Geologe und Gutachter über Fracking: „Auch in Deutschland drohen Beben“
In US-Frackingregionen wackelt die Erde. Das würde hier auch passieren, wenn gebohrt wird, warnt Geologe Georg Meiners.
taz: Herr Meiners, im US-Bundesstaat Oklahoma gibt es rund um Frackinggebiete immer mehr Erdbeben der Stufe drei und höher. Seismologen sind besorgt, die Bevölkerung vor Ort in heller Aufregung. Wodurch entstehen die Beben?
Georg Meiners: Beim Fracking wird Flüssigkeit unter hohem Druck in tiefe Erdschichten gepumpt, um dort gelagertes Erdgas oder -öl zu fördern. In den USA wird das so intensiv betrieben, dass die unterirdischen Druckveränderungen auch Erdbeben auslösen. Bedeutender als die eingesetzte Frack-Flüssigkeit ist dort die Entsorgung anfallenden Abwassers. Bei den Bohrungen kommen Millionen Kubikmeter belastetes Wasser aus dem Untergrund zu Tage. Um Geld zu sparen, pumpen die US-Firmen dieses Abwasser in tiefe Erdschichten, statt es in die ursprüngliche Lagerstätte zurückzuführen.
Drohen auch in Deutschland Erdbeben, wenn das Moratorium auf Fracking aufgehoben wird?
Ja. Weil jedoch die eingesetzten Mengen an Frack-Flüssigkeit und Abwasser hier viel kleiner sind, würden diese in geringerer Intensität erwartet. Ob ein Erdbeben ausgelöst wird, hängt davon ab, um wie viel Flüssigkeit es sich handelt, wie tief unten sie eingepresst wird und wie stark die natürliche Spannung im Gestein ist. Ist sie stark, erhöht die injizierte Flüssigkeit den Druck und wirkt wie ein Schmiermittel.
Die Flüssigkeiten enthalten umwelt- und gesundheitsschädigende Stoffe. Was hat das für Folgen?
Weder die Frack-Flüssigkeit noch das belastete Wasser aus den Lagerstätten dürfen in die Biosphäre gelangen. Trinkwasserschutzgebiete müssen besonders geschützt werden, dort darf auf keinen Fall gefrackt werden. Die Abwässer, die bei den Bohrungen an die Oberfläche gelangen, sind von Natur aus mit Salzen, Metallen und organischen Stoffen belastet.
Diplom-Geologe und Projektleiter von Gutachten zu Umweltauswirkungen von Fracking für das Umweltbundesamt und das Umweltministerium in Nordrhein-Westfalen.
Was sollte damit passieren?
Sie sollten entweder für den nächsten Frack verwendet oder wieder zurückgeleitet werden, ohne dabei den vorherigen Druck zu überschreiten. Versenkbohrungen, bei denen Abwässer in andere Schichten gepresst werden, sollten dagegen verboten werden. Langfristig sollten nur noch Fracking-Fluide eingesetzt werden, die keine umwelt- und gesundheitsschädigenden Chemikalien enthalten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
BSW in Thüringen
Position zu Krieg und Frieden schärfen