Großdemo für Asylsuchende in Wien: Stimmen für Geflüchtete
Österreichs Hauptstadt setzt ein Signal gegen Fremdenfeindlichkeit – mit einer Demonstration und einem Benefizkonzert.
Wien taz | Campino, der Sänger der Toten Hosen, betätigte sich am Samstag, eine Woche vor der schicksalhaften Wien-Wahl, als Wahlhelfer. Denn für Heinz Christian Strache von der rechten FPÖ, der Wiener Bürgermeister werden will, hatte er eine eindeutige Botschaft: ein lautes „Fuck“. Das Konzert der deutschen Kultband war als Höhepunkt des Benefizkonzerts „Voices for Refugees“ inszeniert. Dem war eine Großdemonstration gegen Fremdenfeindlichkeit vorausgegangen.
Der Westbahnhof, wo in den vergangenen Wochen Tausende Flüchtlinge freundlich empfangen und bei der Weiterreise unterstützt worden waren, bot sich als Ausgangspunkt für eine Demonstration an, die Samstagnachmittag über die Mariahilfer Straße zum Parlament zog. Geschätzte 40.000 Demonstranten marschierten durch die Fußgängerzone, die mit Porträts von Flüchtlingen gepflastert war. Die Botschaft: Wer von Flüchtlingswellen spricht, solle nicht vergessen, dass es sich um konkrete Menschen mit Gesichtern und Schicksalen handelt. Die Manifestation glich eher einem ausgelassenen Straßenfest, zu dem die verschiedenen beteiligten Komitees und Solidaritätsgruppen ihre Bands und Combos mitgebracht hatten. Es wurde getrommelt, getanzt und gesungen.
Selbst Bundespräsident Heinz Fischer ließ es sich nicht nehmen, sich vor dem anschließenden Konzert am Heldenplatz an die Menge zu richten: „Ich bin stolz auf euch, ich bin stolz auf Wien, ich bin stolz auf Österreich.“ Von der massiven Solidaritätsbekundung für Flüchtlinge zeigte er sich „überwältigt“. Nach Angaben der Polizei hatten sich 120.000 Menschen eingefunden, um Konstantin Wecker, Conchita Wurst oder Zucchero zu hören, die gerne auf ihre Gagen verzichteten, um ein Zeichen für Menschlichkeit zu setzen. Wecker richtete „Grüße aus München“ aus, „wo sich zwar nicht so viele wie hier, aber Tausende gegen die Orbánisierung Münchens wehren“. Anja Plaschg alias Soap & Skin sang ein Lied in syrisch-kurdischer Sprache.
Michael Genner, Vorsitzender der NGO „Asyl in Not“, leitet aus der Demo einen klaren Auftrag an die Regierung ab: Allen Menschen ein anständiges Dach über dem Kopf geben; die Grenzen öffnen und ein Bleiberecht für alle, die hier Schutz suchen.
Leser*innenkommentare
nzuli sana
Das ist ja sagenhaft.
sehr schön (nzuli sana).
Es geht doch gemeinsam Bedürfnisse und Forderungen zu formulieren, dabei muss Nationalität überhaupt keine Rolle spielen.
Die Umverteilung der Reichtümer ist angesagt.
lord lord
Österreich wird auch nicht von Asylsuchenden überrannt, die wollen alle weiter Richtung Deutschland.
Nach Deutschland kommen gerade 300.000 MONATLICH. Das ist die Einwohnerzahl Karlsruhes. Das kann doch nur in einer Katastrophe enden. Wie sollen soviele Häuser in so kurzer Zeit gebaut werden wenn täglich 10.000 dazukommen?
Was ist mit 2016?
Felix Hafner
@lord lord Sorry aber das stimmt nicht. Natürlich wird im Moment hauptsächlich über die große Masse an Asylsuchenden in Deutschland berichtet und natürlich fährt die große Mehrheit jener die in Österreich ankommen weiter nach Deutschland. Pro Kopf hat aber Österreich schon in den letzten Jahren durchwegs mehr Flüchtlinge aufgenommen als Deutschland und auch dieses Jahr wird es im Verhältnis ähnlich sein. Österreich hat 1/10 der Einwohner, insofern klingen die Zahlen nicht so beeindruckend. Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind aber die gleichen.