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Bremer LandeshaushaltDer verschlossene Schatz

Trotz Haushaltssperre und neuen Krediten – Bürgermeister Sieling und Finanzsenatorin Linnert halten den Sanierungspfad für erfolgreich.

Mythos Haushaltssperre: Beeindruckt sie den Stabi-Rat? Foto: Reckham

Bremen taz | Mit dem Bremer Haushalt steht‘s schlimm. Aber so schlimm auch wieder nicht: Und ja, so Bürgermeister Carsten Sieling (SPD), er werde bei der nächsten Bürgerschaftssitzung am 23. September eine Regierungserklärung abgeben, wie das Land auf seinem „erfolgreichen Sanierungspfad“ mit der Herausforderung umgeht, sich seiner „humanitären Verpflichtung den Menschen gegenüber, die bei uns Zuflucht suchen“, stellt.

Das ist der Kern der gestrigen Senatsberatungen zur Finanzlage. Eine Haushaltssperre war fünf Tage zuvor verkündet worden, und der Senat wird das Parlament darum bitten, neue, höhere Schulden zu bewilligen: Ein Nachtragshaushalt von rund 100 Millionen Euro. „Die Vorgaben des Sanierungspfades sind damit nicht gefährdet“, betonte Sieling. Es verringere sich aber, so Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne), der Sicherheitsabstand: „Bremens Spielraum schrumpft.“

Der Sanierungspfad ist ein Zehnjahres-Plan. Er legt fest, dass Bremens Neuverschuldung jedes Jahr bis 2019 um 100 Millionen Euro sinken und dann null erreicht haben muss, wofür es im Gegenzug 300 Millionen Euro jährlich Sanierungsbeihilfen erhält. Der Sicherheitsabstand beziffert die Planüberfüllung. Er ist nicht Bestandteil der Vereinbarung mit dem Rest der Republik, doch schon als 2013 der Abstand abschmolz, hatte das für Ärger gesorgt.

Ursachen für den neuen Engpass sind das Scheitern einzelner Spar- oder Mehreinnahme-Pläne – die missglückte Neuregelung der Beamtenbesoldung und der Kitagebühren. Zugleich ist die Zahl der Flüchtlinge rasant gestiegen. Und das verursacht Kosten: Zwar ist es möglich, jenseits des Haushalts insgesamt 300 Stellen – zumal für SozialpädagogInnen und zur Verstärkung des Stadtamts – zu besetzen.

Und dieses und kommendes Jahr finanziert der Bund dieses gestern vom Senat beschlossene 29,3 Millionen-Euro-Sofortprogramm. Dennoch lägen die Ausgaben für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen mit 185 Millionen Euro immer noch deutlich höher als bei der Haushaltslegung erwartet. „Die Zahl der Flüchtlinge hat sich verfünffacht“, so Sieling. „In dieser Lage“, sagte er auch in Richtung der Opposition, „müssen alle Kräfte zusammenwirken.“

Tatsächlich hatte die Haushaltssperre den Zorn der Linksfraktion geweckt, die eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt hat. „Ohne Frage benötigen wir angesichts der derzeitigen Situation einen Nachtragshaushalt“, hatte deren Finanzpolitiker Klaus-Rainer Rupp gesagt, eine gleichzeitige Haushaltssperre halte man jedoch für ein „falsches Instrument“.

Auch sei ärgerlich, dass die Haushaltsrisiken zwar auf 250 Millionen Euro beziffert, jedoch nicht geklärt werde, „aus welchen Einzelpositionen sie sich zusammensetzen“. Mit solchen Details hielt sich der finanzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jens Eckhoff, nicht auf: Auf „nur eine Million“ bezifferte er den Einspareffekt der Haushaltssperre von 2014, und das sei doch „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Eckhoff generös.

Linnert wiederum verteidigte den Ausgaben-Stopp. „Die Haushaltssperre ist neben dem Verbreiten schlechter Laune das einzige Schwert, das eine Finanzsenatorin hat“, sagte sie. Dass sie es nun schwingt, dürfte auch dazu dienen, den Stabilitätsrat zu betören. Dieses Gremium, dem sämtliche Finanzminister angehören, entscheidet über die Sanierungsbeihilfen. Zuvor muss Bremen dort Rechenschaft über seine Budget-Entwicklung ablegen.

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