: Expirat wegen Kinderpornos vor Gericht
Pädokriminalität Ehemaliger Stadtverordneter und IT-Experte aus Wiesbaden zeigt sich voll geständig
Mehr als 60 Minuten dauert es, bis Staatsanwalt Benjamin Krause alle Fälle, für die sich der ehemalige Pirat G. verantworten muss, vorgelesen hat. Kommt es zu einer Verteilung Gs, drohen ihm bis zu vier Jahren Haft. Das Mindestmaß liegt bei drei Monaten.
„Mehr als 10.000 Daten, das ist nicht das übliche Maß, mit dem wir es zu tun haben“, so Staatsanwalt Krause. Seit 2010 bearbeitet Krause in der Zentralstelle für Internetkriminalität in Frankfurt solche Fälle.
Während er die Anklagepunkte verliest, sitzt der Angeklagte mit gekrümmten Rücken da. Wie ein Schuljunge wirkt er in seinem weiten Schlabberpulli. Aus seiner Mimik, seiner Gestik und Körperhaltung spricht eine Mischung aus Angst vor der Strafe und schlechtem Gewissen. Er ist voll geständig. Warum er das alles getan habe, wisse er aus heutige Sicht nicht mehr.
2010 trat G. der Piratenpartei bei, 2011 wurde der autodidaktische IT-Experte, der freiberuflich als „PC-Doktor“ arbeite, Stadtverordneter. Zu Beginn dieses Jahres dann der große Knall: G. legte sein Amt nieder. Er hatte sich zwei Kindern in Mainz genährt und ihnen kinderpornografisches Material auf seinem Handy gezeigt. Außerdem hat er den beiden eigenen Aussagen zufolge einen Euro angeboten, „wenn sie mit ihm gingen“. Die Kinder lehnten ab und rannten weg. Eine Hausdurchsuchung folgte, G. wurde in Untersuchungshaft genommen.
Doch es war nicht der erste Fall, in dem der Familienvater auffiel. Allein vor dem Vorfall in Mainz war die Wohnung des Wiesbadeners zweimal durchsucht worden. Dabei sind ihm Laptop, Handy und Speichermedien abgenommen worden. Doch innerhalb kürzester Abstände wurde er immer wieder rückfällig, beschaffte sich erneut tausende Dateien.
Der forensischer Gutachter Rainer Gliehmann bescheinigte G. tendenziell eher überdurchschnittliche Intelligenz, aber auch, dass dieser früher sozial-phobische Züge gehabt habe. G. sei zwar kein besonders problematischer „Kernpädophiler“, habe sich aber in seinem pädophilen Verhalten gesteigert. „Ein Ansprechen von Kindern ist ein Schritt weiter als nur der Konsum von explizitem Material“, stellte Gliehmann fest. Ein Rückfall sei trotz Therapie nicht auszuschließen. Die Urteilsverkündung ist für den kommenden Mittwoch angesetzt.
Alina Leimbach
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