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Neue Speichertechnik für EnergieAus Strom wird Wasserstoff

Wie stabilisiert man bei einem hohen Anteil von Sonnen- und Windstrom das Netz? Die friesische Firma GP Joule versucht es mit Power-to-Gas.

Windpark in der Nähe von Marseille: Wohin mit dem überschüssigen Strom? Foto: reuters

FREIBURG taz | Was die Energiewende mit am dringendsten braucht, sind Energiespeicher, die dafür sorgen, dass die nur bei Wind und Sonne erzeugte Energie regelmäßig verfügbar ist. Eine mögliche Lösung präsentiert nun die Firma GP Joule aus dem friesischen Reußenköge: Das Produkt trägt den Namen „Stromlückenfüller“, kann aber beides – es springt nicht nur ein, wenn kein Strom erzeugt wird, es kappt auch Überproduktionen.

Das Prinzip: Ist zu viel Strom im Netz, wird durch Elektrolyse Wasserstoffgas (H2) erzeugt und in Drucktanks gespeichert. Bei späterem Bedarf wird der Wasserstoff zusammen mit Biogas verbrannt – und produziert so Strom und Wärme. Klingt einfach, ist in der Praxis aufwendig. Fast zwei Dutzend Pilot- und Demonstrationsprojekte listet die Deutsche Energieagentur auf. Teilweise speisen sie das erzeugte Gas – Wasserstoff oder Methan – auch ins Erdgasnetz ein. Technisch funktionieren sie zwar oft recht gut, doch wirtschaftlich ist bislang kein Projekt.

Immerhin an der Schwelle zum Markt sieht sich GP Joule. Das Unternehmen bietet Anlagen an, die in einem Standardcontainer untergebracht werden können. An seinem Stammsitz entsteht eine Pilotanlage mit 200 Kilowatt Maximalleistung – ein erster Teil ist gerade in Betrieb gegangen. Mit der Technik sollen sich 75 Prozent der Ursprungsenergie in Form von Gas speichern lassen.

Zwei Aspekte machen die Strom-zu-Gas-Technik so reizvoll: Zum einen die riesigen Speicherkapazitäten, wenn man das Gas (am besten wandelt man den Wasserstoff noch in Methan um) ins Erdgasnetz einspeist, also die bestehende Infrastruktur nutzt. 200 Milliarden Kilowattstunden Strom könnten hier gespeichert werden – so viel verbraucht das Land in vier Monaten.

Weniger neue Stromleitungen

Der zweite Vorteil: Wenn das Methan erzeugt und eingespeist wird, wo Stromüberschuss herrscht (zum Beispiel durch Windkraft in Norddeutschland), und dem Gasnetz entnommen wird, wo der Strom gebraucht wird (zum Beispiel in Süddeutschland), benötigt man weniger neue Stromleitungen von Nord nach Süd.

Für den Kunden, der sich nun eine Anlage wie jene von GP Joule zulegt, stellt sich freilich die Frage, wie er damit Geld verdienen will. Einerseits kann die Power-to-Gas-Technologie Erlöse am Strommarkt erzielen: In Zeiten hohen Angebots kauft man den Strom an der Strombörse billig ein, speichert ihn in Form von Wasserstoff und gewinnt daraus in Zeiten von Knappheit und damit höheren Preisen wieder Strom, den man verkauft. Arbitragegeschäfte nennt man das. Wirtschaftlich sind sie noch nicht.

Attraktiver ist die Bereitstellung von Regelenergie. Dann bezieht man kurzfristig Strom, wenn im Netz Überschuss herrscht, und speist ein, wenn Mangel besteht. Das passiert immer wieder, weil weder der Verbrauch im Netz noch die Erzeugung von Erneuerbaren genau prognostizierbar ist. Erzeuger oder Verbraucher müssen dann auf Zuruf gegensteuern. „In zwei bis drei Sekunden ist unsere Anlage von 0 auf 100 Prozent hochgefahren“, sagt ein GP-Joule-Sprecher. Solche Flexibilität honoriert der Regelenergiemarkt.

Großer Markt für H2

Wirklich wirtschaftlich sei bisher nur eine dritte Variante, heißt es bei GP Joule: Nämlich den Wasserstoff gar nicht wieder in Strom umzuwandeln, sondern direkt für die Betankung von Fahrzeugen wie Bussen oder Gabelstablern einzusetzen oder ihn für andere Zwecke zu verkaufen. Der Erlös wäre auf jeden Fall höher – der eigentliche Zweck als Energiespeicher allerdings nicht so richtig erfüllt.

Unterdessen ist man bei GP Joule überzeugt, dass sich das Problem schnell lösen wird: Sobald mehr produziert wird, könne die Technik erheblich billiger werden: „Der Preis kann noch steiler sinken, als man es bei der Photovoltaik erlebt hat.“

Liegt hier also die Zukunft der Energiespeicher? Verglichen mit manchen anderen Verfahren sind die Umwandlungsverluste zwar groß – zwischen 40 und 60 Prozent der Energie geht verloren. Doch die physikalische Effizienz wird am Ende gar nicht entscheidend sein, sondern vielmehr der Preis: Wenn es der Strom-zu-Gas-Technik gelingt, andere Speichersysteme wie Batterien oder Pumpspeicherkraftwerke zu unterbieten, hat sie es geschafft.

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