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ParteiLinke machen sich an die Arbeit

Auf ihrem Parteitag am Samstag wollen die Sozialisten über prekäre Beschäftigung debattieren. Die Genossen sorgen sich auch um die Zukunft ihres bedrohten Lieblingsvorhabens: des Vergabegesetzes.

Sollen diese Arbeiter einen MIndestlohn bekommen? Das hängt auch vom Vergabegesetz ab, das der Europäische Gerichtshof gestoppt hat. Bild: AP

Es sollte eines der sozialen Vorzeigeprojekte des rot-roten Senats werden: Das neue Vergabegesetz von Mitte März sieht vor, dass Unternehmen nur dann öffentliche Aufträge bekommen, wenn sie ihren Beschäftigten mindestens 7,50 Euro pro Stunde zahlen. Entsprechend groß war die Enttäuschung, als der Europäische Gerichtshof Anfang April ein ähnliches Gesetz in Niedersachsen kippte. Bundesländer dürften keine Tariflöhne vorschreiben, urteilten die Richter. Damit droht auch der Berliner Regelung ein jähes Ende.

Wie kann man die verbleibenden Spielräume nutzen, um Mindeststandards wenigstens in Teilen durchzusetzen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich die Linken auf ihrem Landesparteitag an diesem Samstag in Lichtenberg beschäftigen werden. Die Bundesregierung müsse die EU-Kommission zum Handeln auffordern, damit regionale Mindestlöhne in Zukunft nicht mehr rechtswidrig seien, sagte Landeschef Klaus Lederer zur taz. Sein Parteikollege, der Wirtschaftssenator Harald Wolf, trug dieses Anliegen am Freitag auch im Bundesrat vor.

Nach Ansicht der Linken haben viele Beschäftigte keine Chance mehr auf existenzsichernde Arbeit mit guten sozialen Standards. Nach wie vor befinde sich die Gesellschaft in einer Abwärtsspirale, heißt es in dem Leitantrag des Parteitags, der die Überschrift "Gute Arbeit in Berlin" trägt. "Wir werden über verschiedene Facetten prekärer Beschäftigung debattieren", sagte Lederer. Die Stichworte: Scheinselbstständigkeit, Leiharbeit, Generation Praktikum.

Umso mehr loben die Linken den von ihrer Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner ins Leben gerufenen öffentlichen Beschäftigungssektor für Langzeitarbeitslose. Doch auch da gibt es noch viel zu tun: Ursprünglich sollten 10.000 Jobs geschaffen werden, zurzeit sind es nach Angaben einer Sprecherin gerade mal 1.133.

Zwei Bezirksverbände wollen auf dem Landesparteitag zudem Anträge stellen, in dem sie die Ablehnung des EU-Reformvertrags von Lissabon fordern. Ihre Kritik: Das Vertragswerk enthalte kein Bekenntnis zum Sozialstaat und begünstige in der Sicherheitspolitik weltweite Militärinterventionen.

Der EU-Reformvertrag steht am 23. Mai im Bundesrat zur Abstimmung. Wie sich das Land Berlin positioniert, ist derzeit noch unklar. Die rot-rote Koalition ist in dieser Frage gespalten. Die Sozialdemokraten wollen zustimmen. "Berlin war bislang immer gut beraten, in europäischen Fragen im Zusammenklang mit den anderen Ländern aufzutreten", hatte der Regierende Bürgermeister, Klaus Wowereit, Ende Februar im Abgeordnetenhaus gesagt.

Das wird so leicht nicht gehen. "Wir lehnen den Vertrag ab", sagte Klaus Lederer. Der Landesverband habe sich in dieser Frage klar positioniert. "Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Vergabegesetz zeigt, dass wir dafür gute Gründe haben." Können sich SPD und Linke nicht einigen, sieht der Koalitionsvertrag vor, dass sich Berlin im Bundesrat der Stimme enthält.

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