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Deutschland droht Energieziele zu verfehlen

Klima Im Verkehr und in der Wärmeerzeugung ist Anteil erneuerbarer Quellen zu gering, zeigt Studie

BERLIN dpa/taz | Die Bundesregierung wird nach Ansicht der Grünen ohne zusätzliche Maßnahmen ihre bis 2020 angestrebten Ökoziele bei der Energiewende teilweise deutlich verfehlen. Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion ergab, dass Schwarz-Rot beim Einsparen von Energie vor allem im Verkehrs- und Wärmebereich meilenweit hinterherhinkt.

So sank der Anteil der erneuerbaren Energien im Verkehr im ersten Halbjahr 2015 nach FÖS-Angaben auf 5,1 Prozent – obwohl eine EU-Richtlinie ein Einsparziel von 10 Prozent bis 2020 vorgibt. 2012 waren bereits 6,1 Prozent erreicht; das Ziel rückt also nicht näher, sondern ferner. Der Endenergieverbrauch im Verkehr, der bis 2020 im Vergleich zu 2005 um 10 Prozent zurückgehen soll, war bis 2014 sogar um 0,8 Prozent gestiegen.

Umgedrehter Trend

Auch beim gesamten Primär­energieverbrauch (ohne Temperaturbereinigung) hat sich der Trend zuletzt umgekehrt: Während im Jahr 2014 im Vergleich zum Jahr 2008 ein Rückgang von 9,1 Prozent zu verzeichnen war, lag der Wert im ersten Halbjahr 2015 nur bei 6,4 Prozent – und damit wieder ungefähr auf dem Wert von 2014. Ziel bis 2020 sind 20 Prozent. Beim Einsatz erneuerbarer Energien im Wärmebereich gibt es zwar Fortschritte, doch vom 14-Prozent-Ziel für das Jahr 2020 waren im ersten Halbjahr 2015 erst 10,8 Prozent erreicht.

Die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Julia Verlinden, sagte dazu: „Die Bundesregierung wird ihre Energiewende-Ziele krachend verfehlen.“ Wenn der Trend nicht umgekehrt werde, schaffe die Koalition noch nicht einmal die Hälfte der angestrebten Einsparung. Stattdessen werde weiter enorm viel Kohle verheizt und zu wenig für den Klimaschutz getan.

Nur im Strombereich werde die Regierung ihr – nach Ansicht der Grünen zu niedriges – Ziel erreichen, bis 2020 mindestens 35 Prozent des inländischen Verbrauchs aus erneuerbaren Quellen zu decken; hier waren im ersten Halbjahr 2015 bereits 32,5 Prozent erreicht.

Auch die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr festgestellt, dass die angestrebte Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen mit den bisherigen Maßnahmen deutlich verfehlt wird. Sie reagierte darauf mit einem Klimapaket, das aber zum überwiegenden Teil noch nicht in Gesetzesform gegossen wurde.

„Die aktuellen Zahlen zeigen ein Versagen der Bundesregierung auf ganzer Linie“, sagte Verlinden. „Doch bei der Kanzlerin führt das höchstens zu einem gelangweilten Achselzucken.“

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