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Terror in Nigeria und KamerunTote bei Boko-Haram-Angriffen

Islamisten überfallen Dörfer im Nordosten Nigerias. Im Norden Kameruns sprengt sich ein 12-jähriges Mädchen in einer Bar in die Luft. Allein dort sterben 20 Menschen.

Immer wieder terrorisiert Boko Haram mit Anschlägen das Land (Archivbild). Foto: ap

Jaunde afp | In Nigeria und in Kamerun sind bei mutmaßlichen Angriffen der Islamistengruppe Boko Haram insgesamt mindestens 45 Menschen getötet worden. Im Nordosten Nigerias überfielen mutmaßliche Boko-Haram-Kämpfer mehrere Dörfer und töteten mindestens 25 Menschen. Im Norden Kameruns kamen am Wochenende bei einem Selbstmordanschlag auf eine beliebte Bar in Maroua mindestens 20 Menschen ums Leben.

In der nigerianischen Ortschaft Maikadiri im Süden des Bundesstaats Borno erschossen die Angreifer 21 Menschen, wie Überlebende am Samstag berichteten. In dem Ort Yaffa wurden den Behörden zufolge vier Einwohner getötet.

Die Islamisten waren am Freitagmorgen auf Motorrädern in die Dörfer Maikadiri, Kopa und Yaffa eingedrungen. Die Angreifer hätten das Feuer auf die Bewohner eröffnet und mehrere Häuser und Läden niedergebrannt, berichteten Überlebende aus Maikadiri. Demnach war der Angriff am helllichten Tag nur möglich, weil das Dorf ungeschützt war.

Maikadiri liegt in der Nähe des Sambisa-Walds, wo das nigerianische Militär im Mai nach eigenen Angaben mehrere Boko-Haram-Lager zerstört und hunderte Geiseln befreit hatte. Laut Gouverneuren aus dem Nordosten Nigerias steht das riesige Waldgebiet aber nach wie vor unter Kontrolle von Boko Haram.

Frauen regelmäßig als Attentäter eingesetzt

Die Extremisten setzten zugleich offenbar ihre Angriffe im Norden Kameruns fort. In der Regionalhauptstadt Maroua sprengte sich am Samstagabend ein 12-jähriges Mädchen in einer Bar in die Luft und riss mindestens 20 Menschen mit in den Tod, wie das staatliche Fernsehen berichtete. 79 weitere Menschen wurden demnach verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich zunächst niemand, doch trägt er die Handschrift der Islamisten von Boko Haram, die regelmäßig Frauen als Selbstmordattentäter einsetzen.

Bereits am Mittwoch war Maroua von einem doppelten Selbstmordanschlag erschüttert worden. Zwei Mädchen sprengten sich auf dem Zentralmarkt der Stadt und in einem benachbarten Viertel in die Luft und töteten 13 Menschen. In den beiden vergangenen Jahren hatte Boko Haram in Norden Kameruns mehrfach Überfälle verübt und Menschen entführt, Selbstmordanschläge sind hingegen neu für die Region.

Die Extremisten aus Nigeria kämpfen seit sechs Jahren mit Gewalt für die Errichtung eines islamischen Staats im Norden ihres Landes. In dem Konflikt wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 15.000 Menschen getötet. Die Islamistengruppe wurde in den vergangenen Monaten zwar durch eine gemeinsame Militäroffensive Nigerias und mehrerer Nachbarländer geschwächt, verübt aber weiterhin regelmäßig tödliche Anschläge in Nigeria und den angrenzenden Gebieten.

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4 Kommentare

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  • Bloße Semantik? Teil 2 von 2.

    Es ist kein Selbstmord anschlag. Das verdeckt den wahren Charakter der Tat, nämlich die heimtückische Tötung anderer Menschen. Auch aus Gründen des Islam ist es kein Selbstmord: der Islam verbeitet den Selbstmord, also das feige, schwache "Flüchten" aus dieser Welt. Ganz anders ist es, wenn jemand beim Kampf im Namen Allahs stirbt: er kommt angeblich ins angebliche Paradies. Da macht es keinen Unterschied, ob er von den Ungläubigen erschossen wird, oder ob auch er selbst von der eigenen Bombe getötet wird. Das ein solcher Anschlag eben erlaubter Kampf für Allah ist wird von weltweit führenden Islam-Führern theologisch begründet und gepredigt, z.B. Yusuf al-Qaradawi (dazu in der taz z.B. 09.02.2005 sehr lesenswert: Bettina Gräf, "Der Fernsehh-Mufti").

    Begründet wird der Kampf mit dem Koran, z.B. dieser Sure 4:74 "Lasst also für Allahs Sache diejenigen kämpfen, die das irdische Leben um den Preis des jenseitigen Lebens verkaufen. Und wer für Allahs Sache kämpft, als dann getötet wird oder siegt, dem werden Wir einen gewaltigen Lohn geben."

