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Kommentar Prokon wird GenossenschaftSieg der Bürger

Bernward Janzing
Kommentar von Bernward Janzing

Ein Erfolgsmodell: Die Gläubiger der insolventen Windenergie-Firma Prokon wollen das Projekt als Genossenschaft fortführen.

Die düsteren Wolken verziehen sich. Foto: ap

R espekt! Was die „Freunde von Prokon“ in den letzten Wochen und Monaten auf die Beine gestellt haben, ist beachtlich. Sie konnten den Insolvenzverwalter überzeugen, neben dem klassischen Investorenplan noch einen Genossenschaftsplan zu entwickeln – ein ausgesprochen seltenes Ereignis.

Sie gewannen namhafte Akteure der Ökowirtschaft als Unterstützer. Und sie überzeugten am Ende Zehntausende von Gläubigern. Zu erwarten war dieser Erfolg zumindest am Anfang nicht.

Die „Freunde von Prokon“ (die es übrigens schon vor dem Insolvenzfall der Firma gewissermaßen im Verborgenen gab) agierten im ersten Moment reichlich unbeholfen gegenüber der Öffentlichkeit. Doch als es drauf ankam, professionalisierten sie sich rasant. So entstand eine Konkurrenz von höchster Symbolkraft.

Auf der einen Seite engagierte Menschen, die ihr Bürgerprojekt Energiewende weiterhin in der eigenen Hand halten wollen. Auf der anderen Seite mit der EnBW ein Unternehmen, das jegliche Energiewende Jahrzehnte lang torpediere, der Gesellschaft Milliardenlasten an Atommüll hinterlässt, selbst nach der Jahrtausendwende noch in klimaschädliche Kohle fehlinvestierte, und dann meinte – inzwischen zwangsgewendet nach Fukushima – , ganzseitige Anzeigen in Spiegel & Co. und ein Bündel Bares reichten aus, um sich nun Prokon schnappen zu können.

Getäuscht. Und das ist gut so. Die Energiewende war immer zuvorderst ein Bürgerprojekt und das muss sie auch bleiben. Während die etablierte Energiewirtschaft erst die politischen Nach-Fukuhsima-Kapriolen als Energiewende betrachtet, haben viele Bürger schon Jahrzehnte lang Erfahrung mit dem Thema. Übrigens wurde das Wort Energiewende bereits im Jahr 1980 vom Öko-Institut – eine Gründung, die aus dem Wyhl-Widerstand resultierte – in einem Buchtitel geprägt. Und nicht 2011 von Angela Merkel.

Bürgerenergiewende

Prokon wird nun ein weiteres Kapitel dieser Bürgerenergiewende schreiben. Und es ist zu hoffen, dass das Signal – der Wille der Bürger mitzumachen – auch in der Politik ankommt. Die hatte sich in der Vergangenheit ja so manches ausgedacht, um explizit Bürgerengagement zu torpedieren, durch Gesetzes-Ideen, wie das Kapitalanlagegesetzbuch und das Kleinanlegerschutzgesetz. Dabei zeigt die Erfahrung eines ganzen Jahrhunderts, dass Genossenschaften eine unschlagbar solide Unternehmensform sind.

Auch die Unterstützer der Prokon-Genossenschaft kamen schließlich aus gutem Hause: Eine Genossenschaftsbank, der die Finanzkrise nicht das geringste anhaben konnte, während Großbanken gerettet werden mussten. Und ein genossenschaftlicher Energieversorger, der stetige Gewinne schreibt, während die börsennotierten Stromkonzerne aus dem letzten Loch pfeifen.

Und so ist es nun den Prokon-Anlegern, die einst einem windigen Geschäftsmann aufsaßen, zu wünschen, dass ihre Firma jetzt in ruhigeres Fahrwasser gerät. Die Genossenschaft ist die beste Voraussetzung dafür.

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Bernward Janzing
Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.
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3 Kommentare

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  • Vorschusslorbeeren und Wünsche!

    Die Zeit muss zeigen wie sich tausende Anteilseigner, Genossen natürlich, mit völlig unterschiedlichen Zielen und Vorstellungen zusammenraufen. Genossenschaften können erfolgreich sein, müssen es aber nicht (sonst gäbe es wohl mehr davon).

    Das Geschäftsmodell von Prokon resp. Rodbertus, war defizitär. 40% des Vermögens sind verbrannt. Hier muss also ein konsequeter Kurs hin zu verantwortlichem wirtschaftlichen Handeln erfolgen. Ob dieses in der Genossenschaft wirklich geleistet wird, ich habe Zweifel (viele Köche...).

    Zumal die Zukunft für die Windbranche nicht sehr rosig aussieht. Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen können schon bald Makulatur sein. Mit jedem neuen Windrad werden bei gutem Wind immer mehr abgeschaltet. Der Strom kann nicht vermarktet werden. Das ist schon jetzt so, da ca. 8-10% der Strommenge aus Wind kommt. D.h. die Betriebsstunden der Windräder werden in Zukunft immer weiter zurückgehen. Bisher werden solche Ereignisse über die EEG-Umlage ausgeglichen, doch das geht nicht endlos weiter. Speicherlösungen, die nennenswerte Energiemengen aufnehmen könnten, sind noch nicht in Sicht.

     

    Von da her - viel Glück für die Prokon-Genossen - sie können es brauchen!

  • Nur, damit das nicht immer wieder in Vergessenheit gerät: Auch ein Unternehmen wie die EnBW besteht zu einem Großteil aus Bürgern. Habe ich selbst schon gesehen :-)

    • @Trango:

      ...aus Bürgern die als Mitarbeiter nichts zu entscheiden haben, sondern die Vorgaben der Anteilseigner und von diesen eingesetzen Managern auszuführen haben. Das ist der gewaltige Unterschied.