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Plagiatsvorwurf gegen JungautorinHegemann verteidigt sich

Die gefeierte Jungautorin Helene Hegemann soll für ihren Roman "Axolotl Roadkill" aus einem Blog abgeschrieben haben. Sie selbst spricht vom "Recht auf Kopie".

"Von mir selber ist überhaupt nichts, ich selbst bin schon nicht von mir" (dieser Satz ist übrigens von Sophie Rois geklaut), so Hegemann über den Plagiatsvorwurf. Bild: mae ost/ullstein

Mit dem Erscheinen ihres Debütromans "Axolotl Roadkill" gilt die 17-jährige Helene Hegemann als literarisches Wunderkind. Die Exzesse der jungen Schulschwänzerin Mifti, Ende Januar bei Ullstein erschienen, wurden rasch zum Bestseller und von Kritikern als "Coming-of-age-Roman der Nullerjahre" gehandelt.

Doch nun sind Plagiatsvorwürfe gegen Hegemann aufgetaucht: Für ihre authentischen Drogenschilderungen aus dem Berliner Nachtleben soll sie sich großzügig aus den Texten des Bloggers Airen bedient haben. Der 1981 geborene Wirtschaftswissenschaftler und Technofan schreibt seit 2004 unter airen.wordpress.com Texte über das Berliner Nachtleben. Im Jahr 2009 erschien im kleinen Sukultur-Verlag sein Buch "Strobo". Der Blogger Deef Pirmasens listete jetzt auf der Seite gefuehlskonserve.de detailliert einige Textstellen auf, die beweisen sollen, wie dicht Textpassagen aus "Axolotl Roadkill" bei Airens Texten liegen und nachempfunden sind.

Er finde es grundsätzlich legitim, dass sich AutorInnen von anderen inspirieren ließen, sagt Pirmasens. Bei Hegemann nehme die Inspiration aber "Copy-Paste-mäßige Züge" an. Tatsächlich ist die Ähnlichkeit zwischen beiden Texten an einigen Stellen frappierend. "Ich habe Fieber, Koordinationsschwierigkeiten, ein Promille im überhitzten Blut …" heißt es bei Hegemann. Bei Airen: "Ich habe ein Grad Fieber sowie ein knappes Promill Alkohol im überhitzten Blut." Nicht nur einzelne Wendungen hat Hegemann übernommen, ganze Handlungsstücke aus "Strobo" tauchen in "Axolotl Roadkill fast unverändert wieder auf. So schreibt Hegemann: "Ich mache drei Schritte nach vorn und knalle rückwärts gegen irgendeinen sich im öffentlichen Raum befindlichen Werbeträger von Langnese. Ich drehe mich um und knalle rückwärts gegen einen grobporigen Typen in grünen Klamotten. Er [der Polizist] setzt mich in ein Taxi …" In "Strobo" liest sich die Passage so: "Ich steige aus, mache drei Schritte nach vorn und pralle rückwärts gegen die Bahn. Dann stehe ich auf, mache drei Schritte nach vorn und pralle rückwärts gegen die Bahn. Schließlich kommen zwei so grobporige Bahnbullen und verfrachten mich in ein Taxi."

Helene Hegemann hat inzwischen Stellung zu den Vorwürfen genommen. Sie entschuldigt sich für ihre Gedankenlosigkeit, verteidigt ihr Vorgehen aber als legitim. Sie habe eben einen Nullerjahre-Roman mit den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts geschrieben, "also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation".

Ihr Verlag vertritt in der Urheberrechtsfrage die traditionelle Position. In einer zeitgleich verbreiteten Erklärung von Ullstein heißt es, Hegemann hätte ihre Quellen deutlich kennzeichnen und Zitate vom Urheber genehmigen lassen müssen. Ullstein bemüht sich nun beim Sukultur Verlag um eine nachträgliche Genehmigung. In der zweiten Auflage von "Axolotl Roadkill" wird der Blogger Airen auch in die Liste der Danksagungen am Ende des Buches aufgenommen. Ob ihm das genügt, ist noch offen.

Auf gefuehlskonserve.de geht derweil die Suche nach weiteren Inspirationsquellen von Helene Hegemann weiter. Auch einen Songtext der Band Archive soll Hegemann, ins Deutsche übersetzt, ungekennzeichnet übernommen haben. Plagiat oder Sample, wie man dies ähnlich von der elektronischen Musik her kennt? Ein Text der neu eingebettet auch etwas ganz Neues ergibt?

