Alternative zum iPad: Furcht vor der Apple-Macht
Die deutschen Verlage hadern mit Apple und fürchten, das iPad könne ihnen Kundenbeziehungen und die Hoheit über Inhalte nehmen. Eine Berliner Firma will's mit eigener Technik richten.
BERLIN taz | WePad statt iPad? Wenn es nach deutschen Großverlagen wie Axel Springer oder Gruner+Jahr geht, dann soll der lange erwartete Verkaufsstart von Apples Tablet-Rechner im April nicht die erste Markteinführung eines neuen digitalen Lesegerätes bleiben.
Das WePad, eine Entwicklung des Berliner Mediendienstleisters Neofonie, der unter anderem hinter den automatisierten Nachrichtenportalen nachrichten.de und netzeitung.de (früher journalistisch betrieben) steckt, soll eines von gleich mehreren Konkurrenzsystemen werden, auf denen sich Inhalte verteilen lassen.
So ließ sich auch Gruner+Jahr-Boss Bernd Buchholz auf seiner Bilanzpressekonferenz in der vergangenen Woche nicht einmal darauf ein, anzugeben, ob sein Unternehmen überhaupt auf das iPad will - eine WePad-Version des Wochenmagazins Stern ist dagegen geplant.
Die Apple-Verweigerung, die sich auch bei Springer und anderen Mitgliedern im Verband Deutscher Zeitschriftenverleger zu manifestieren scheint, könnte auf zwei Gründe zurückzuführen sein. Zum einen liefe die Bezahlabwicklung digitaler Zeitungen und Zeitschriften stets über den Computerkonzern, der damit auch die Kundenbeziehung in der Hand hält und jeweils 30 Prozent kassiert. Und zum anderen hat Apple in jüngster Zeit demonstriert, dass es auch Inhalte kontrollieren will und verbannte unter anderem leicht Erotisches aus seinem Angebot.
Fragt sich nur, ob die Nutzer bei der Konkurrenz zugreifen werden. Das WePad läuft mit Googles Handy-Betriebssystem Android, das sich bislang auf großen Tablets nicht durchsetzen konnte. Das 12-Zoll-Gerät ist zudem dicker und schwerer als das iPad, was Sex-Appeal kostet. Dafür beherrscht das WePad das von Apple nicht vorgesehene Flash für Videos und Animationen.
Bei Neofonie betont man, dass die Hardware nur ein Teil einer Gesamtlösung für Verlage sein soll. Man bietet eine ganze "Publishing Platform" an, die das Publizieren von digitalen Druckwerken selbst auf iPad und iPhone erlauben soll - dafür wird aus Flash-Programmen dann eine kompatible "App". Neofonie ist indes nicht der einzige Anbieter, der die Verlage mit neutralen Lösungen lockt: Bertelsmann und die Deutsche Telekom basteln ebenfalls an Plattformen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt