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Korruption bei AKW-Bau in BrasilienDie Spitze des Eisbergs

Beim Bau eines Atomreaktors wurden Schmiergelder in Höhe von 1,2 Millionen Euro vergeben. Das Atomprojekt startete 1975 mit einem Abkommen mit Deutschland.

Die riesige Atomanlage liegt direkt am Atlantik. Foto: dpa

Angra dpa | Das auch in Deutschland umstrittene brasilianische Atomprojekt Angra 3 wird von einem Korruptionsskandal erschüttert. Dem bisherigem Präsidenten des Staatsunternehmens Eletronuclear, Othon Luiz Pinheiro da Silva, werde vorgeworfen, Schmiergelder in Höhe von 4,5 Millionen Reais (1,2 Millionen Euro) angenommen zu haben, berichtete die Zeitung Folha de Sao Paulo.

Dabei geht es um die Vergabe von Bauaufträgen für den Reaktor. Pinheiro, ein Admiral der Marine im Ruhestand, war am Dienstag festgenommen worden. Bei den Ermittlungen der Bundespolizei geht es um die Zeit von 2009 bis 2014.

Das könnte aber nur die „Spitze des Eisberges sein“, hieß es; bisher werden jedoch keine europäischen Firmen verdächtigt. Angra 3 soll eigentlich bis 2018 fertiggestellt werden. Seit 1975 gibt es ein deutsch-brasilianisches Atomabkommen, auf dessen Basis die ersten beiden Reaktoren 190 Kilometer südwestlich von Rio de Janeiro ans Netz gingen. Angra 2 entspricht wie der geplante dritte Reaktor vom Typ her dem stillgelegten bayerischen Kernkraftwerk Grafenrheinfeld.

Fast 30 Jahre nach Planungsstart entschloss sich die Regierung von Präsident Luiz Inácio da Silva 2007, das inzwischen vier Milliarden Euro teure Projekt Angra 3 doch noch zu vollenden. Zwar gibt es für Angra 3 nach langen Debatten keine deutschen Kreditbürgschaften, aber die Grünen fordern auch ein Ende jeglicher technischen Unterstützung – viele Komponenten für Angra 3 wurden teils schon in den 80er Jahren aus Deutschland geliefert und lagern auf dem Gelände am Atlantik.

Der französische Atomtechnikkonzern Areva schloss 2013 mit Eletronuclear einen Vertrag über 1,25 Milliarden Euro für die Fertigstellung des 1405 Megawatt starken Kraftwerks ab, unter anderem soll eine digitale Leittechnik geliefert werden. Auf dpa-Anfrage teilte Areva am Donnerstag mit, dass man den Sachverhalt nicht kommentiere, „da es sich um ein laufendes Verfahren handelt“. Der Auftragsumfang sei von den laufenden Ermittlungen nicht betroffen. Brasilien ist zu über 70 Prozent von Wasserkraft abhängig; wegen Dürren und wachsenden Strombedarfs wird der Ausbau der Atomkraft als Alternative gesehen.

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