    Ob man es sich eingestehen möchte oder nicht: Daran wird offenbar von einigen geglaubt. Und dann töten sie mit dieser Begründung Unbeteiligte.

    Damit muss man sich auseinandersetzen.

    Klar ist: es hilft kein Religionsunterricht, so lange die Relegion genau derartiges enthält.

    • @Tom Sayyid:

      Du meine Güte, was kennen Sie für 12-jährige Mädchen?

       

      Die, die ich in meinem Leben kennen gelernt habe, lassen mich vermuten, dass diese Anschläge auf das Konto Erwachsener gehen. Von einem freien Willen zum Mord konnte da vermutlich keine Rede sein. Das war Kindesmissbrauch mit Todesfolgen. Kinder, die nicht ausreichend geschützt waren, wurden zu Bomben umfunktioniert. Einfach deswegen, weil das billiger und leichter war als, sagen wir, erwachsene Männer zu instrumentalisieren. Männer werden auf Grund erfahrungsbedingter Glaubens-Schwächen eher als Kämpfer an der Waffe ge- bzw. missbraucht.

       

      Übrigends: Selber im Auftrag Mohameds den Weg ins angebliche Paradies zu beschreiten, ist den Strippenziehern wahrscheinlich schon deswegen nicht eingefallen, weil sie sich von ihren Aktionen etwas völlig anderes versprechen als rein himmlischen Lohn. Diesen Leuten geht es nicht um Religion. Die haben ganz handfeste irdische Ziele. Ich finde, Sie sollten sich nicht durch semantische Überlegungen vom Wege der Erkenntnis abbringen lassen. Sie täten den Tätern damit nämlich einen richtig großen Gefallen.

      • @mowgli:

        Danke, auch wenn Ihre Antwort leider nichts mit meinem Beitrag zu tun hat.

        Tatsachen zu ignorieren - wie z.B. Sie es tun - ist mit Sicherheit kein Mittel gegen derartige Taten.

        Erst recht nicht zur Erkenntnis.

        Und die Täterin (d.h. die unmittelbar Handelnde) war nun mal 12-Jahre alt. Der Einsatz von Kindern war z.B. auch eine übliche Strategie von Ayatollah Chomeini bei der Islamischen Revolution (plastisch beschrieben z.B. in "Mit dem Paradies-Schlüssel in die Schlacht", Wiedemann, Der Spiegel 1982, S. 92 ff.).

        Da hilft nicht Ihr Versuch, auf einen vermeintlichen Gegensatz von Religion (Islam) und Macht (irdische Ziele) zu verweisen. Seit den Frühzeiten des Islam geht es (auch) um Macht. Auch um die Macht, die Religion weiter zu verbreiten. Und um die Macht, einfach Macht zu haben. Das kann man bzgl. des Islam beliebig oft nachlesen (eines der zahlreichen Beispiele wieder die "Islamische Revolution" im Iran, dazu z.B. der soeben bereits angeführten Artikel; oder die politische Biographie zu Chomeini: Nirumand/Daddjou, Mit Gott für die Macht, Rowohlt 1989: dort ausführlich zur tötenden Benutzung von Kindern). Oder nachlesen, was sonst so in der Welt im Namen des Islam passiert.

        Auf dem Weg der Erkenntnis hilft es sich zu vergegenwärtigen, dass derartige Täter sich auf ihren Glauben, den Islam, berufen können.

        Gewalttätiger Kampf ist ein wesentlicher Teil des Islam. Nicht nur erlaubter, sondern sogar vorgeschriebener Teil (Sure 2:216). Ja, gegen Andersgläubige: "Tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt" (Sure 2:291; ebso. z.B. Sure 9:5). Und das wird nun mal von einigen Gläubigen in die grausame Praxis umgesetzt. Weltweit und ständig.

  • Bloße Semantik?

    Zur Terminologie "Selbstmordanschlag", "sprengte sich", "riss mit in den Tod"

    (einer der Sätze: "sprengte sich am Samstagabend ein 12-jähriges Mädchen in einer Bar in die Luft und riss mindestens 20 Menschen mit in den Tod"):

    Man sollte es als das benennen, was es ist: ein Terroranaschlag, Bombenanschlag, Attentat, Anschlag auf Unbeteiligte, o.ä.

    1) "Riss mit in den Tod"? Nein. Die anderen wurden von ihr getötet. Sie selbst starb bei ihrem feigen Anschlag.

    2) "Sprengte sich"? Das verdeckt völlig den Charakter der Tat. "Sprengte sich" weckt die gleichen Assoziationen wie z.B. "erschoss sich. Das war z.B. bei Wolfgang Herrndorf passend. Aber nicht, wenn es jemanden primär darum geht, andere zu töten. Es ist ein heimtückischer Bombenanschlag auf Unbeteiligte.