piwik no script img

Wahlkampf der SPDMünte hofft auf Klassenerhalt

Franz Müntefering wirbt in Hamburg und Husum um Stimmen für die SPD - im Wahlkampfendspurt für den Bundestag und den Landtag von Schleswig-Holstein.

Soviel Rückenwind: Franz Müntefering macht Wahlkampf im Norden. Bild: dpa

Franz Müntefering ist sich ganz sicher. "Es bewegt sich was", sagt der SPD-Parteivorsitzende. Seine Partei und er "verspüren Aufschwung" im Wahlkampfendspurt. Nach den optimistisch stimmenden drei Landtagswahlen am vorigen Sonntag sei deutlich, "dass Schwarz-Gelb kein Selbstgänger ist, weder im Bund noch in Schleswig-Holstein", sagte Müntefering am Freitag in Hamburg bei der Landespressekonferenz. "Wer im Sessel sitzt wie die Frau Merkel, muss da nicht sitzen bleiben", glaubt er. Und wenn man wie die SPD "Null-eins zurückliegt", weiß Müntefering, "muss man eben zwei Tore schießen. Und entscheidend ist ja auf dem Platz."

Zum Beispiel auf dem Marktplatz von Husum. Dort steht Müntefering später am Nachmittag im stürmischen Westwind und ist richtig gut gelaunt. Es ist sonnig, aber stürmisch. "Mit soviel Rückenwind hätte ich doch nicht gerechnet", sagt der Parteivorsitzende. Und nimmt erfreut eine gestern veröffentlichte NDR-Umfrage zur Kenntnis, wonach der Vorsprung von Schwarz-Gelb auf einen Prozentpunkt Vorsprung zusammengeschmolzen ist. Die CDU mit 33 Prozent und FDP mit 16 kommen zusammen auf 49 Prozent; dem stehen SPD mit 24, Grüne mit 14, Linke mit 7 und der SSW mit 3 Prozent fast gleich stark gegenüber.

Und so steht Müntefering mitten in der Kreisstadt von Nordfriesland, der Heimat des CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und fordert, die Wähler sollten mit Carstensen genauso verfahren wie mit Dieter Althaus in Sachsen-Anhalt: abwählen. "Ich finde es ungeheuerlich, wie der mit verdienten Mitarbeitern umgegangen ist", sagt Müntefering und meint Carstensen. Ein Ehepaar von der nahe gelegenen Halbinsel Eiderstedt findet, der 69-Jährige könne selbst langsam mal abtreten. "Ich erwarte mir mehr Aussage als ,Unser Land kann mehr'", sagt der Mann.

Ralf Stegner versucht es. "Arbeitsplätze können wir durch den Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen", sagt der Spitzenkandidat der SPD im schleswig-holsteinischen Landtagswahlkampf. Und dass die Windenergie Vorrang haben müsse in der Energiepolitik, vergisst Stegner natürlich nicht zu betonen hier in Husum, dem Zentrum des Windanlagenbaus im nördlichsten Bundesland.

Mit Müntefering ist sich Stegner auch einig, dass der Pannenreaktor Krümmel stillgelegt werden müsse. "Atomkraft ist der falsche Weg", beteuern die beiden Sozialdemokraten. Und wegen der ungeklärten Endlagerung atomaren Mülls vergleicht Müntefering Atommeiler mit "einem Flugzeug ohne Landebahn".

Und auch in der Affäre um die HSH Nordbank und den 2,9-Millionen-Bonus für Bankchef Dirk Jens Nonnenmacher sind sich die beiden einig. "Das ist ein entscheidendes Thema hier", sagt der Parteivorsitzende, und der Spitzenkandidat verspricht: "Als Ministerpräsident werde ich dafür sorgen, dass Nonnenmacher die längste Zeit Bankchef war." Da freut sich das Publikum auf dem zugigen Platz, 900 Leute sollen es sein.

Weniger bewegt dürfte es am heutigen Vormittag im Miniatur-Wunderland in der Hamburger Speicherstadt zugehen. Um 11 Uhr werden dort Müntefering und Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, der im Wahlkreis Hamburg-Altona sein Direktmandat verteidigen will, das SPD-Diorama "Sonnendeck" in Augenschein nehmen. Europas größte Modelleisenbahnanlage hat allen Bundestagsparteien einen Quadratmeter zum Selbstgestalten angeboten. Offiziell eingeweiht werden sie zwar erst am Mittwoch, dennoch ist bereits bekannt, dass im Zentrum des SPD-Modells eine rote Backsteinbrücke einen Fluss überspannen wird.

Was auch immer die Sozialdemokraten damit ihren WählerInnen sagen wollen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!