piwik no script img

Volkswagen und seine ErfolgeAls der Käfer laufen lernte

Die USA taten sich anfangs mit dem VW-Käfer schwer: Er galt als langweilig. Umso wichtiger ist es, dort einen „sauberen Diesel“ zu verkaufen.

Von Hitler geliebt, von den Hippies auch. Kennzeichen D halt Foto: dpa

WIESBADEN taz | Die USA waren für Volkswagen schon immer der schwierigste Markt. In den fünfziger Jahren, Deutschland klopfte sich noch den braunen Staub aus dem Blaumann, war es für den ohnehin nicht unbelasteten Konzern eigentlich unmöglich, im Land der Sieger seine vergleichsweise kümmerlichen Produkte an den Mann zu bringen.

Im Vergleich mit den chromverzierten Heckenflossengeschossen aus Detroit war der VW Käfer ein grotesker Zwerg. Eigentlich. Mit einem Budget von 800.000 Dollar aber stellte seinerzeit die Agentur „Doyle Dane Bernbach“ (DDB) den kompletten Markt auf den Kopf, machte den VW zur Ikone der fünfziger Jahre und den Weg frei für andere Produkte aus Deutschland.

Die Kernbotschaft ihrer legendären „Think small“-Kampagne war – Ehrlichkeit. Was umso grotesker erscheint, als das Arbeitspferdchen – und Kernprodukt – des heutigen Weltkonzerns einer persönlichen Grille von Adolf Hitler entsprungen ist.

Der bewunderte schon in den zwanziger Jahren den US-Industriellen Henry Ford nicht nur für dessen Judenfeindlichkeit. Mit dem erschwinglichen Modell T, gefertigt an Fließbändern, hatte Ford die Möglichkeit eines Automobils „für jedermann“ unter Beweis gestellt.

Der „Kraft-durch-Freude-Wagen“

Beim Festakt zur Grundsteinlegung der neuen „Wagenfabrik“ im Nirgendwo zwischen Hannover und Magdeburg hielt Hitler seine Rede vor drei Modellen dessen, was damals noch KdF-Wagen („Kraft-durch-Freude-Wagen“) hieß, aber schon deutlich als Käfer erkennbar ist – ein Wagen vom Volk für die Volksgemeinschaft, befreit vom „Diktat der Schiene“, ein Volkswagen eben. Im Krieg leitete Anton Piëch, Schwiegersohn von Ferdinand Porsche und Vater des langjährigen Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch, in nachmaligen Wolfsburg die Produktion von kriegswichtigen Kübelwagen.

Nach dem Krieg, den die Produktionsstätten der Nazis weitgehend unbeschadet überstanden hatten, konnte mit der Arbeit begonnen werden. Noch unter britischem Befehl lief die Produktion des Käfers an, Ende 1945 waren 55 Exemplare vom Band gelaufen. Und laufen und laufen und laufen sollten sie. 1946 wurden schon 10.000 Modelle gebaut, 1947 begann Volkswagen mit dem Export, 1949 wurde das Werk zu treuen Händen der Bundesregierung übergeben und vom Land Niedersachsen – das heute noch mehr als 20 Prozent hält – verwaltet.

In den fünfziger Jahren war der Käfer das meistgekaufte Fahrzeug in Deutschland, erfreute sich eines Marktanteils von bis zu 40 Prozent und mauserte sich zum Symbol für Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Industrialisierung des Landes. Und sah er nicht auch niedlich aus, so gar nicht wie ein Panzer? Der Nachholbedarf des Gewerbes in Deutschland und – ab 1954 – die gestiegene Nachfrage auch in den USA führten dazu, dass Volkswagen kaum mehr mit der Produktion hinterherkam. Durch die Ausgabe von „Volksaktien“ sollte Volkswagen tatsächlich „dem Volk“ gehören.

Nummer 2 der Welt

In den sechziger Jahren war der Käfer ästhetisch umprogrammiert und längst zum Lieblingsgefährt der Hippies geworden, Filme wie „Herbie“ verwandelten ihn in einen drolligen Gefährten. Nichts erinnerte mehr an Hitler, wie auch Volkswagen bald nur noch als der schnurrende Motor der Deutschland AG wahrgenommen wurde. Die erfolgreiche Ablösung des Käfers durch den Golf und eine konstante Auffächerung des Sortiments führte dazu, Volkswagen nicht nur als Nummer 1 in Europa – sondern als Nummer 2 der Welt zu etablieren (hinter Toyota).

Im Zeitalter der Globalisierung präsentiert Volkswagen sich als Weltkonzern, die zugekauften Marken lesen sich wie ein „Who’s who“ europäischer Automobilproduktion – von Skoda über Seat, Audi bis zu Lamborghini oder Bugatti. Insider klagen zwar, der Konzern sei längst zu groß geworden.

Aber so muss man es wohl machen. Zudem steht die Marke wie kaum eine zweite für zwar humorlose, aber ebendeshalb urdeutsche Ingenieurkunst. Ohne Schnörkel, aber effizient. Nur in den USA tat Volkswagen sich zuletzt schwer, sich gegen Konkurrenten wie BMW oder Benz durchzusetzen. Sogar Subaru hat dort einen besseren Ruf, VW gilt als langweilig.

Umso wichtiger war es, den dieselskeptischen Amerikanern einen „sauberen Diesel“ zu verkaufen: „Isn’t it time for german engineering?“ Mit seinem aktuellen Betrug kratzt Volkswagen nicht nur an seinem eigenen, sondern zugleich am Ideal der ganzen deutschen Exportindustrie – der Ehrlichkeit. Es ist zweifelhaft, ob eine Werbeagentur das wieder ausbügeln kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Hallo Herr Frank!