In der Literatur gilt dies bislang doch eher als Frevel, der mit Ächtung der Autorin und schlimmstenfalls mit eingestampften Auflagen enden kann. "Originalität gibts sowieso nicht, nur Echtheit", schreibt Hegemann in ihrer Erklärung. Dieses trotzige Statement einer mit der Remix-Kultur aufgewachsenen Autorin könnte schon ihr Ende sein - oder der Auftakt für eine neue Urheberrechtsdiskussion im Literaturbetrieb.

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40 Kommentare

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  • AI
    alf igel

    Vielleicht bin ich zu technokratisch eingestellt, aber ich finde, man sollte hier die Mittel und Möglichkeiten von Stylometrie und forensischer Linguistik zur Anwendung bringen, um die Urheberschaft von Frau Hegemanns Werk tatsächlich zu klären. Einfach mal Fakten schaffen anstatt zu spekulieren.

  • T
    Titel

    Um die Sache mal umzudrehen: Ist es nicht eine gute Nachricht, dass das Internet eine Art Kontrollfunktion übernimmt? Das journalistische Feuilleton ist auf die “Anleihen”, die Hegemann genommen hat, gar nicht aufmerksam geworden - kann es auch gar nicht, denn für eine solch ausgiebige Recherche, die nur auf einem unscharfen Verdacht basiert (”die hat dafür noch nicht genügend Lebenserfahrung gesammelt”), hat der Kulturjournalist gar keine Zeit. Nun hat ausgerechnet ein kritischer Blogger die Quellen aufgedeckt - ein Teil jener Community, die sonst unter Generalverdacht steht, Copyrights zu missachten und schamlos Copy’n'Paste zu betreiben. Für mich zeigt sich hier, welche Vorteile es hat, wenn jeder gleichberechtigt im Netz veröffentlichen darf: Blogger neben Journalist. Das Blog wird die Zeitung nicht ablösen, aber ergänzt sie aufs Beste!

     

    Hegemann ist übrigens nicht nur Autorin, sondern hat mit ihren 18 Jahren auch schon vor der Kamera gestanden - habe sie kürzlich in Deutschland 09 ( http://www.moviepilot.de/movies/deutschland-09 ) gesehen.

  • C
    clemens

    So dumm muss man sich erst einmal anstellen. Der Vater bestellt die Original-Buchvorlage bei amazon und gibt als Lieferanschrift die Adresse seiner Tochter an. Dass so etwas einem Subkulturverlag auffällt, der nur ab und an eine Bestellung über amazon erhält, ist unvermeidlich. Wenn man schon klaut, dann doch bitte so, dass man anonym im Buchladen um die Ecke bestellt.

     

    Auch die Gesichter der Feuilletonisten würde ich nun gerne sehen, die einen irren Hype um die ach so authentische Stimme der Jugend entfacht haben.

  • P
    Piet

    "Urheberrechtsexzesse"?

     

    Wie ungeheuer rebellisch und aufmüpfig von diesem frechen, kleinen Bürgerprinzeßchen!

  • OD
    Olivier Djappa

    Wie sich hier alle an den barbarischen Wilkürakt namens Eigentum klammern ;) Geistiges Eigentum? Was soll das sein? Kann man Gedanken, Ideen oder Melodien irgendwie einsperren oder auf ein Schweizer Nummernkonto transferieren?

  • T
    tazitus

    Künftig werden ganze Romane mit der copy&pest-Taste "geschrieben".

  • T
    tazitus

    Helenismus oder "Der Raub der schönen Helena".

  • L
    lokalreporter

    der freiburger neurologe jörg janzer erhebt ebenfalls plagiatsvorwürfe gegen helene hegemann. hier seine rundmail [u.a. an mich] und das schreiben an die autorin.

     

    Liebe Helene Hegemann,

     

    halten Sie es fuer moeglich, dass es sich bei Ihrem Roman Axolotl Roadkill um ein aus meinen ROMANOIDEN "Fleischesfleisch" und "MENS - in der Stille der herrenlosen Gedanken" zusammengeschustertes Plagiat handelt? Ich schon.

     

    Ich will Ihnen erklaeren, warum - bzw. warum vielleicht auch nicht:

     

    Es geht mir nicht darum, dass Carl Hegemann meine beiden oben angefuehrten Werke seit 1993 kennt - ich hatte sie Ihm seinerzeit aus Anlass meiner Volksbuehne-Performance "Papsthoden Geschminkt" durch Annika Krump zukommen lassen - so dass Ihnen diese durchaus einmal beim Durchforsten der vaeterlichen Bibliothek in die Haende gefallen sein koennten. Es geht mir vielmehr um die Frage, wie es - unter dem Aspekt, dass Sie meine beiden Buecher vielleicht tatsdaechlich nicht kennen - moeglich ist, dass Axolotl Roadkill gleichwohl einen mit meinen Romanoiden praktisch identischen SOUND aufweist.

