Renate Künast in den USA: Washington und ich, oder so
Renate Künast hat auf Facebook zwei US-Präsidenten verwechselt. Dafür wird sie mit Häme überschüttet – weil der Irrtum in Verruf geraten ist.
Die Grünen-Politikerin Renate Künast braucht für den Spott nicht mehr zu sorgen. Sie reist gerade durch die USA und dokumentiert das Ganze auf ihrer Facebookseite. Das wäre wohl kaum jemandem aufgefallen, hätte Künast nicht am Dienstag danebengehauen. Sie postete ein Foto von sich vor dem Lincoln-Memorial in Washington und schrieb dazu: „Washington in Washington. Und ich.“ Ach herrje. Ist natürlich lustig.
Weil Lincoln ja doch ein sehr eingängiges Äußeres besaß und über dem Denkmal auch noch „Lincoln-Memorial“ geschrieben steht. Auch mit dem Washington-Monument ist es eher schwer zu verwechseln – Sie wissen schon, das ist dieser sehr phallisch anmutende Marmorturm.
Vor allem ist der Irrtum aber witzig, weil sie Politikerin ist, und das muss sie aushalten, schon klar. Aber was sich nach diesem harmlosen Fauxpas an ungezügelter Häme über Künast ergoss, befindet sich doch hart an der Grenze des Erträglichen. Über 1.300 Kommentare ,und das Foto wurde ähnlich oft geteilt in nur 22 Stunden.
Den vorherigen Einträgen nach zu urteilen kräht nach der Facebookpräsenz von Künast sonst kein Hahn, aber nun sind sie alle da und hauen ganz fest drauf. „Dieses Land ist verloren“, steht da und „unsere politische Elite!“. Die Kommentare kommen ohne Blümchen aus, die Wörter „peinlich“ und „dumm“ wiederholen sich unangenehm oft.
Aber da geht auch noch mehr. Ein Michael D. schreibt: „Guten Tag, Frau Künast! Verstehen Sie jetzt, warum mir ‚Menschen‘ wie Sie Angst machen?“ Andere haben gleich mal mit der Kirche unterm Arm das Dorf komplett verlassen, einer von ihnen schreibt: „Wer Hunderttausende junge arabische Männer für hilfsbedürftige Flüchtlinge hält, verwechselt natürlich auch Washington und Lincoln.“ Besorgniserregend auch ein Kommentator, der entweder wirklich Josef Heisl ist oder sich zumindest so nennt und als Profilfoto ein Bild des gleichnamigen niederbayerischen CSU-Politikers nutzt – er schreibt: „Kommt davon, wenn man ständig auf Drogen ist ...“
Irren ist schon längst nicht mehr menschlich. Es gibt keine Hoppalas und auch keine Versehen. Nichts wird verziehen und alles bestraft. Dass man etwas nicht weiß, nicht versteht, man einfach kein Interesse an einem Thema hat oder sich schlicht noch nicht damit beschäftigt hat, ist heute in etwa so, als würde man sich als chronischer Bettnässer outen.
Bloß keine Schwäche zeigen
Gerade in sozialen Medien ist keine Ahnung zu haben ein absolutes No-go. Alles, was man googeln kann, hat man gefälligst auch zu wissen, oder man sollte zumindest so tun. Basta. Im Netz über andere zu spotten stärkt außerdem nicht nur das eigene Ego, es ist auch noch ziemlich bequem. Denn ob man selbst ad hoc wusste, wer Washington und wer Lincoln ist, kann kein Mensch überprüfen.
Also bitte Vorsicht, bloß keine Schwäche zeigen. Sollte man am besten auch den Kleinen schon beibringen. Wenn das Kind das nächste Mal aus der Schule kommt und erzählt, dass es irgendwas nicht wusste, am besten lauthals lachen, „Schande“ murmeln und dann mit einem möglichst überheblichen Ton fragen: „Wie doof bist du denn?!“
Gerne verbunden mit dem ausgestreckten Zeigefinger. Ihr Kind wird an diesem Punkt vielleicht heulend davonlaufen, aber was soll’s. Die andere Option wäre: Gelassenheit beibringen. Das kann Künast, sie nahm es mit Humor. Ihr nächster Facebookbeitrag lautete: „Vierter Tag der USA-Reise mit dem Rechtsausschuss. Heute geht’s zu Gesprächen nach San Francisco. Ob ich George Washington wiedersehe? #renateundgeorge“
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