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Zwei hoffnungsvolle Handelspartner im Orient

Geld Die deutsche Wirtschaft sieht „Goldgräberstimmung“ im Handel mit dem Iran – und verdient schon kräftig in Saudi-Arabien

„Alle sitzen in den Startlöchern“

Volker Treier, Außenwirtschaftschef beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag, über das Ende der Sanktionen gegen den Iran

BERLIN taz | Es kann eigentlich nur aufwärts gehen: In den siebziger Jahren war der Iran für die deutsche Wirtschaft nach den USA der zweitwichtigste Exportmarkt außerhalb Europas. Das Beste: Noch immer halten laut Umfragen vier von fünf Iranern viel von „Made in Germany“. Deshalb hoffen hiesige Firmen auf einen Riesenreibach, sollte sich eine der letzten großen Volkswirtschaften der Welt dank der gelockerten Sanktionen wieder für dem Westen öffnen. Von einer „Goldgräberstimmung“ schwärmt Michael Dietmar vom Logistikkonzern DB Schenker. „Alle sitzen in den Startlöchern“, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Der Grund: der große Nachholbedarf. Viele Maschinen oder Autos im Land sind nach jahrelangen Einfuhrbeschränkungen veraltet, Daimler, Siemens, BASF und Bayer haben aber noch Kontakte zur lokalen Wirtschaft. Die Deutschen interessiert im Iran natürlich das Erdöl, aber auch Pistazien oder Teppiche.

76 Millionen Einwohner, fast so viele wie Deutschland, hat der Iran. Viele sind gut gebildet und westlich orientiert – und somit potenzielle Kunden. Zuletzt belief sich das Handelsvolumen der Länder auf 2,6 Mil­liar­den Euro jährlich – nur noch Platz 62 aus deutscher Sicht. Nach dem Ende des Atomprogramms könnte sich das Geschäft binnen drei Jahren verdoppeln, hofft der DIHK.

Ähnlich optimistisch sind die Auguren, wenn es um Saudi-Arabien geht. Auch den Saudis macht der niedrige Ölpreis zu schaffen. Der Staat erwirtschaftete im vergangenen Jahr ein Defizit von fast 100 Milliarden US-Dollar. Dennoch ist das Königreich immer noch die potenteste Volkswirtschaft in der Region. Der Handel mit den Deutschen macht derzeit knapp 10 Milliarden Euro jährlich aus – Platz 35 auf der Liste unserer Handelspartner. Neben Waffen verkaufen die Deutschen Maschinen, Kfz-Teile und Chemieerzeugnisse.

Auch an der Umstrukturierung des Landes sind die Deutschen beteiligt. Der Baukonzern Hochtief erhielt erst im Sommer den Auftrag zum Ausbau des Flughafens in der Hauptstadt Riad. Wert: 1,3 Milliarden Euro. Die Deutsche Bahn überwacht den Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Mekka und Medina.

Für viele Investoren war die Öffnung des saudi-arabischen Aktienmarkts für Ausländer das Ereignis des vergangenen Jahres. Der Wert der an der Börse in Riad gehandelten Aktien liegt mit über 500 Milliarden US-Dollar auf dem Niveau Brasiliens und Russlands. Der Streit der vergangenen Tage brachten den Handel ins Wanken: Der Tadawul-All-Share-Index verlor am Montag 2,36 Prozent auf 6.788,13 Punkte.

Kai Schöneberg

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