     

    Um dies zu beweisen, moechte ich Sie zu einem Experiment herausfordern: Ich mache jede Wette, dass wenn wir vor einem literarisch gebildeten Publikum, das weder Axolotl Roadkill noch Fleischfleisch kennt, wechselseitig eine Montage aus beiden Buechern lesen wuerden, kaum jemand in der Lage waere, sicher zu sagen, wer von beiden der Autor war. Nehmen Sie die Herausforderung an und lassen sie uns das in einem kleinen Kreise einmal ausprobieren.

     

    Als ich die Rezensionen ueber Axolotl Roadkill las, klang das fuer mich, als habe ich gerade eine Wuerdigung der literarischen Struktur von Fleischesfleisch bzw. MENS gelesen. Immerhin war sich die Journaille ja einig, dass Ihr Werk einerseits zwar ziemlich dreckig, d.h. schockierend sei, andrerseits aber formal so bahnbrechend, dass jeder literarische Newcomer sich ab sofort daran messen lassen muesse. Mir kam fast das Kotzen als ich das las, denn wenn ueberhaupt etwas literaturtheoretisch an etwas gemessen werden muss, dann Axolotl Roadkill an Fleischesfleisch. Und was die reinen Inhalte angeht, moechte ich behaupten, dass ich Ihnen hinsichtlich Schonungslosigkeit und Obszoenitaet der Darstellungen ohnehin in nichts nachstehe. Also, worum geht es? Es geht darum dass ich glaube, dass Sie, so wie Axolotl Roadkill angelegt ist, gar nicht anders schreiben konnten als ich in meinen Romanoiden. Bitte erlauben sie mir, das kurz zu erlaeutere:

     

    Wenn ich Ihr Buch richtig gelesen habe, handelt es sich dabei um einem Roman ohne einen Plot. Da wo es einen Plot gibt wird ja immer gestorben. Man koennte auch sagen: Kein Plot ohne Tote. Einschraenkend muss ich allerdings sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob Mifti am Ende nicht doch stirbt, oder ob das nicht vielleicht auch eine Traumsequenz ist? Egal. Wer wie Mifti in einer Art Epilog stuerbe, waere nicht innnerhalb des Romans gestorben, sondern danach.

     

    Als ich in den 80-er Jahren des verg. Jhrh. in Paris lebte und Fleischfleisch und MENS schrieb, ging es mir darum, einen weitgehendst dekonstruierten Roman vorzulegen, in dem nicht gestorben wird und der gleichwohl spannend, d.h. lesbar ist. Des Raetsels Loesung ist der Sound - der Sound selbst wird zum Plot - bei mir zugleich ein Rhizom. So habe ich geschrieben, so haben Sie nun geschrieben und so haben einige andere geschrieben wie z.b. auch der von Ihnen zitierte David Foster Wallace und die Frage ist somit nur noch, wer war oder ist der wahre Protagonist? Vielleicht Flaubert mit Bouvard et Pécuchet, oder Carl Einstein mit seinem Bebuquin - oder Artaud - oder Joerg Janzer - oder Helene Hegemann?

     

    Der dekonstruierte Roman klappt nur, wenn er auf intelligente Weise mit den Strukturen des konventionellen Romans spielt. Bei ihnen geht das so, dass auf S. 23 ploetzlich an voellig deplazierter Stelle ein vorgebliches Vorwort auftaucht, das allerdings einzig aus diesem Ueberschrift besteht. Bei mir taucht in Fleischesfleisch auf S. 8 vergleichbar unvermittelt wie paradox die Ueberschrift Handlung auf. In Axolotl Roadkill steht mitten auf S. 83 deutlich vom restlichen Text abgesetzt das Wort Filmriss. MENS - in der Stille der herrenlosen Gedanken endet mit dem Wort Filmriss - mitten auf der Seite. Ja, so schreiben wir, Sie und ich. Virilio laesst gruessen - totale Beschleunigung und Handlungsverdichtung. Bei Fleischesfleisch purzeln auch die Seitenzahlen durcheinander und sind die Woerter, wenn es denn sein muss, auch schon mal amputiert.