     

    Wenn Sie in der TAZ schon (wieder einmal) den "Führer" bemühen (wahrscheinlich ist dessen klick-fördernde prominenz doch zu verlockend?!):

     

    der VW Käfer ist mitnichten einer schrulligen idee Adolf Hitlers (und übrigens auch nicht Ferdinand Porsches) entsprungen, sondern bereits in den 1920er Jahren vom Konstrukteur Béla Barényi entworfen worden.

     

    Herr Barényi machte diese urheberschaft und seinen anspruch auf die patente 1953 vor gericht geltend und bekam durch seinen geführten nachweis recht.

  • leider hab ich den Titel vergessen drei Ganoven ( Walter Giller?) spezialierten sich auch den Export des Käfers von Berlin aus in die USA, das Geld hatten sie in einer Tonne? im Büro, der Playboy der drei vernaschte alle rothaarigen Frauen in Berlin usw usw, ein guter Film der auch das deutsche wirdschaftswunder im visir hatte!

  • es gibt wohl keinen Film aus den 50ern 60ern, wonicht mindestens ein Käfer oder Bulli zu sehen ist zudem hatte der Käfer US eine Sonderauausstattung und war billiger wie der Käfer in d der Preis betrug c 3xxx Dm, zudem war der Käfer zu der Zeit das einzige Auto in D, was praktikabel war, sag ich mal alle anderen Firmen hat nix vergleibares zu bieten, denken wir nur an den Janus oder an den Kabinenroller usw, ne, derKäfer warwohl das einzige Gefährtin D, was man als Auto bezeichnenund bezahlen konnte!

    • @Georg Schmidt:

      Oh, es gab neben Isetta, Janus und Kabinenroller schon einen absoluten Top- Konkurrenten in nahezu der gleichen Preisklasse:

       

      Es gab den OPEL Kadett!

       

      Mit großem Kofferraum, leisem und im Vergleich zum Käfer sparsamen Motor, der zudem durch seine Wasserkühlung eine effiziente Warmwasserheizung ermöglichte. Zusammen mit einem Zweistufengebläse konnten nasskalte Übergangszeiten und lange Winter dann kommen!

       

      Die Stärke des Käfers lag in seinem "Volkswagen" Image das erst eher braun (war ja nicht alles schlecht...) und später buntsphychedelisch war und seiner guten Reparierbarkeit und Rostinstandhaltung auch alter Gebrauchtwagen.

      Hier hatte das bereits in den 50ern antiquierte Vorkriegskonstrukt gegenüber den moderneren selbststragenden Pontonkarossen der Nachkriegskonkurrenz (bei den Oldtimern bis heute!) die Nase vorn.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Waage69:

        Den OPEL Kadett gab es da noch nicht, der kam erst Ende der 1960-er.

        Dafür gab es den OLYMPIA und den REKORD ab ca. 1953.

         

        Fällt mir soeben ein:

        Den Brezelheckfenster-VW gab es als "Standard" (Lackfarbe grau, Seilzugbremse, textiler Dachhimmel) und "Export" (Lackfarbe bspw. dunkelbraun, Hydraulikbremse).

        • @571 (Profil gelöscht):

          Seilzug auf Trommel - da durfte dann kräftig getreten werden!

           

          Den ersten Kadett gab es schon vor dem Krieg mit seitengesteuerten stehenden Ventilen, die Fetrigungsanlage wurde dann in die SU demontiert und dort wurde der Wagen als Moskwitsch 400 weitergebaut.

           

          Aus diesem Grunde fehlte Opel direkt nach dem Krieg ein Modell in der Palette und der Käfer hatte wohl tatsächlich keine direkte Konkurrrenz, da Olympia/Rekord teurer waren.

          Da muss ich dann wohl bei @Herrn Schmidt Abbitte leisten!

           

          Den Kadett A mit dem hochfeinen, sparsamen und dann bis in den Corsa 1 eingebauten OHV Motor gab es aber nicht erst Ende sondern bereits ab 1962.

          Spätestens dann hätte ich keinen (neuen) Käfer mehr gekauft!

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Dass der Volkswagen so erfolgreich war, lag sicher nicht an seinen Qualitäten und der Innovationsfreude der Konzernlenker.

    Als die meisten Konkurrenten, z. B. Fiat, schon vier Blinker auf das Karosserieblech schraubten, klappten am Käfer noch zwei "Zeiger" aus der "B-Säule", gespeist von einer 6-Volt-Anlage.

    Ein besonders zweifelhaftes Vernügen waren Familienausflüge im Winter. Vereiste und unauftaubare Scheiben galten als normal, ebenso wie die "Heizung", die ihre Warmluft aus einem Blechteil bezog, das mit dem Auspuff verschweißt war. Kleine Undichtigkeiten daselbst konnte man im Fahrgastraum olfaktorisch zuordnen.

    Die Beliebtheit des Nachkriegskäfers muss also am Image der KdF-Bewegung gelegen haben.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Fiat, papperlapapp. Der Käfer: Robust, stabil, zuverlässig, unzerstörbar. Der Fiat hatte hübsche Blinker, aber war nach 2 Wintern schrottreif durchgerostet.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Bei einem Käfer mit durchgegammelten Heizbirnen half daher nur die "Volkswagen Überlebensausstattung":

      Angoraunterwäsche dicker Selbstgestrickter, alter Wehrmachtsmantel, Pudelmütze, Schal und ein kleines Schwämmchen um ein Guckloch in die Scheibe zu putzen...

  • Es kann doch nicht sein, dass nur VW betrügt und alle anderen Autohersteller sind in der Lage die Normen zu erfüllen??!!