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Unterkunft für Flüchtlinge in BerlinEs wird eng in Tempelhof

Tempelhof wird Berlins größte Flüchtlingsunterkunft. Bisher gibt es in den Hangars weder genug Toiletten noch Duschen.

Ein Bett ist ein Bett ist ein Bett. Foto: ap

Das frühere Flughafengebäude Tempelhof wird Berlins größte Flüchtlingsunterkunft. Insgesamt 2.300 Menschen sollen dort in drei Hangars untergebracht werden. In Hangar 3 hat der Heimbetreiber, Tamaja GmbH, 840 neue Schlafplätze hergerichtet. Bis Montag zogen 200 Menschen dort ein. Im vor einer Woche hergerichteten Hangar 1 leben inzwischen rund 660 Flüchtlinge. Ein weiterer Hangar für 800 Flüchtlinge wird derzeit vorbereitet.

Sanitäre Anlagen sind allerdings in beiden Hangars nicht ausreichend vorhanden. Derzeit stehen vor Hangar 1 Container mit 16 Toiletten, weitere sollen vorbereitet werden. Vor Hangar 3 stehen nur etwa zehn mobile Toilettenhäuschen.

Auch Duschen gibt es nicht. Busse bringen die Flüchtlinge zu benachbarten Schwimmhallen, wie die Berliner Bäderbetriebe mitteilten. Am nächsten wäre das Columbiabad. Anfang September hatten die Bäderbetriebe die Duschen dort auch schon angeboten. Da es aber ein Freibad ist, können die Duschen jetzt nicht mehr genutzt werden, weil die Leitungen einfrieren könnten.

Duschcontainer sind derzeit schwer zu bekommen

In einer Kabine ­stehen auf engem Raum vier bis sechs ­Doppelstockbetten

„In den nächsten Tagen sollen Duschcontainer aufgestellt werden. In Hangar 3 sollen die Anlagen im Hangar selbst an den Seiten eingerichtet werden“, erklärte Holger Lippmann, Geschäftsführer der Tempelhof Projekt GmbH. Allerdings sei die Nachfrage nach Duschcontainern derzeit deutschlandweit groß, daher sei es noch nicht klar, wann die Container geliefert werden könnten. „Wir rechnen damit, dass sie Mitte der Woche kommen“, so Lippmann.

Anders als im Hangar 1, in dem die Flüchtlinge in Zelten schlafen, sind die Betten im neu hergerichteten Hangar 3 durch dünne Messewände und Vorhänge voneinander abgetrennt. So ließe sich der Platz im Hangar besser nutzen, sagte Lippmann. In einer Kabine stehen jeweils vier bis sechs Doppelstockbetten aus Metall oder Holz zusammen – auf zum Teil sehr engem Raum.

Zwischen den Betten ist oft nur ein halber Meter Platz, sodass vier Doppelstockbetten auf geschätzt 12 Quadratmetern stehen. Dort werden vor allem Männer untergebracht, die meisten kommen aus Syrien, Afghanistan und Pakistan, weitere stammen aus Ex-Jugoslawien, dem Iran und Afrika.

In den Zelten von Hangar 1 sollen vor allem Frauen und Familien untergebracht und auch ein Spielbereich für Kinder eingerichtet werden. Der Brandschutz für die Hangars sei geklärt, auch das Gesundheitsamt habe die Anlage abgenommen, erklärte Lippmann. Geplant ist, mindestens bis zum nächsten Jahr Flüchtlinge im Flughafengebäude unterzubringen.

In den Hangars finden weiter Veranstaltungen statt

Die anderen vier Flugzeuggaragen kommen nicht in Betracht, weil sie zum Teil für Veranstaltungen gebraucht werden. Denn im Flughafengebäude finden auch weiterhin Messen und andere Veranstaltungen statt. „Es musste bislang kein Event abgesagt werden – wir konnten mit den Veranstaltern immer Lösungen finden, beispielsweise durch die Verlegung in andere Hangars“, sagte Lippmann.

In Tempelhof sollen die neu angekommenen Flüchtlinge eigentlich nur die ersten ein oder zwei Wochen bleiben, bis sie dann in bessere Unterkünfte umziehen können. Weil es aber nicht genügend bessere Gemeinschaftsunterkünfte gibt, müssen viele wohl länger ausharren. Sozialarbeiter und Integrationshelfer sollen das Einleben der Menschen unterstützen und helfen, Konflikte zu lösen.

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2 Kommentare

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  • Für 8 Menschen einen Wohn-/Schlafraum von 12 Quadratmetern bereit zu halten, könnte nicht rechtmäßig sein. Mit 1,5 Quadratmetern pro Person werden die von der Berliner Unterbringungsleitstelle zu prüfenden Qualitätsanforderungen für notbelegte Unterkünfte nicht erfüllt. Eine menschenwürdige Unterbringung dürfte mit 1,5 m²/Person juristisch nicht gegeben sein. Die Menschen, die in den Hangars untergebracht werden, sollten m. E. prüfen, ob sie nicht rechtlich auf angemessenere Unterkunft klagen. Politisch spricht aus der Unterbringung unter solch heftigen Umständen m. E. entweder Verzweiflung (sofern sich der Senat nicht besser zu helfen weiß) oder Zynismus (sofern der Senat bessere Alternativen zur Hand hat, aber nicht nutzt). Beides ist schlimm und für die geflüchteten Menschen eine Zumutung. Dabei heißt die Alternative zur Nutzung der Hangars nicht Obdachlosigkeit, sondern besseres Verwaltungshandeln und Einhaltung der Qualitätsanforderungen für notbelegte Unterkünfte.

    • @guiskard:

      Angesichts fallender Temperaturen und Obdachlosigkeit tausender ist das unproblematisch.