     

    Sie schreiben auf ihrer ersten Textseite am Ende des ersten Abschnittes "Frueher war das alles so schoen pubertaer hingerotzt und jetzt ist es angestrengte Literatur" Bei Fleischesfleisch klingt das so: "Ein Roman sollte geschrieben werden - sollte geschrieben werden". Das Wort Roman taucht dann auch auf im weiteren Verlauf immer wieder mitten im Text als Ueberschrift auf. Und damit es auch noch der letzte Idiot versteht, bezeichne ich meinen Roman am Ende als ROMANOID

     

    Der 2. Absatz auf S. 9 Ihres Buches beginnt wie folgt:

     

    Um 16 Uhr 30 wache ich orientierungslos in einen Bettbezug gewickelt auf und bin in allererster Linie von mir selbst gelangweilt. Ich kauere. Irgendwo laeuft

    mir zu Lorbeerkraenzen geflochtenes Blut aus dem rechten Ohr. Vor mir leuchtet etwas auf......

     

    Bei mir klingt das auf S. 3 von Fleischesfleisch so:

     

    Ich habe Bauchschmerzen. Liege auf dem Boden. Von irgendwo erreichen mich die Toene einer Raga. Mir ist schwindelig.

     

    Man kann auch beide Saetze auf wunderbare Weise ineinander verweben. Vielleicht so:

     

    Um 16 Uhr 30 wache ich orientierungslos in einen Bettbezug gewickelt auf und bin in allererster Linie von mir selbst gelangweilt. Ich habe Bauchschmerzen. Liege

    auf dem Boden. Ich kauere. Von irgendwo erreichen mich die Toene einer Raga. Mir ist schwindelig.

     

    Liebe Helene Hegemann, ich glaube ueberhaupt nicht, dass Sie von mir abgeschrieben haben. Und wenn Sie es getan haetten, waere ich Stolz darauf, denn ich bin der klassische Writers Writer.

     

    Wenn Sie gestatten, setze ich meine komparartistischen Fleischesfleisch-Axolotl-MENS-Studien spaeter noch fort.

     

    Seien Sie sehr herzlich gegruesst.

    Steigen Sie ein in den Diskurs.

    Lassen Sie von sich hoeren.

    Ihr

    Joerg Janzer.

  • HP
    helena peymann

    hallo welt, hier ist mein neuestes gedicht, mein vater meint, es sei voll toll:

     

    Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe

    so müd geworden, dass er nichts mehr hält.

    Ihm ist, als ob es zweitausend Stäbe gäbe

    und hinter zweitausend Stäben keine Welt.

    Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,

    der sich im allerkleinsten Kreise dreht,

    ist wie ein Dance von Kraft um eine Mitte,

    in der betäubt ein megagroßer Wille steht.

    Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille

    sich stumm und still auf -. Dann geht ein Bild hinein,

    geht durch der Glieder stressige Stille -

    und hört im Herzen auf zu sein.

  • G
    Ganesh

    Schön, dass der Irrsinn namens Urheberrecht eine weitere Gegnerin gefunden hat. Was die taz aus der Erklärung zitiert, genießt meine volle Zustimmung!

     

    ... was mir aber nicht schmeckt ist, dass die mit dem Buch offenbar Geld verdienen will und sich dafür just dieses Urheberrechts bedient... Ihren Äußerungen zufolge müsste sie das Buch jetzt als CC veröffentlichen oder zumindest öffentlichkeitswirksam auf einem Toorent-Tracker zur Verfügung stellen...

  • HF
    Hein Fintenberg

    Seltsam: Wenn man sich den Trailer zu "Torpedo" von Fräulein Hegemann anschaut, dann beginnt eben dieser ja gleichfalls mit einer Art Plagiat, denn der dort gezeigte "Muschi"-Witz kursiert ja schon seit Ewigkeiten genau so im Netz.

  • A
    Amaryllis

    "Auch die Gesichter der Feuilletonisten würde ich nun gerne sehen"

     

    Die werden keine Miene verziehen - und schon gar nicht sagen, hm... sollte man sich vielleicht noch mal genauer angucken, was literararisch wirklich dran ist an diesem Buch.

    Nein.

     

    Die werden bei ihrer Meinung bleiben, daß es ein grandioses Kugelblitzmeisterwerk sei - in der faz schon zu beobachten, wo es heißt, es sei nicht entscheidend, daß sie sich "bedient" habe, entscheidend sei, "was herausströmt".... woran erinnert mich das bloß....?

