piwik no script img

Flüchtlinge in BerlinPolizei nervt den Sozialsenator

Die Erstanlaufstelle müsse immer offen sein, so die Polizeigewerkschaft. Polizisten hätten nachts Besseres zu tun, als ankommende Flüchtlinge zu registrieren.

Die Schlangen sind lang vor dem Lageso, und nachts kommen auch welche. Nur: Wo sollen sie hin? Foto: dpa

Jetzt kritisiert auch die Polizeigewerkschaft GdP Mario Czaja (CDU): Der viel gescholtene Sozialsenator solle dafür sorgen, dass nachts und am Wochenende ankommende Flüchtlinge in der Erstaufnahmestelle erfasst werden können. Da die Registrierungsstelle des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit zu diesen Zeiten geschlossen sei, würden sich viele Menschen auf Polizeiwachen oder bei Streifenwagen melden. Die Bearbeitung der Asylanträge lähme die eigentliche Arbeit der Polizei, so die GdP am Freitag.

„Jeder sich bei der Polizei meldende Asylbewerber setzt einen Funkwagen für zwei bis drei Stunden außer Gefecht. In dieser Zeit steht der Wagen für keine anderen Einsätze zur Verfügung“, sagte der Vize-Landesvorsitzende der GdP, Arne Wabnitz. Die Folge: weniger Streifen. Wabnitz sprach in bekannter GdP-Prosa gar von „polizeifreien Zonen auf den Straßen“. Die nächtliche Arbeit der Polizei sei zudem überflüssig: Die aufgenommenen Asylanträge würden beim Lageso ungelesen entsorgt und neu angelegt. „Unsere Kollegen werden dem Notrufeinsatz für völlig sinnentleerte strafprozessuale Maßnahmen entzogen. Es ist unfassbar.“

Die Polizei unterstützt ausnahmsweise das Anliegen der GdP: „Wir begrüßen die Forderung nach einer rund um die Uhr betriebenen zentralen Aufnahmestelle für Flüchtlinge“, so Sprecher Thomas Neuendorf am Freitag zur taz. Vor allem die Wache 33 in der Perleberger Straße in Moabit müsse vermehrt einspringen. Bis zu 30 Menschen, darunter Familien mit Kindern, würden dort jede Nacht auf ihre Erstregistrierung warten. „Das bindet Kräfte.“

Czajas Sprecherin bezeichnet die Forderung der Polizeigewerkschaft als „verständlich“. Doch die Sozialverwaltung habe mit der Verlängung der Öffnungszeiten in Moabit bereits reagiert, so Regina Kneiding. Auch seien mobile Teams unterwegs, die direkt in den neuen Notunterkünften die Registrierung vor Ort vornehmen. In den letzten Tagen sind laut Kneiding 1.800 Flüchtlinge aus Ungarn in Sonderzügen und Bussen gekommen. Jeden Tag würden sich beim Lageso derzeit rund 400 Flüchtlinge melden.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    • 7G
      774 (Profil gelöscht)
      @774 (Profil gelöscht):

      Nett sein zur Polizei? Die taz weiß wohl am besten, daß die nicht nett sind.

    • @774 (Profil gelöscht):

      Ich rate Ihnen einmal zu einem Kurzurlaub in einem Land, in dem die Polizei kein Interesse oder (vorgeblich) keine Zeit zum Schutz der Bevölkerung hat und dies private Wachdienste übernehmen. Ist ganz spaßig - vorausgesetzt man hat genug Geld dabei.