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Buch über den „Islamischen Staat“Der Terror der Gestrandeten

Was steckt hinter dem IS? Petra Ramsauer hat in Gesprächen mit Sympathisanten, Opfern und Zeugen Motive und Anziehung untersucht.

Jesiden demonstrieren gegen den IS. Foto: dpa

Die Zahlen erschrecken. Allein aus Europa haben sich bereits 7.000 meist junge Menschen dem Islamischen Staat (IS), der mittlerweile in Syrien und dem Irak ein Gebiet in der Größe von Großbritannien kontrolliert, angeschlossen. Hinzu kommen unzählige Sympathisanten, die in ihren Heimatländern geblieben sind, dort vom „Heiligen Krieg“ träumen und auch zu Hause im Alleingang aktiv werden können.

Mit ihrem Buch „Die Dschihadgeneration“ versucht die Wiener Nahost-Expertin und freie Reporterin Petra Ramsauer, die seit Jahrzehnten die Region bereist, zum Verständnis dessen beizutragen, was den IS ausmacht, warum er trotz der ungeheuerlichen Grausamkeit so viele Menschen fasziniert.

Ramsauer will dabei auf keinen Fall Gefahr laufen, „der Gruppe ein Forum zu bieten“. „Deshalb wird man hier vergebens nach unreflektiert übernommenen Schilderungen von ‚Gotteskriegern‘ und ‚Dschihadisten-Bräuten‘ suchen und ich werde auch das Material von ausführlichen journalistischen Berichten, die in Kooperation mit dem IS entstanden, nicht als Quelle verwenden“, schreibt sie.

Ramsauer untersucht vielmehr die Lebensläufe derer, die nach Syrien gezogen sind. Sie untersucht die Lebensläufe junger Menschen, die dort ihr Leben ließen, und spricht mit solchen, die zurückkamen und in ihrem Land vor Gericht standen.

Gespräche mit IS-Gefangenen

Sowohl nach Syrien als auch in den Irak unterhielt sie direkte Kontakte. Es sind Menschen, die sie von ihren Reportagereisen kennt, oder solche, zu denen sie im Netz Kontakte aufbauen konnte, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Gebietes des IS. Sie interviewte zahlreiche internationale Experten und sprach mit denen, die monatelang vom IS gefangen gehalten wurden und mit dem Leben davonkamen, wie der spanische Journalist Javier Espinosa.

Dschihad-Generation

Petra Ramsauer: „Die Dschihad-Generation“, Styria Verlag, Wien 2015, 208 Seiten, 24,90 Euro.

Ausführlich geht das Buch auf die Geschichte des IS ein, beschreibt die Unterschiede zu älteren Terrornetzwerken wie al-Qaida und untersucht die internationalen Interessenkonflikte, die ein Erstarken des IS möglich machten. Das Buch stellt einen gelungenen Versuch dar, dem Phänomen des IS und seiner Anziehungskraft auf Tausende von meist jungen Menschen auf den Grund zu gehen.

Der „Pop-Dschihadismus“, wie Ramsauer den vom IS vor allem online aufgebauten Mythos des globalen Widerstandes gegen die Strukturen und Lebensart der „Ungläubigen“ nennt, ziehe vor allem „gestrandete Existenzen“ an: „Der Punk des 21. Jahrhunderts trägt Niqab“, lässt Ramsauer den Extremismusexperten Olivier Roy zu Wort kommen.

Als „Gestrandete“ bezeichnet Ramsauer nicht nur diejenigen, die aus armen, marginalisierten Verhältnissen stammen. Sie untersucht auch Fälle aus der wohlhabenden Mittelschicht und Konvertiten, die der Mehrheitsgesellschaft den Rücken kehren, um sich den Dschihadisten anzuschließen.

taz.am wochenende

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Nur Halal und Haram

Ausführlich beschreibt das Buch das ausgeklügelte System der Onlinekommunikation, die zum einen mit ihrer Brutalität eine ungeheure Macht vermittelt und zum anderen mit Berichten über vermeintliche soziale Errungenschaften ein paradiesisches Leben im IS verspricht.

Am Beispiel Österreichs und Deutschlands untersucht die Autorin die Rekrutierungsmethoden des IS in Europas Städten. Wie sie gezielt Vertrauen aufbauen, Geborgenheit vermitteln und ein Denken propagieren, das nur Schwarz und Weiß, Gut und Böse, Halal und Haram kennt.

„Der IS ist schon lange mehr als eine weitere Terrorgruppe. Er ist ein Staat, eine Ideologie und zu einem beträchtlichen Teil eine Protestbewegung von Jugendlichen. Er hat ein Paralleluniversum aufgebaut“, lautet das Ergebnis dieser lesenswerten, gut geschriebenen Untersuchung von Petra Ramsauer.

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1 Kommentar

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  • Wenn Politik sich um bestimmte Menschen kümmert und um andere nicht, braucht nioemand sich wundern, wenn die anderen sich Wege suchen, die die Politik nicht vorhergesehen hat.