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Folgen der RezessionSozialausgaben steigen wegen Krise

Die Sozialkosten steigen - dennoch sieht Minister Scholz den Staat gut aufgestellt. Sozialreformen erteilt er dann aber lieber doch eine Absage.

Die Rentenversicherung ist krisensicher, versichert der Minister. Bild: ap

BERLIN taz | Die Bundesregierung rechnet aufgrund der Wirtschaftskrise für das Jahr 2009 mit einem Anstieg der jährlichen Sozialausgaben um 33 auf 754 Milliarden Euro. Das wäre der stärkste Anstieg seit 1996: Künftig würde jeder dritte in Deutschland erwirtschaftete Euro in die sozialen Sicherungssysteme fließen. Die Zahlen gab am Mittwoch Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung des neuen Sozialberichts bekannt.

Obwohl in diesem Jahr die Sozialleistungsquote - das Verhältnis von Sozialausgaben zu erbrachter Wirtschaftsleistung - auf 31,9 Prozent ansteigen und 2010 mit 32,4 Prozent einen neuen Höchststand erreichen dürfte, sieht Scholz den deutschen Sozialstaat als einen der "leistungsfähigsten der Welt". Sozialreformen erteilte er eine Absage. "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, aber ich gehe davon aus, dass die Wirtschaftslage besser wird", sagte Scholz. Mit einem daraus folgenden Rückgang der Arbeitslosigkeit werde auch der Anstieg der Sozialleistungsquote gebremst. Wann mit einer positiven Wirtschaftsentwicklung zu rechnen sei, wollte Scholz jedoch nicht prognostizieren.

Auch die Rentenversicherung sieht der Minister krisensicher. Im nächsten Jahrzehnt müsse es keine Anhebung des Versicherungsbeitrags von derzeit 19,9 Prozent geben. Erst ab 2020 sei mit einer Erhöhung auf 22 Prozent zu rechnen. Mit dem SPD-internen Streit über die Rentengarantie konfrontiert, wiegelte Scholz ab: "Ich soll ihnen von Herrn Steinbrück ausrichten, er ist für die Rentengarantie", so seine kurze Mitteilung. Finanzminister Steinbrück hatte die Rentengarantie zuvor kritisiert: Sie gehe zu Lasten der Jüngeren.

In puncto Arbeitslosenversicherung, die mit der Grundsicherung ALG II maßgeblich für die aktuellen sozialen Mehrausgaben verantwortlich ist, plädierte Scholz für eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über einen "konjunkturunabhängigen Beitragssatz". Es habe wenig Sinn, Beiträge kurzfristig anzuheben oder zu senken. Aktuell liegt der Beitragssatz bei 2,8 Prozent des Bruttolohns, 2010 soll er auf 3 Prozent ansteigen.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac forderte angesichts des Sozialberichts eine Vermögensabgabe für Spitzenverdiener zur Finanzierung der Krisenkosten.

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4 Kommentare

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  • W
    WaltaKa

    "Die Sozialausgaben steigen wegen der Krise".

    So schaut's aus. Manche Politiker und Medien verschweigen diesen Zusammenhang und reden nur von der 'Ausgabenexplosion' im Sozialsektor. Und mit dieser Drehung möchten sie uns vermutlich auf( dann natürlich unumgängliche) Kürzungen im Sozialbereich nach der Wahl vorbereiten.

    Zur Erinnerung, in den Zeiten der rot-grünen (ja, auch die Grünen waren dabei) Schröderregierung wurden wir mit einem für die Bundesrepublik bis dahin nicht denkbaren Stakkato an Begründungen für immer weitere sogen. Reformen, die im Prinzip zu einem massiven Umbau des bisherigen Sozialmodells BRD führten, überrollt. Jeder, der es wagte, für eine Atempause zu plädieren, wurde erbarmungslos diffamiert. Hartz 4, Niedrigstlöhne usw sind Überbleibsel dieser Zeit. Aber auch Kinder- und zunehmende Altersarmut ( allein unter Schröders rot-grüner Regentschaft verarmten 1 Million mehr Kinder. In 7 Jahren!).

    Diese Leute haben auch für eine Deregulierung der Finanzmärkte gesorgt. In den wenigen Jahren seither geriet auch Deutschland in die dadurch verursachte Wirtschafts- und Finanzkrise.

    Als Folge sind in der BRD immer mehr Menschen auf Hilfe aus dem Sozialbereich angewiesen.

    Sollten sich die Parteien nach der Wahl erdreisten, im Sozialbereich zu Kürzen, würden damit die Opfer dieser Politik die Verluste für die Reichen im Lande, die Banken und den Staat finanzieren.

    Wundert sich da noch jemand über den Ansehensverlust dieser Art gelebter Demokratie?

    Und wo sind jetzt diese Verursacher der Armut mit ihrer Armutserzeugungspolitik?

