: Europas Kinder bleiben zu dick
GESUNDHEIT Die an der Uni Bremen koordinierte "Idefics"-Studie erforscht Ursachen und vor allem Gegenmaßnahmen von Fettleibigkeit von Kindern. Der große Erfolg der Maßnahmen blieb aber aus
Mit übergewichtigen Kindern beschäftigten sich das Bremer Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) sowie die Uni Bremen bereits seit 2006. Das Ergebnis des Präventionsteils ihrer sogenannten „Idefics“-Studie wurde nun in einer Sonderausgabe der Fachzeitzeitschift Obesity Reviews veröffentlicht. Idefics steht für „Identification and prevention of dietary- and lifestyle-induced health effects in children and infants“ – gemeint ist damit, nicht nur die Ernährung, sondern auch die allgemeinen Lebensumstände übergewichtiger Kinder in den Blick zu nehmen.
Der Ansatz klingt zunächst wenig überraschend: Sitzt ein Kind den ganzen Tag vorm Fernseher, nimmt es zu. Hat es Stress mit seinen Eltern und in der Schule – ist auch das der Gesundheit nicht gerade förderlich. Es drohen Fettleibigkeit und in Folge Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes. Soweit, so schlecht.
Bei Idefics ging es den WissenschaftlerInnen nun aber vor allem darum, wie sich die unbestrittene Erkenntnis, dass Sport und Gemüse eben gut tun, den Kindern auch vermitteln lässt. Um Prävention also: Der „Schlüssel, um Übergewicht einzudämmen“, sagt BIPS-Direktorin Iris Pigeot, sei die Entwicklung von Programmen, die das Problem bereits im Vorfeld systematisch angehen.
Dafür wurden bei Idefics in acht EU-Ländern Projekte gestartet und nach zwei Jahren Laufzeit evaluiert. Neben den Eltern der mehr als 16.000 Testpersonen waren auch Schulen und Kindergärten einbezogen: Aus Schulhöfen wurden Bewegungsparcours, zu Hause sollte für das Mitmachen geworben werden. Selbst die Lokalpolitik wurde mit ins Boot geholt, um das Umfeld der Kinder so einzurichten, dass sie eben Lust auf Bewegung bekommen, weniger vor dem Fernseher sitzen und länger schlafen.
Die mit EU-Mitteln geförderte Studie ist eine der aufwändigsten Europas. Der große Erfolg ist allerdings ausgeblieben: Zwar ging die Fettleibigkeit unter den ProjektteilnehmerInnen im Vergleich zu den Kontrollgruppen zurück, doch nicht in dem erhofften Maße. So spricht BIPS-Direktorin Pigeot dann auch nicht vom großen Durchbruch, sondern von einem „wichtigen Beitrag“. Weitere Forschungsprojekte sollen nachlegen und sind auch bereits angelaufen: Ebenfalls beim BIPS wird derzeit die an Idefics anschließende „I.Family-Studie“ durchgeführt, die einige der ProbandInnen nun mit medizinischen Untersuchungen und Interviews weiter ins Jugendalter begleitet. Jan-Paul Koopmann
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