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Kommentar über Zögerlichkeit der Kirche gegenüber RomaDie Kirche macht den Scholz

Statt sich gegen die Diskriminierung der Roma einzusetzen, setzt die Kirche auf eine Abschiebung auf Raten. Kirchenasyl steht nicht zur Debatte.

Demonstrieren gegen Abschiebungen vor dem Michel: Roma. Foto: dpa

Hamburg taz | Eigentlich hätte die Nordkirche den 40 Roma dankbar sein können, die in ihrer Verzweiflung im Michel Schutz suchten: Sie boten der Gemeinde die Gelegenheit, sich in der Asyldebatte zu positionieren, in der vor allem Roma das Nachsehen haben. Doch die Kirche demonstriert Hamburger Kälte.

Von Anfang an hatte die Nordkirche klar gemacht, sie werde der Roma-Gruppe im Michel kein Kirchenasyl gewähren. Damit hatten die Roma kein politisches Druckmittel mehr; mit ihrer Forderung nach einem Bleiberecht als Gruppe waren sie gescheitert.

Die Einzelfallprüfung, die die Kirche ihnen nun anbietet, ist aussichtslos. Denn ihre Asylverfahren sind ja längst entschieden. Und eine erneute Prüfung müssten dieselben Behörden vornehmen, wenn auch mit freundlicher Begleitung der kirchlichen Flüchtlingsberater. Clever ist, dass die Kirche dieses Schein-Angebot an den Umzug der Roma knüpft: Über die Stadt verteilt, sind sie als Gruppe nicht mehr handlungsfähig – und vor allem nicht mehr so sichtbar wie am Fuße von Hamburgs Wahrzeichen.

Abgeschoben werden die Roma dann einzeln, nach der Einzelfallprüfung. Erinnert das Wort jemanden an etwas? Richtig, es ist dasselbe „Angebot“ wie von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) an die Lampedusa-Flüchtlinge. Statt einen Ausweg aufzuzeigen, macht die Kirche den Scholz. Ein Verstecken hinter Gesetzen, wo Politik gefragt ist.

Nicht mal die Kirche setzt sich noch für die Roma ein

Bitter, dass heute noch nicht einmal mehr die Kirche sich dafür zuständig fühlt, der Diskriminierung der Roma entgegenzutreten.

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