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Homo-Ehe light in Österreich"Wie die Hunde"

Die neue Regelung für eingetragene Partnerschaften von Homosexuellen in Österreich befriedigt nicht alle. Kritiker vergleichen die neue Regelung mit einer "Hunde-Anmeldung".

Kritiker sprechen von einer "Hunde-Anmeldung" Bild: Les Chatfield - Lizenz: CC-BY

Die eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare, vulgo "Homo-Ehe", wird nächstes Jahr in Österreich möglich sein. Darauf haben sich die Regierungsparteien der großen Koalition im Wiener Ministerrat geeinigt. Beschlossen wurde eine Variante, die für die katholisch geprägte Österreichische Volkspartei (ÖVP) gerade noch machbar erscheint. Die Novelle soll noch vor Jahresende dem Parlament vorgelegt werden.

Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus. Während die Homosexuelleninitiative HOSI die Einigung grundsätzlich begrüßt, zöge das Rechtskomitee Lambda, das die völlige Gleichstellung mit der Ehe anstrebt, gar kein Gesetz einem schlechten Gesetz vor. Lambda-Vertreter Helmut Graupner sprach von einer "eingetragenen Diskriminierung". Die Eintragung am Bezirksamt sei "auf der Ebene einer Hunde-Anmeldung".

"Bisher war Österreich gemeinsam mit Polen und Griechenland Schlusslicht in Europa. Mit dem neuen Gesetz werden wir einen Platz im europäischen Mittelfeld schaffen", meinte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek von der sozialistischen SPÖ, die das Werk allerdings für unvollendet hält.

Denn für die Registrierung sind nicht die Standesämter zuständig, sondern die Bezirksämter in den Städten und die Bezirkshauptmannschaft auf dem Land. Auch Adoption wird nicht möglich sein, nicht einmal für den Fall, dass der Partner oder die Partnerin ein Kind in die Verbindung mitbringt.

Durchgesetzt hat sich damit wieder einmal die ÖVP. Innenministerin Fekter, die für ihre Partei verhandelte, erklärte, den Bürgermeistern auf dem Land sei das Standesamt nicht zumutbar gewesen.

Gar nicht geregelt wurde die Frage der Zeremonie. Der Gedanke an knutschende Männer vor dem Beamten jagt manchem Vertreter der ÖVP die Gänsehaut über den Rücken. Über Musik, Ringtausch, Küsse oder Dekoration verliert aber auch das geltende Eherecht kein Wort. Dem Gestaltungswillen ist daher Raum gegeben.

Für Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) hat die Standesamtfrage "nicht mit Symbolik allein, sondern auch mit Respekt und Würdigung lesbischer und schwuler Paare zu tun". Deswegen hofft sie, dass nachgebessert werden kann. Wo die SPÖ das Sagen hat wie in Wien, soll die Sache flexibel gehandhabt werden.

Pensionsrechtliche Ansprüche, Beistands- oder Unterhaltspflichten sollen denen von Ehepaaren angeglichen werden. Künstliche Befruchtung ist lesbischen Paaren verboten.

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3 Kommentare

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  • S
    schwester

    "Künstliche Befruchtung ist lesbischen Paaren verboten."

    Bitte, was?! Man will einer Frau vorschreiben, ob sie Kinder bekommen darf oder nicht, nur, weil sie lesbisch ist? Ist ja echt fast wie Sterilisierung bei Hunden. Zum Heulen.

  • D
    DiversityAndEquality

    Wann kapiert diese angeblich freiheitlich-demokratische Gesellschaft endlich, dass sexuelle Apartheid, festgeschrieben durch zweitklassige Rechtskonstrukte wie "Lebenspartnerschaft" o.ä. NIEMALS Gleichberechtigung sein kann???

     

    Wie lange noch werden homosexuelle Menschen und deren Partnerschaften wie Menschen und "Tatbestände" zweiter Klasse und damit faktisch wie der letzte Dreck behandelt???

     

    Verheerenderweise haben sich die bürgerlichen Teile der schwul-lesbischen Community auch in Deutschland auf diese "Logik" der sexuellen Apartheid bereitwillig eingelassen und finden auch fast zehn Jahre später nicht mehr aus dieser expliziten Festschreibung der Minderwertigkeit heraus!

     

    Gleichzeitig haben homophobe Einstellungen gerade unter jungen Menschen in den letzten Jahren wieder zugenommen, heteronormative Denkmuster und Gewalt sind auf dem Vormarsch, "schwul" und "Schwuchtel" sind zwanghafter Teil der Sprache männlicher Jugendlicher geworden, die sich nach allen empirischen Daten (z.B. Vergleichserhebungen der BZgA) so unfrei fühlen wie noch nie seit Beginn entsprechender Erhebungen in den 70er Jahren, ihre homosexuellen Gefühle auszuleben.

     

    Diese "Strategie" der Selbsterniedrigung für ein bisschen zweitklassige Pseudo-"Akzeptanz", die Heteronormativität - ein psychisches Gewaltverbrechen an allen Menschen, die da eben nicht hineinpassen - letztlich weiter zementiert, ist durch und durch gescheitert. Und von einer breit angelegten Antidiskriminierungs- und Aufklärungspolitik in Sachen sexueller Vielfalt sind wir dementsprechend in Deutschland so weit entfernt wie in kaum einem anderen Land der "alten" EU.

     

    Ich verlinke hier mal einen Artikel, der deutlich macht, was in anderen Ländern diskutiert und bereits politisch umgesetzt wird - vielleicht kann sich die @taz daran mal ein Beispiel nehmen und Heteronormativität endlich als das Verbrechen benennen, das es ist und an dessen äußerstem Ende auch in Deutschland immer häufiger rohe, körperliche Gewalt steht:

     

    http://www.independent.co.uk/opinion/commentators/johann-hari/johann-hari-violence-against-gay-people-can-ndash-and-must-ndash-be-stopped-1814143.html

  • A
    atypixx

    Wäre die CDU unter Merkel nicht zu solcher Beliebigkeit "erblüht", wäre das österreichische Modell auch in Deutschland ein gangbares Modell gewesen. Ich finde es gut, wie sie das geregelt haben.