: Vucićgedenkt des Völkermords
Bosnien und Herzegowina Serbiens Premier reist doch zu Feierlichkeiten in Srebrenica. UN-Sicherheitsrat uneins über Resolution. Kanzlerin Merkel in Tirana eingetroffen
aus Sarajevo Erich Rathfelder
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Termin für ihre Balkanreise am 8. und 9. Juli offenbar taktisch klug gewählt. Denn sie vermeidet einen direkten Auftritt bei dem 20-jährigen Gedenktag des Völkermords in Srebrenica am kommenden Samstag und braucht sich dort nicht auf irgendwelche Positionen festzulegen. Die vorausgehenden Treffen mit den führenden Politikern am Mittwoch in Tirana und in Belgrad sollen sich vor allem um Energie- und Wirtschaftsfragen drehen.
Aber natürlich wird die Haltung der serbischen Regierung zu Srebrenica bei den Gesprächen in Belgrad eine Rolle spielen müssen. Kurz vor dem Besuch der Kanzlerin kündigte der serbische Regierungschef Aleksandar Vučić an, dass er nun doch an der Gedenkfeier zum 20. Jahrestag des Völkermords in Srebrenica teilnehmen wolle, nachdem er wochenlang unentschieden gewesen war.
Diplomatische Kreise sehen dies als eine Geste des guten Willens an, will sich doch der ehemalige nationalistische Extremist Aleksandar Vučić als proeuropäischer Politiker profilieren. Nicht nach Srebrenica zu fahren hätte nicht nur bei der deutschen Delegation, sondern auch international den Eindruck hinterlassen, Vučić leugne wie der größte Teil der politischen Elite Serbiens die serbische Verantwortung für die Verbrechen in Srebrenica. Allerdings besteht Vučić nach wie vor darauf, die Ereignisse dort als „Kriegsverbrechen von Einzelnen“ einzustufen und nicht als „Völkermord“ wie der Internationale Gerichtshof in Den Haag.
Das Verhalten der serbischen Regierung und des Präsidenten Tomislav Nikolić in Bezug auf eine Resolution, die Großbritannien in den UN-Sicherheitsrat eingebracht hatte, zeige, so britische Quellen aus Sarajevo, wie schwer sich Serbien nach wie vor mit der Bewältigung der eigenen Vergangenheit tue. Auf Druck der Serbien unterstützenden Veto-Macht Russland wurde die Verabschiedung der Resolution auf Mittwoch verschoben. Doch eigentlich rechnet niemand mehr damit, dass die russische Seite nachgeben wird. Die Formulierung „Völkermord“ soll nach russischer Meinung aus der Resolution entfernt werden.
In dem britischen Entwurf wird eine Anerkennung des Kriegsverbrechens als „eine Voraussetzung für die Versöhnung“ in Bosnien bezeichnet. Diejenigen, „die wegen schwerer internationaler humanitärer Menschenrechtsverletzungen im Bosnien-Konflikt“, wie etwa des „Genozids von Srebrenica“, beschuldigt würden, müssten juristisch verfolgt werden, heißt es in dem Text. Außerdem enthält der Entwurf die Forderung, Lehren aus dem Versagen der Vereinten Nationen zu ziehen, die das Massaker von Srebrenica nicht verhindert hatten.
Ob die Kanzlerin der Aufforderung der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ folgen wird, bei den Gesprächen in Sarajevo für einen Sonderstatus der in der serbischen Teilrepublik liegenden Gemeinde Srebrenica zu werben, sei dahingestellt. Sicher ist, dass Merkel die Blockadehaltung der bosnisch-serbischen und bosnisch-kroatischen Politiker bei der Umsetzung der deutsch-britischen Initiative zur Reform der Wirtschaft in Bosnien und Herzegowina ansprechen muss.
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