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PR-Affäre um GlosFataler Übereifer

Bundeswirtschaftsministerium trennt sich von der Werbeagentur, die mehreren Zeitungen dubiose "Kopplungsgeschäfte" unterbreitet hatte.

Glos sucht jetzt eine andere Agentur, die Schönwetter für ihn macht Bild: dpa

Das Bundeswirtschaftsministerium, wegen einer dubiosen PR-Kampagne in die Kritik geraten, hat Konsequenzen aus der Affäre gezogen: Am Montagvormittag hat es sich für diese Kampagne von der Werbeagentur Flaskamp getrennt.

"Da war eine Agentur wohl übereifrig", sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Die Agentur, seit Oktober 2006 die PR-Hauptagentur des Ministeriums, hatte Zeitungen angeboten, Anzeigen für die "Dialogtour" des Wirtschaftsministers zur Mittelstandsförderung zu schalten; gekoppelt war das Geschäft aber an redaktionelle Berichterstattung, zu der detaillierte Vorschläge gemacht wurden. Solche "Kopplungsgeschäfte sind unerwünscht", sagte Steg gestern. Der Kölner Stadt-Anzeiger hatte das Angebot abgelehnt und stattdessen darüber berichtet.

Steffen Moritz, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, sagte, in Absprache mit der Agentur Flaskamp sei zwar eine Medienkooperation angestrebt worden; nicht abgesprochen gewesen sei aber, dass die Berichterstattung an Anzeigen gekoppelt sein sollte. Die umstrittene PR-Veranstaltungsreihe soll nun vorerst ausgesetzt und das Konzept geprüft werden. Jan Flaskamp, Teilhaber der kritisierten Werbeagentur, hatte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur Verantwortung für den "Fehler" übernommen, aber auch gesagt: "Es gab weder im Umfang noch vom Inhalt her irgendeine Vorgabe für die Berichterstattung. Die Schaltung der Anzeige sei nicht geknüpft gewesen an die Berichterstattung. Die Anzeige wäre auch geschaltet worden, wenn die Zeitung nicht über die Veranstaltung berichtet hätte." Flaskamp weiter: "Es gab keine Vorgabe für die Berichterstattung, nur den Wunsch, zu einer für den Mittelstand informativen Berichterstattung zu kommen."

Mit dem Rückzug der Agentur scheint die Angelegenheit geklärt. Rainer Wend, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD, der in der taz gestern noch eine Überprüfung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags ankündigte, sagte heute: "Für mich ist die Angelegenheit damit erledigt. Dadurch, dass der Auftrag entzogen wurde, ist klar, dass das Ministerium das Vorgehen nicht billigt."

In völliges Wohlgefallen löst sich der Fall jedoch nicht auf: Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju), Ulrike Maercks-Franzen, nannte es gegenüber der Financial Times Deutschland "ehrenwert", dass die zuständige PR-Agentur versuche, die Verantwortung zu übernehmen. Zur taz sagte sie, die Agentur habe sich "ungeschickt verhalten". Dass aber niemand im Ministerium von der Vorgehensweise gewusst haben soll, halte sie nach wie vor "für unwahrscheinlich". Sie sagte, es sei "nach wie vor interessant zu wissen, wie die Verträge zwischen Ministerium und der Agentur ausgesehen haben".

Ulrich Müller, Vorstandsmitglied der Transparenz- und Demokratieinitiative "Lobby Control", forderte gegenüber der taz Ähnliches: "Das Ministerium muss den Vertrag mit der Agentur offenlegen." Denn nur so könne jeder sehen, "in welcher Art und Weise der Agentur Vorgaben gemacht wurden, wie sie mit dem Steuergeld umgehen darf". Kopplungsgeschäfte müssten klar ausgeschlossen werden, so Müller. Er griff so die Kritik von verschiedenen Seiten auf, die am Wochenende am Wirtschaftsministerium geübt worden war. Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestags, Otto Fricke (FDP), hatte etwa von "einem Missbrauch von Steuergeldern und einem Verstoß gegen die Bundeshaushaltsordnung" gesprochen. Maercks-Franzen fordert, in Zukunft bei politischen Kampagnen sauber zwischen Berichterstattung und Anzeigenschaltung zu trennen.

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