  • N
    Nachwuchsstar

    Mir kam es gleich seltsam vor, dass eine Siebzehnjährige so einen abgefuckten Shit verzapft. Wo soll sie diese Dinge denn erlebt haben? Während ihres crackgeschwängerten Lebens auf der Straße? in den Slums Brasiliens? Vor ihrem Aufenthalt in der Nervenklinik? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ihr gesamtes "Kunstwerk" ein süffiger Cocktail von allerlei anderen "Samples" ist. Dies ist doch nur die Spitze des Eisbergs. Ich finde schon, dass ein gutes literarisches Werk authentisch sein sollte. Und ich nehme einem Endzwanziger diese Erlebnisse nun einmal eher ab als einem Teenie.

  • M
    Mogli

    Wenn man es als, wie in der elektronischen Musik, samplen bezeichnen möchte, so sollte man auch beachten, dass musiker, die offensichtlich samplen dann auch angeben von welchem ORIGINAL sie gesampled haben. Dies sollte man dann auch bei ''gesampleten'' Texten machen.

    Streitereien um Copyright und Urheberrechte hin oder her... Die Originalität eines anderen Künstlers als seine eigene ausgeben halte ich schlichtweg für falsch und extremst respektlos, auch wenn die jetztige Medienkulturn einen Umbruch erlebt.

  • T
    Tee

    Was müssen die denn auch alle so jung sein? Hat Dostojewski die Brüder Karamasow mit 17 geschrieben? Oder Kafka das Schloss?

     

    In 20 Jahrn muss man sich dann grämen, wenn man mit 12 nicht entweder nen Bachelorabschluss in der Tasche oder einen beachtlichen Debütroman über das Berliner Nachtleben geschrieben hat oder was?

  • F
    fossibär

    Zitat: "Sie habe eben einen Nullerjahre-Roman mit den Vorgehensweisen dieses Jahrzehnts geschrieben, 'also mit der Ablösung von diesem ganzen Urheberrechtsexzess durch das Recht zum Kopieren und zur Transformation'."

     

    Mit Verlaub: Das wäre so, als ob jemand ne Bank überfällt mit der Begründung, er habe sich von dem ganzen Kapitalismusexzess durch das Recht zum Überfallen und Plündern abgelöst.

     

    Verlag wie Feuilletonisten und Käufer wurden hereingelegt. Der Verlag soll bitte das Buch vom Markt nehmen und sich mit der Frau und ihren Eltern meinetwegen zivilrechtlich streiten. Zur Diskussion um die Weiterentwicklung des geltenden Urheberrechts taugt das Theater nicht. Punktum.

  • S
    Schulz

    Sei beruehmt, egal wie!

     

    Setz Dich in die ehem. Adresse des Berliner Ullsteinverlages

    und schau die Fensterseite von AxelSpringer an,

    sieht aus wie eine Glasfahne.

     

    Nimm immer nur einen Satz (und den auch noch unkenntlich veraendert, verformt) aus irgendeinem Plagiat.

    Mixe, schuettle, hantiere damit, bis das ganze Dir

    gehoert und niemand anderem.

     

    Erst ab 50 setzt das Langzeitgedaechtnis ein,

    welches wirkliche Kindheit schildert.

  • KS
    kleiner Spinner

    Es erscheint mir ungeschickt, wenn eine Autorin Barthes' Theorie vom "Tod des Autors" derart wörtlich nimmt. Daneben gibt es noch einen Aspekt, der bei dieser hippen Copy-and-Paste-Lobhudelei untergeht: Airen hat diese Dinge da draußen in der Welt wirklich erlebt, hat darüber nachgedacht, und es war ihm ein Bedürfnis, davon zu berichten. Deshalb ist es Mumpitz zu sagen 'Was einmal gedacht wurde, kann auch ohne Kenntnis des anderen gedacht werden. Das ist ja gerade der Sinn von Sprache.'

     

    Ironischerweise ist es gar nicht lange her, dass Jaron Lanier in allen Medien mit der These vertreten war, dass “online culture is dominated by trivial mashups of the culture that existed before the onset of mashups". "It's as if culture froze just before it became digitally open, and all we can do now is mine the past like salvagers picking over a garbage dump." schrieb er. Und nun stochert Helene Hegemann in den Überbleibseln der Techno- und Clubkultur - der letzten Subkultur, die sich vor der Allgegenwart des Internet entwickeln konnte.

  • PE
    Prinz Eugen

    @ ein Leser: Sie haben 100% recht.

     

    Zitate und Quellen sind grundsätzlich anzugeben. Aber noch viel mehr: Hier soll ja Geld verdient werden: Der eigentliche Autor muss natürlich VORHER seine Zustimmung geben und die kan er sich etwas kosten lassen.

