Aufstiegs-Club FC Ingolstadt: 11 Dinge, die man wissen muss
Die Stadt von Audi, Horst Seehofer, Frankenstein und den Schanzern fällt in die Fußball-Bundesliga ein. Was erwartet uns?
1. Der Audi-Klub: Ingolstadt ist Audi. Es gibt das Audi-Werk, das Audi-Forum, das Audi-Stadion, ganz viele Audi-Arbeiter und Audi-Fans, von denen vielleicht gar nicht so viele wissen, dass Audi seine Wurzeln im Osten hat: in Zwickau. Audi beschäftigt in Ingolstadt etwa 32.000 Leute. Jeder dritte Arbeitnehmer schafft bei Audi. 99,55 Prozent der Aktien gehören der Volkswagen AG. Seit 1971 heißt es: „Vorsprung durch Technik“, was auch auf dem Fußballplatz umgesetzt wird. Man versucht’s jedenfalls.
2. Der Ösi-Trainer: Es gibt Journalisten, die haben Ralph Hasenhüttl als „Alpen-Klopp“ bezeichnet. Der Mann aus der Steiermark findet das gar nicht mal so blöd. Er hat den Trainerlehrgang zusammen mit Jürgen Klopp gemacht. Beide können gut miteinander. Klopp, sagt Hasenhüttl, könne aus einer Mannschaft, die vielleicht nicht die ganz große Qualität hat, immer das Optimum rausholen. Das ist auch Ansporn des Österreichers. Hasenhüttl vertraut gern jungen Kickern: „Einem jungen Spieler muss man viel zutrauen, der wächst dann extrem schnell.“ Jung ist auch der Verein: Erst 11 Jahre alt. Noch nicht mal in der Pubertät.
3. Ingolstadts Tiefgang: Ingolstadt hat es nicht nur im Bleifuß, sondern, man glaubt es kaum, auch im Köpfchen. Früher jedenfalls. Schlauste Tochter der Stadt ist Marieluise Fleißer, Schriftstellerin, Brecht-Freundin und Autorin des Romans „Eine Zierde für den Verein“. Sie schreibt über Gustl, den Schwimmer. Er, der „gesunde Barbar“, hätte auch ein Fußballer sein können: „Er ist nicht verpimpelt wie die Jungen. Mit Willen hat er seinen Körper gefühllos gemacht.“ Heute macht man das mit Tabletten vom Mannschaftsarzt.
4. Die Erfolgsbilanz: Im deutschen Sport hat Ingolstadt bislang nur wenig Spuren hinterlassen können. Lange versuchte man es auf der Eisfläche einer städtischen Multfunktionsarena. Just im letzten Jahr klappte es dann auch mit der ersten deutschen Eishockeymeisterschaft für den ERC Ingolstadt. Audi hatte natürlich als Hauptsponsor seine Finger im Spiel.
5. Das FC-Bayern-Blut: Diese Erfolgsmenschen mit dem Bayern-Blut in den Adern sind im Umkreis von München besonders begehrt. Beim FC Augsburg managt mit Stefan Reuter ein ehemaliger Spieler von der Säbener Straße die Geschicke des Vereins. Beim FC Ingolstadt hat man sich schon im Sommer 2011 für den einstigen Bayern-Verteidiger Thomas Linke entschieden. Seine Devise: Jedes Jahr etwas erfolgreicher ein.
6. Die Nebelwand: Zu den zahlreichen Standortnachteilen Ingolstadts gegenüber München zählt ungerechterweise auch noch das Wetter. Während in der bayerischen Hauptstadt schon früh der Fön für Frühlingsgefühle sorgt, fördern 70 Kilometer weiter nördlich im Donautal dichte Nebelbänke für depressive Verstimmungen.
7. Die Gruselstadt: Ingolstadt in der Bundesliga? Für manch einen eine gruselige Vorstellung. Dass diese Stadt mit Grusel in Verbindung gebracht wird, hat jedoch Tradition. Das weltweit bekannte Monster Frankenstein fand an der Ingolstädter Universität einst heraus, wie man toten Stoffen Leben einhaucht. Die britische Schriftstellerin Mary Shelley fand diesen Schauplatz offenbar sehr zweckdienlich für ihren schaurigen Fantasy-Roman.
8. Die „Schanzer“: In Ingolstadt kursieren mehrere Versionen, wieso man die Einheimischen als „Schanzer“ bezeichnet. Der Begriff an sich bezieht sich auf die Stadtmauer. Die „Schanz“, der Schutz aus Burgwall und Besatzungen, hatte eine hohe Bedeutung für die Stadt. Die Ingolstädter wissen letztlich auch nicht so genau, wieso sie „Die Schanzer“ sind – den Namen tragen sie trotzdem ganz gern.
9. Die Desinteressierten: Sportlich ist der FCI aufgestiegen. Geht es aber nach dem Zuschauerzuspruch, würde sich der Klub im Abstiegskampf der 2. Liga befinden. Knapp 10.000 Zuschauer kamen im Schnitt, nur drei Mal war das Stadion heuer ausverkauft, dabei würden 15.445 darin Platz finden. Coach Hasenhüttl findet all das nicht so schlimm. Anfang des Jahres sagte er: „30 Fans beim Auswärtsspiel müssen auch mal reichen.“
10. Die Wohlstandsoase: In Ingolstadt steigt es sich nicht nur gut auf, es lebt sich auch gut. Der Beleg: Die Wirtschaftswoche kürte Ingolstadt 2014 zur drittbesten Stadt Deutschlands. Warum? Deutschlandweit der stärkste Anstieg der Wirtschaftsleistung, mehr Beschäftigte, mehr gezahlte Steuern. In Ingolstadt sind nur 2,4 Prozent der Bevölkerung arbeitslos – bundesweit sind es fast drei Mal so viel.
11. Der Sportsmann der Stadt: Topathleten haben in Ingolstadt nicht das Licht der Welt erblickt. Da ist eigentlich nur Christian Träsch, der das tut, was von einem braven Ingolstädter erwartet wird: Er arbeitet für VW, allerdings in Wolfsburg beim VfL.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuwahlen
Beunruhigende Aussichten
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Grünen-Parteitag in Wiesbaden
Grüne wählen neue Arbeiterführer