    Schröder, Fischer, Müntefering, Steinmeier, Westerwelle, Merkel, der Herr Sinn vom 'ifo- Institut', Ex-Finanzminister Eichel, die Initiative Neue Soziele Marktwirtschaft, usw...plötzlich tun alle so, als ob sie bis letztes Jahr nicht auf der Welt gewesen wären und mit ihrer eigenen Politik nichts, aber auch gar nichts, zu tun hätten. Mit dem Ergebnis ihrer Politik, massiv gesteigerter Armut in der BRD nämlich, schon gleich gar nicht. Die bösen Banker warens plötzlich...ganz allein...kein Wort von den Rahmenbedingungen, die die Politiker mit Eifer geschaffen haben.

  • G
    Gockeline

    Genau hier fängt das Dilemma der SPD an.

    Darum ist sie in der Klemme wie noch nie.

    Sie hat nichts mehr zu verteilen oder zu verschenken.

    Die CDU war die bessere SPD in der Verteilung von Geld.Darum war die SPD so still in der Koalition.

    Nun haben wir die Menschen in eine grauenvolle Abhängigkeit gebracht wo sie so schnell nicht mehr rauswollen.Der Staat bietet Sicherheit.

    Aber die Eigenverantwortung und Kreativität geht verloren.Das alles wieder abzubauen ist fast nicht möglich ohne Sozialkrieg.

    Einer schimpft auf den anderen als Schmarotzer.

    Der Staat muß schnellsten aus dieser Sitaion heraus.Er kann Steuern senken aber gleichzeitig alle Geldgeschenke und Subvensionen einstellen.

  • W
    WaltaKa

    "Die Sozialausgaben steigen wegen der Krise".

    So schaut's aus. Manche Politiker und Medien verschweigen diesen Zusammenhang und reden nur von der 'Ausgabenexplosion' im Sozialsektor. Und mit dieser Drehung möchten sie uns vermutlich auf( dann natürlich unumgängliche) Kürzungen im Sozialbereich nach der Wahl vorbereiten.

    Zur Erinnerung, in den Zeiten der rot-grünen (ja, auch die Grünen waren dabei) Schröderregierung wurden wir mit einem für die Bundesrepublik bis dahin nicht denkbaren Stakkato an Begründungen für immer weitere sogen. Reformen, die im Prinzip zu einem massiven Umbau des bisherigen Sozialmodells BRD führten, überrollt. Jeder, der es wagte, für eine Atempause zu plädieren, wurde erbarmungslos diffamiert. Hartz 4, Niedrigstlöhne usw sind Überbleibsel dieser Zeit. Aber auch Kinder- und zunehmende Altersarmut ( allein unter Schröders rot-grüner Regentschaft verarmten 1 Million mehr Kinder. In 7 Jahren!).

    Diese Leute haben auch für eine Deregulierung der Finanzmärkte gesorgt. In den wenigen Jahren seither geriet auch Deutschland in die dadurch verursachte Wirtschafts- und Finanzkrise.

    Als Folge sind in der BRD immer mehr Menschen auf Hilfe aus dem Sozialbereich angewiesen.

    Sollten sich die Parteien nach der Wahl erdreisten, im Sozialbereich zu Kürzen, würden damit die Opfer dieser Politik die Verluste für die Reichen im Lande, die Banken und den Staat finanzieren.

    Wundert sich da noch jemand über den Ansehensverlust dieser Art gelebter Demokratie?

    Und wo sind jetzt diese Verursacher der Armut mit ihrer Armutserzeugungspolitik?

    Schröder, Fischer, Müntefering, Steinmeier, Westerwelle, Merkel, der Herr Sinn vom 'ifo- Institut', Ex-Finanzminister Eichel, die Initiative Neue Soziele Marktwirtschaft, usw...plötzlich tun alle so, als ob sie bis letztes Jahr nicht auf der Welt gewesen wären und mit ihrer eigenen Politik nichts, aber auch gar nichts, zu tun hätten. Mit dem Ergebnis ihrer Politik, massiv gesteigerter Armut in der BRD nämlich, schon gleich gar nicht. Die bösen Banker warens plötzlich...ganz allein...kein Wort von den Rahmenbedingungen, die die Politiker mit Eifer geschaffen haben.

  • G
    Gockeline

    Genau hier fängt das Dilemma der SPD an.

    Darum ist sie in der Klemme wie noch nie.

    Sie hat nichts mehr zu verteilen oder zu verschenken.

    Die CDU war die bessere SPD in der Verteilung von Geld.Darum war die SPD so still in der Koalition.

    Nun haben wir die Menschen in eine grauenvolle Abhängigkeit gebracht wo sie so schnell nicht mehr rauswollen.Der Staat bietet Sicherheit.

    Aber die Eigenverantwortung und Kreativität geht verloren.Das alles wieder abzubauen ist fast nicht möglich ohne Sozialkrieg.

    Einer schimpft auf den anderen als Schmarotzer.

    Der Staat muß schnellsten aus dieser Sitaion heraus.Er kann Steuern senken aber gleichzeitig alle Geldgeschenke und Subvensionen einstellen.