    Wenn irgendsoeine neue Pop-Kombo ein Lied aus den 80ern neu aufsetzt, dann müssen ja auch erst die Rechte dafür her. Von wegen copy-and-paste!

     

    Also: Lieber alte Klasiker und Werke echter Künstler lesen anstatt dem geborgten Werk eines Jugendlichen Aufmerksamkeit zu schenken. Aber ein neuer großer Roman sollte schon mal wieder in D entstehen. Man hat das Warten darauf wohl so satt, dass man neue "Wunderkinder" erfinden muss :-)

  • NB
    Nicht Bernd

    Haha, Koks von Trennwänden ziehen...na wenn das nicht so, hm, extrem authentisch ist... Na ich weiß nicht! So´n Kram hab ich vor über 30 Jahren schon gemacht (Mann, da fällts auf wie alt man schon ist) und heute manchmal auch noch. Und-mußte ich deswegen gleich ein Buch schreiben?

    Viel Rauch um nichts...

  • LW
    Los Wanderos

    @Torben: Nun, unsere junge, phänomenale Autorin hat sich nicht nur thematisch inspirieren lassen, sondern ganze Passagen fast wörtlich abgeschrieben. Das ist dann doch, "Urheberrechtsexzesse" hin oder her, nicht ganz redlich.

     

    Ich stimme allerdings zu, dass das Gesamtwerk des Maßstab ist, und da hat sie anscheinend einiges geleistet. Wenn der Rest nicht auch irgendwo gemopst wurde, dann Chapeau vor ihrer Sprache.

    Airen dürfte sich auch freuen, sein Roman findet nun auch Beachtung und vielleicht gibt's auch ein wenig Kohle für's Abgepinnte. Win-Win-Situation quasi.

  • J
    jojo

    an alle verteidiger "freier inspiration": für mich ist das problem nicht frau hegemann. das problem besteht darin, dass ein ganzer kulturbetrieb dahintersteckt. da gibt es einen autor, der keine aufmerksamkeit bekommt, aber frau hegemanns im kulturbetrieb mächtiger vater erkennt sofort, dass das, was der autor zu bieten hat, sich vermarkten lässt. aber nein: da wird keine reklame für den autor gemacht, da werden dessen ideen der eigenen tochter zur verfügung gestellt und die wird dann hochgeputscht.

     

    "geistiger" diebstahl geht hier unmittelbar in materiellen diebstahl über (glaubt mir: tochter hegemann bräuchte es nicht so dringend! ihr unterground-image ist GEKLAUT). früher nannte man sowas "ausbeutung" unter linken. (heute wird es als "förderung" benachteiligter frauen legitimiert.)

     

    vom diebstahl verdienter anerkennung rede ich nicht mal...

  • EL
    Ein Leser

    Abgeschrieben oder nicht, das Werk ist sowieso dumm und überflüssig. Haben wa allet schon jehabt... Gepushter Hype des Feullitons für eine Bürgergöre mit intellektuellem Elternhaus. Jetzt ist die Blase geplatzt.

  • W
    wie überraschend

    eine "jungautorin", von der man noch nichtmal weiss, wo sie all das, was so bejubelt wird erlebt haben will und die (zuletzt in der zeit) in interviews den eindruck eines in jugendlicher selbstüberschätzung und holöen sprüchen gefangene teenagers hinterlässt, wird vom feuilleton hochgejubelt (wie alle paar jahre), ohne dass sich irgendeiner der lobhudler auch nur ansatzweise des kritischen verstandes bedient.

     

    nachdem nun rauskommt, dass es mit den ach so authentischen erfahren nicht sonderlich weit her ist, gibt es da kritische breichte über die jeder journalistik hohnsprechenden jubelarien?

    nix da, die autorin, eben noch in den himmel geschrieben, bekommt das fett weg, weil wieder mal ach so sophisticated journalisten an der nase herumgeführt wurden.

     

    dass jugendlicher popularitätswunsch und der unersättliche rohstoff-bedarf des in selbstbefriedigung versunkenen feuilletons sich hier mal wieder getroffen haben, wird wohlweislich nicht thematisiert.

     

    und wir warten auf die nächste jugendliche neuentdeckung in ca 2 jahren ...

  • A
    Axel

    Na, dann werde ich demnächst auch mal wörtlich bei ihr abschreiben, mal sehen wie locker sie, ihr Vater und der Verlag das dann sehen. Ich möchte halt auch nur "Regie führen und samplen".

