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French Open in der KriseStockende Planungen

Das Grand-Slam-Turnier in Paris reißt es gegenüber der Konkurrenz nicht mehr: Es ist altbacken und zu wenig innovationsfreudig.

Andy Murray vor den Rängen des etwas zu altehrwürdigen Centre Court Roland Garros. Foto: ap

PARIS taz | Der schönen neuen Welt von morgen kann man in der Gegenwart des Tennisturniers Roland Garros kaum entkommen. Ob auf den großen Boulevards zwischen den Courts, ob draußen vor den Toren des Grand-Slam-Festspielhauses, ob in den VIP-Lounges oder auch im Pressezentrum: Überall strahlen von Plakatwänden die verheißungsvollen Prachtbauten, die einmal die Zukunft des Grand Slam am Bois de Bologne sein sollen. Was auf den Postern verschwiegen wird, ist die unangenehme Wahrheit für Turniermacher, Fans und Spieler: Die große Ausbauinitiative, das Projekt eines modernen Tennis-Zuhause in Frankreichs Kapitale, stockt und stottert.

Als die French-Open-Manager Ende des letzten Jahrzehnts ihre ambitionierten Pläne verkündeten, war als Zielmarke für die Aufrüstung und Renovierung 2016 vorgesehen – doch bis heute ist kein einziger Stein verbaut worden. „Es ist frustrierend, dass wir nicht vorankommen“, sagt selbst Turnierdirektor Gilbert Ysern, von Berufs wegen eigentlich Zweckoptimist.

Erst vor knapp einem Monat, nach neuerlichen Auseinandersetzungen mit Politikern und Naturschützern, warnte der French-Open-Boss vor einem „Ende der Grand-Slam-Tradition“ in Paris: „Es gibt genügend Länder und Städte, die nur darauf warten, dass wir hier scheitern.“ China könnte so ein Bewerber sein, der sich die Blockaden in Paris betrachtet – und auf seine Chance wartet, endlich ein Major-Turnier auszurichten. Soeben wurde bekannt, dass in der Metropole Wuhan ein ultramodernes Tenniszentrum entsteht, mit einem überdachten Centre-Court, dessen Fassungsvermögen (15.500 Zuschauer) größer ist als in Paris und Wimbledon.

Ausgerechnt der zweite Turnier-Sonntag war wieder mal so ein Tag, der die Pariser Probleme, aber auch die Verlustängste beförderte: Stundenlang verzögerte Regen den Beginn der Matches, die Zuschauer standen sich auf der ohnehin schwer beengten Anlage auf den Füßen, und im dichtgefüllten Spielerzentrum fühlte man sich an eine Aussage von Tommy Haas erinnert, der mal gesagt hatte, es gehe „hier zu wie im Zoo“.

„Das hässliche Entlein“

Das Fanerlebnis sei insgesamt „sehr dürftig“, sagt einer aus der Spitzenetage der Spielergewerkschaft ATP, „Paris hinkt dem Feld hinterher“. Und das ist tatsächlich das Bemerkenswerte: Die French Open, einst die Avantgarde aller Grand-Slam-Turniere, mit vorwärtsweisender Infrastruktur und Technologie, sind inzwischen das „hässliche Entlein“ unter den vier Majors.

Überall wird aufgerüstet, der Service für Fans und Profis gleichermaßen verbessert. Siehe Australian Open: Der Grand Slam down under, früher nicht auf Augenhöhe mit den anderen Traditionsstandorten, ist inzwischen zur Topadresse geworden, mit drei überdachten Spielplätzen, riesigen Grünflächen und Fanzentren. „Nirgendwo ist das Wohlfühlerlebnis so groß wie in Melbourne“, sagt selbst einer wie John McEnroe, „da kann Paris nicht mithalten“. Auch Wimbledon hat sich im Schönheitswettbewerb und Schaulaufen der großen vier längst aufgehübscht, nicht zuletzt mit dem Centre-Court-Dach und einem großzügigen Spielerbereich.

Selbst die viel kritisierten US-Open-Veranstalter machten inzwischen Nägel mit Köpfen, das gewaltige Arthur-Ashe-Stadion bekommt gerade eine millionenschwere Überdachung für alle Schlechtwetter-Fälle. Und Paris? Einer wie der weitgereiste deutsche Manager, Trainer und Spielerberater Dirk Hordorff erkennt bei den Roland-Garros-Leuten nur „Absichten, Absichten, Absichten“: Mehr als nette Plakate sehe er nicht. „Ein neues Stadion wäre mir lieber.“

Manch einer in der French-Open-Führungsetage mag sich inzwischen klammheimlich grämen, dass die einstigen Expansionspläne für den Pariser Großraum verworfen worden – etwa die Vision, ein gewaltiges neues Tenniszentrum nahe Eurodisney zu bauen. Stattdessen schlagen sich Turnierboss Ysern und seine Crew im Westen der Kapitale um jeden geplanten Ausbauzentimeter herum, mit bescheidenem Erfolg, weil sich gerade wieder Umweltministerin Ségolène Royal gegen die Pläne stemmte. „Es muss sich etwas tun, sonst fallen wir noch weiter zurück“, erklärt Ysern.

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