten nicht mehr für Kabul sterben sollten.

Aber auf Logik kommt es jetzt nicht mehr an. Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) drohte Flüchtlingen mit Leistungskürzungen, wenn sie kein Deutsch lernen wollen, obwohl es einen Ansturm auf Sprachkurse gibt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, syrische Flüchtlinge müssten nach Kriegsende wieder in ihre Heimat zurückkehren, obwohl auch eine zeitweilige Integration nur dann gelingt, wenn man den Flüchtlingen das Gefühl gibt, dauerhaft bleiben zu können.

Der Bundesregierung geht es um Abschreckung: Wir wollen euch nicht – das ist die Botschaft, die im Ausland ankommen soll. Es ist das Gegenbild zu den Selfiefotos von Merkel mit Flüchtlingen vom Sommer. Unterhalb einer offiziellen Korrektur unternimmt die Regierung alles, um die Linie der offenen Grenzen zurückzunehmen. Weitere Maßnahmen werden, wenn nötig, folgen.

Mit der Kanzlerin ist es ähnlich wie mit der Bild-Zeitung: Wer mit ihr im Fahrstuhl nach oben fährt, fährt mit ihr auch wieder nach unten. Im Jahr 2005 waren es die Neoliberalen und der Heidelberger Professor Kirchoff, 2010/11 die Atomkraftanhänger, jetzt sind es die Befürworter einer liberalen Asylpolitik. Den größten Preis zahlen die Flüchtlinge: Im Sommer 2015 kamen nicht diejenigen, die die Hilfe am nötigsten hatten, sondern alle, die das Geld für Schlepper aufbringen konnten. Als Konsequenz werden die Grenzen jetzt wieder für alle möglichst dicht verriegelt.

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