    Dieser Hype um eine 16 Jährige mit ihren angeblichen Erfahrungen, die sich jetzt als von anderen geklaut, ähmm - sorry "gesampelt" herausstellen, war mir von Anfang an suspekt.

    Inzwischen kommt raus, dass sie auch bei anderen "gesampelt" hat.

  • R
    robert

    bin zwar auch kein fan den aktuellem urheberrechts under der bestrebungen gewisser verlage in dieser hinsicht, aber in diesem fall stößt es mir doch übel auf, wenn da jemand so eindeutige passagen aus einem anderen werk nimmt und nicht einmal so viel anstand beweist, darauf irgendwie zu verweisen. in der wissenschaft ist sowas üblich.

  • MV
    Matt von Damon

    Dass der erste Hype des neuen Jahrzehnts ein "Copy & Paste"-Gerotze ist, kommt mir irgendwie symptomatisch für unsere Zeit vor. Und ich dachte in den 90ern und 00ern schon, unerträglicher als Kracht, Stuckrade-Barre und Lebert (war da nicht auch immer was mit einflussreichen Eltern, ich bin gerade zu faul zu googeln ?) gehe es nicht mehr.

  • H
    hinrich

    kennt ihr solche Momente wo euch ein Witz einfällt und ihr findet den total komisch, und ein halbes Jahr später wird er igendwo als Brüller erzählt- von jemand anderem, wildfremden. Ich bin z.B. restlos überzeugt davon, dass der Witz mit der groben, fetten (Leberwurst), die leider heute Berufsschule hat, von mir stammt. Ich schwör bei allem. Überweist mir jemand Geld dafür?

  • P
    peace

    armes, reiches mädchen... erst 17 und shootingstar im literatur-himmel und jetzt das... wenn wundert es eigentlich? abschreiben, kopieren, sharing, illegal downloading etc. gehören doch zum alltag der generation dsds/ popstar und co.... pech für die, die das buch der jungen möchtegern-autorin geklaut/ pardon, gekauft haben... doch nichts neues, doch nichts aufregendes...

  • H
    hessebub

    Viel wichtiger als das eher harmlose Plagiat, das den Roman weder besser noch schlechter macht, ist die Einsicht, dass immer noch wichtiger ist WER schreibt als WAS geschrieben wird. Frau H. hat halt familiär die passenden Kulturconnections um bei Ullstein überhaupt gehört zu werden, während ihr "Vorbild" ungewhört in der Subkultur verschwand. Das Zigarettenfoto ist übrigens megapeinliches Cliché. Ich und Godard oder was?

  • M
    Meinname

    "Originalität gibt's sowieso nicht, nur Echtheit."

     

    Och ne, was für ein billiger Rechtfertigungversuch. Immer wieder erstaunlich, wie Kritiker sich von solch hipper Möchtergern-Authenzität beeindrucken lassen. Man lasse ein Teenager-Mädchen in vulgärer Fäkalsprache über Drogen, Sex oder ähnliche (vermeintliche) Tabuthemen sinnieren (a la der total abgefahrenen, coolen Charlotte Roche) und dann möglichst noch hipp mit Fluppe und bedeutungsvollem Gesichtsausdruck für die Presse posieren, und schon ist die Kritikerschaft verzückt. Etwaige Plagiatvorwürfe lassen sich später leicht mit hippen Sprüchen a la " Orginalität existiert sowieso nicht" entkräften.

  • K
    Krampe

    Mir riecht das stark nach Trittbrettfahrerei; ein erfolgloser Roman springt auf die Welle eines erfolgreichen mit Hilfe eines angeblich entlarvenden, aber in Wirklichkeit nur denunzierenden, weil rigide Copyright-Ansichten vertretenden Blogs.

    Der einzige Fehler des Verlages war der penible Kotau vor der David-Foster-Wallace-Passage, das macht angreifbar.

     

    Ich bin nicht der Meinung, dass Romane nach den gleichen Prinzipien geistiger Befruchtung wie akademische Werke funktionieren sollen.

  • S
    Stefan

    Peinlich, peinlich...

  • M
    Martin

    Die ganze Story ist doch bei Californication geklaut, bloß nicht so unterhaltsam.

  • V
    valle

    oh die cyber-techno-neoÖkonomie regt mal wieder zähneknirschend ihren digitalisierten Schädel - aus den sümpfen der berghain toiletten kommen jetzt die patentrechtlichen Urheber der letzte-hype-Methode koks in den toiletten zu ziehen nur um der neuesten Verräterin den Kopfabzubeissen: wie wagt sie es - ich hab schon koks von trennwänden gezogen als sie noch in windeln war....wenn sonst nicht sauber genug ist dann halt auf trennwänden.

     

    Urheberrecht ist also auch in der so scheinbar underground berliner techno szene thema vorallendingen wenn es jemand für sich zu nutzen versucht die arme hegeman hat in ihrer sicherlich kurzen minimal-karriere warscheinlich einfach ein paar sachen aufgeschrieben - wie es soviele Technoheads/ Berghain gänger machen um sich selbst zu verwirklichen nach so vielen einflüssen muss man auch seinen ausgleich haben.

     

    die leute sind einfach oft sehr kreativ aber ich finde einfach die HASSER in ihrem umfeld einfach abscheulich.

     

    bitte lasst ihr ihren wohlverdienten erfolg und zieht euch nicht gegenseitig runter.

     

    quit hatin' ..........clementine!!

  • QI
    Qual I. Tät

    Kippe, vernebeleter Blick, die holde Weiblichkeit, ein wenig den Rausch beschreiben, Jugend, trendige Aufmachung, fertig ist die Bohemian-Gartenlaube.

     

    Dass das Ganze abgekupfert ist, unterstreicht nochmal die eigentliche Lächerlichkeit.

     

    Und es soll auch Leute geben die so einen Schrott lesen. Ich zieh mir auch mal gleich ne Leine von der Toilettentrennwand *an den kopf fass* - wie einfallsreich.

     

    Mit viel Gelächter, ein Liebhaber von solchen Nachrichten

  • O
    oh-hupe

    Hi All

    Die Beispiele sind entweder schlecht ausgesucht oder einfach nicht relevant genug um einen Plagiatsvorwurf zu begründen.

    Die Sonne stieg hinter den Bergen auf.

    Das gleißende Licht der Morgensonne brach über die Gipfel. (argh)

    Langsam kroch das Morgenlicht über den Kamm.

    Scharf trennten die Strahlen der Sonne die Bergkuppe vom nächtlichen Dunkel.

    Eine Woge ersten Lichtes schwappte träge über die schneebedeckten Gipfel.

    Wenn jetzt noch jemandem, hinter den Bergen ein Licht aufgeht, hat er es schwer darüber zu schreiben. (7 Zwerge) Je mehr Literatur geschaffen wird desto!

  • T
    Thomas

    Was einmal gedacht wurde, kann auch ohne Kenntnis des anderen gedacht werden. Das ist ja gerade der Sinn von Sprache.

     

    Ein Copyright auf Formulierungen und Worte ist der absolute Irrsinn.

     

    Vielleicht sind die beiden vorherigen Sätze schon einmal in Deutsch oder in einer anderen Sprache gedacht worden. Ich bitte vielmals um Entschuldigung.

     

    Das Copyright wie auch das Urheberrecht werden gefährlichen Unterdrückungsmöglichkeiten der offenen Gesellschaft.

     

    Bald kommt die Gedankenpolizei. HILFE

     

    Gruss von

    Sklave der BRD

  • T
    Torben

    Es haben also zwei Menschen ein und dasselbe Thema aufgegriffen und künstlerisch bearbeitet. Einer war "zuerst" da und inspirierte mit seiner Arbeit eine weitere Künstlerin. Ist doch in doppelter Hinsicht wunderbar, welch höhere Wertschätzung kann ein Werk denn erfahren, als aufgegriffen und variiert zu werden?

     

    Konstrukte wie Urheberrecht und Geistiges Eigentum sind mir egal (wir stehen alle auf den Schultern von Riesen), spannend finde ich vielmehr, ob einer der Romane als rundum gelungener bezeichnet werden kann und der andere sich somit als redundant überlebt hat, oder ob sich beide auf sehr originäre Weise dem Thema genähert haben.

     

    Ideenaustausch gefällt mir, hat so was Menschliches und wir stehen schließlich alle auf den Schultern von Riesen.

  • C
    clementine

    So dumm muss man sich erst einmal anstellen. Der Vater bestellt die Original-Buchvorlage bei amazon und gibt als Lieferanschrift die Adresse seiner Tochter an. Dass so etwas einem Subkulturverlag auffällt, der nur ab und an eine Bestellung über amazon erhält, ist unvermeidlich. Wenn man schon klaut, dann doch bitte so, dass man anonym im Buchladen um die Ecke bestellt.

     

    Auch die Gesichter der Feuilletonisten würde ich nun gerne sehen, die einen irren Hype um die ach so authentische Stimme der Jugend entfacht haben.