: Kampf um den Integrationsbeauftragten
Die Union will das Amt für sich haben. „Das würde den Bock zum Gärtner machen“, meint der SPD-Politiker Edathy
BERLIN taz ■ Inhaltlich war das Thema Integration bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD schnell abgehakt. Ohne Probleme (siehe Text unten). Doch nun beginnt der erste Kampf der neuen Partner – um eine wichtige Personalie.
Wer die Nachfolge der bisherigen Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), antreten soll, lässt der Koalitionsvertrag offen. Klar ist nur, dass beide Parteien insgesamt jeweils gleich viele Beauftragte stellen. Integration, Aussiedler, Stasi-Unterlagen, Behinderte: Wer welche Zuständigkeiten erhält, müssen am Ende die Parteiführungen entscheiden.
Sowohl Union als auch SPD würden besonders gern das Amt der Integrationsbeauftragten besetzen, weil es hohe öffentliche Aufmerksamkeit garantiert. Der designierte Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) soll bereits Interesse bekundet haben, das Amt künftig an sein Ministerium anzugliedern. Beck arbeitete zuletzt im Familienressort. Auch CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach möchte das Amt Schäuble zuschlagen: „Da die Ausländerpolitik und weite Teile der Integrationspolitik beim Innenministerium liegen, halte ich es für sinnvoll, auch diese Stelle beim Innenministerium anzusiedeln.“ Dies wäre eine Premiere, denn seit Einführung des Amtes 1978 wurde es noch nie von Unionspolitikern bekleidet. Wenn es nach den Sozialdemokraten geht, soll das so bleiben. „Ich würde mir sehr wünschen, dass dieses Amt dem Arbeits- und Sozialminister zugeordnet und von uns besetzt wird“, erklärte der der innenpolitische Sprecher der SPD, Dieter Wiefelspütz: „Integration und Zuwanderung, das ist unser Herzblut.“
Der SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy äußerte „erhebliche Bedenken“ gegen einen Integrationsbeauftragten aus der CDU. Die Union habe „gegen fast alles, was in der Integrationspolitik an Fortschritten erzielt wurde, fundamentale Opposition betrieben“, sagte Edathy der taz. „Ich glaube nicht, dass es klug wäre, den Bock zum Gärtner zu machen.“ Stattdessen hat er einen eigenen Vorschlag: Lale Akgün. Die 52-jährige SPD-Abgeordnete aus Köln erklärte sich dazu bereit: „Ich kann mir das gut vorstellen“, sagte Akgün der taz und fügte hinzu: „Es wäre ein wirklich schönes Signal, wenn jemand mit meiner Migrationsbiografie das übernimmt.“ Akgün wurde in Istanbul geboren, kam mit neun Jahren nach Deutschland und hat in NRW unter anderem das Landeszentrums für Zuwanderung aufgebaut. LUKAS WALLRAFF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen