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Westerwelle leitet Kurswechsel einAmpel könnte drin sein

Die FDP will sich aus der Koalitionssackgasse mit der Union befreien. Parteichef schließt eine Regierung mit SPD und Grünen auf Bundesebene nicht mehr aus.

Will endlich mitregieren: FDP-Chef Guido Westerwelle. Bild: dpa

Jetzt will sich auch die FDP neuen politischen Farbenspielen öffnen - und sich so aus der Abhängigkeit von der Union befreien: FDP-Chef Guido Westerwelle schließt eine Regierung mit SPD und Grünen auf Bundesebene nicht mehr prinzipiell aus. Anders als bei den Landtagswahlen in Hessen und Hamburg sehe er "keine Notwendigkeit für Ausschlussklauseln- außer gegenüber Links- und Rechtsaußen", sagte Westerwelle dem Spiegel. SPD-Fraktionschef Peter Struck sieht prompt neue Chancen für sozialliberale Koalitionen.

Mit ihrer klaren Koalitionsaussage zugunsten der CDU war die FDP in Hessen und Hamburg gescheitert: In Wiesbaden reichte es nicht für Schwarz-Gelb, in Hamburg kamen die Freidemokraten erneut nicht in die Bürgerschaft. Seitdem stand Westerwelles Festlegung auf die Union parteiintern in der Kritik. Der Hintergrund: Wenn sich die CDU wie in Hamburg Richtung Grüne und die SPD wie in Hessen für die Linke öffnet, verliert die FDP endgültig ihre alte Funktion des Königsmachers. Am Sonntagabend wollte das FDP-Präsidium auf einer Klausurtagung den Strategiewechsel vorbereiten.

Auch der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart forderte vor der Sitzung von seiner Partei mehr Eigenständigkeit. "Im Windschatten an die Macht zu kommen, der Traum ist ausgeträumt", sagte Pinkwart dem Focus. Die Liberalen hätten auch eine Brücken- und Korrektivfunktion. In jeder Koalition könnten sie zumindest Schlimmeres verhüten. Der stellvertretende Parteichef Rainer Brüderle betonte, die Union sei zwar bevorzugter Partner, aber "unsere Wähler wollen auch, dass die Inhalte, für die wir stehen, umgesetzt werden".

Zuvor hatten gleich zwei FDP-Hoffnungsträger den bisherigen Kurs von Parteichef Westerwelle offen kritisiert: "Sich an einen Partner zu binden ist überflüssig", findet NRW-Generalsekretär Christian Lindner. Die Liberalen seien nicht Teil eines "ominösen" bürgerlichen Lagers und dürften sich "prinzipiell nicht exklusiv an nur einen Partner binden", schrieb er in einem Zeitungsbeitrag. Grundsätzlicher ging der Chef der Niedersachsen-FDP, Philipp Rösler, seinen Vorsitzenden an: "Das reine Beschwören eines ordoliberalen Kurses" gehe "schlichtweg an den Menschen vorbei", schreibt er in einem sechsseitigen Thesenpapier, das er just vor der Sitzung unters Volk streute.

SPD-Fraktionschef Struck sagte der Welt am Sonntag: "Die starre Bindung der FDP an die CDU wird lockerer werden und sich am Ende ganz auflösen, je intensiver in Hamburg klar wird, dass die CDU die FDP nicht braucht." Struck rechnet damit, dass sich die Parteienlandschaft bis zur Bundestagswahl 2009 nicht mehr ändern wird. Für die Bundestagswahl 2009 erwartet er ein Sechs-Parteien-Parlament mit fünf Fraktionen. "Es werden also nicht mehr die Lager Schwarz-Gelb gegen Rot-Grün stehen. Stattdessen ist vielleicht Schwarz-Gelb-Grün möglich oder Rot-Gelb-Grün. 2009 zählen die Inhalte."

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