"iPad"-Konkurrent "WePad" vorgestellt: Die Show des Schaugeräts
Die Berliner Firma Neofonie präsentiert WePad, ein Konkurrenzgerät zu Apples iPad. Wie es funktioniert, weiß niemand. Bei der Weltpremiere ist der Akku leer.
BERLIN taz | Helmut Hoffer von Ankershoffen liest Geschäftszahlen vor. Danach eine Lobhudelei von seinem Geschäftspartner Intel. Schließlich bittet er Vertreter des Verlags Gruner + Jahr auf die Bühne. Und dann, als all der Pulk der Fotografen schon unruhig mit den Füßen scharrt, dann hält Helmut Hoffer von Ankershoffen das Ding in die Höhe. Das WePad. Das Gegenstück zum iPad des Weltmarktführers Apple. Hergestellt in Berlin. Das heißt, genauer gesagt, in Asien. Aber vermarktet von der Berliner Firma Neofonie. Und Helmut Hoffer von Ankershoffen, der Anzugträger mit dem Fünftagebart, geht unter im Blitzlichtgewitter.
Das Unternehmen war bisher allenfalls Insidern als Softwareentwickler bekannt. Ihr Geschäftsführer entwickelte damals, Ende der 90er-Jahre, in der grauen Vorzeit des ersten Internetbooms die Suchmaschine Fireball. Doch am Montagabend präsentierte er Hardware: den Tablet-PC WePad. Ein Gerät, wie das iPad, das Apple gerade in den USA auf den Markt gebracht hat. Ein Computer, mit dem man in erster Linie Texte lesen kann. Oder Filmchen schauen. Eins der Dinge, die Technikfans jetzt ganz unbedingt haben wollen.
Ausgerechnet das bietet nun ein kleines Berliner Unternehmen mit 170 Beschäftigten. Vor einem Monat wurde bekannt, dass es das WePad geben soll. Heute hat das Gerät schon über 12.000 Fans auf der Internetplattform Facebook. Internationale Zeitungen berichteten. Nur in den Händen hatte das WePad noch niemand, lediglich Bilder kursierten.
Neofonie-Chef Helmut Hoffer von Ankershoffen ist hin und her gerissen. Der Name iPad fällt fast öfter als WePad". "Wir sind nicht der iPad-Killer", räumt er ein. Andererseits ist er überzeugt, dass das Jahr der Tablets begonnen habe und auch andere Geräte einen Markt finden. Dann beginnt er die Vorteile seines Geräts aufzuzählen.
Das WePad kommt ähnlich wie das iPad in zwei Versionen mit unterschiedlichem Speicherplatz und WLAN-Fähigkeit auf den Markt. Einfach kostet es 449, aufgerüstet 596 Euro. Die einfache Version des iPad kostet in den USA rund 370 Euro. Dafür hat das WePad USB-Anschlüsse, einen SD-Kartenschlitz, eine Webcam, ist kompatibel mit herkömmlichen UMTS-Karten und spielt Flash-Anwendungen wie zum Beispiel Youtube-Videos ab. Das iPad hat nichts davon.
"Offenheit, keine Barrieren, faire Bedingungen" sind laut Hoffer von Ankershoffen die Leitlinien für das WePad gewesen. Auf Apple-Produkten funktionieren in der Regel von Apple ausgewählte Programme. Und die Verlage hatten sich geringere Abgaben an Apple erhofft. Derzeit müssen sie 30 Prozent ihres Umsatzes, den sie über das iPad erwirtschaften, an Apple abführen. Neofonie will günstiger sein.
Der spiegelnde Bildschirm
"Die Fakten hören sich gut an. Aber ich würde das Gerät gern mal in der Hand halten", sagt Tech-Blogger Johannes Knapp. Das muss warten. Erst mal dürfen die Fotografen ran. Das Gerät ist nicht einfach zu knipsen, der Bildschirm spiegelt. "Können Sie den Bildschirm heller einstellen?", fragt ein Fotograf. "Nein, das geht jetzt nicht", sagt der Neofonie-Chef und packt das Gerät wieder zur Seite. Der Vortrag geht weiter.
Das WePad kann Ende April vorbestellt werden, erzählt er. Im Juli können ausgewählte Nutzer es testen. Spätestens im August soll es im Handel sein. 20.000 Vorbestellungen gebe es bereits, ein beachtlicher Vertrauensvorschuss. Wer genau die Geräte in Asien produziert, will er nicht sagen. Auch die Firma, die eventuell anfallende Reparaturen übernimmt, bleibt anonym. Und wie das Neofonie-Projekt finanziert wird, ist erst recht ein Geheimnis. "Ich rede heute nicht über Financials", sagte er, es handele sich jedoch nicht um Fremdkapital. Auch wie viele Stückzahlen Neofonie plant, blieb unklar.
Dann darf die Presse noch mal ran - für eine ausführliche Fotosession steht das einzige WePad im Raum zur Verfügung. Das Publikum darf das Gerät sogar anfassen, jedoch nicht ausprobieren. Der Tablet-PC sei gerade heute erst mit der Post gekommen, erklärte Hoffer von Ankershoffen. Er müsse erst aufgeladen werden. Deshalb läuft auf dem Gerät nur eine Filmdemo. Ob das Betriebssystem und die Anwendungen fürs WePad so funktionieren, wie Neofonie verspricht, kann also niemand sagen.
Probieren dürfen die Besucher nur das Obst, das zum Abschied gereicht wird. Es gibt Äpfel mit ausgeschältem "WePad"-Logo - ausgerechnet Äpfel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Solidaritätszuschlag in Karlsruhe
Soli oder Haushaltsloch
Belästigung durch Hertha-BSC-Fans
Alkoholisierte Übergriffe im Zug
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Habecks Ansage zur Kanzlerkandidatur
Pragmatismus am Küchentisch