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NRW-SPD gegen große KoalitionNix geht mehr

Eine große Koalition wird es in Nordrhein-Westfalen nicht geben, eine Minderheitsregierung lehnt die SPD um Hannelore Kraft allerdings auch ab. In diesem Fall bleiben Neuwahlen die einzige Option.

Was ist da noch zu sagen? Bild: dpa

DÜSSELDORF rts | In Nordrhein-Westfalen werden auf absehbare Zeit keine stabilen politischen Verhältnisse herrschen. Der Landesvorstand der SPD erteilte Landeschefin Hannelore Kraft zufolge am Freitag in Düsseldorf der Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU eine einstimmige Absage. Der von der SPD geforderte Politik-Wechsel sei mit der CDU unter Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nicht zu machen, hieß es. Die SPD wolle diesen nun mit eigenen Gesetzesanträgen im Landtag anstoßen. Eine Minderheitsregierung mit den Grünen strebe sie dabei derzeit nicht an.

"Auf Basis der Sondierungen führen wir mit der CDU keine Koalitionsverhandlungen", sagte Kraft. Maßstab für eine Aufnahme solcher Verhandlungen sei für die SPD eine Veränderung der politischen Kultur, eine neue Politik im Bildungsbereich, eine Stärkung der Kommunen und ein Ende des Wegs in eine Gesellschaft mit immer mehr prekären Beschäftigungsverhältnissen sowie ein personeller Neuanfang. Dies habe sich mit der CDU nicht umsetzen lassen.

Führende Vertreter der SPD waren am Mittag noch einmal in Düsseldorfer mit der CDU-Spitze unter Rüttgers zusammengekommen. Eine Wende wurde dabei aber nicht mehr erreicht, berichtete Kraft. Es gebe weiter "zu viele Brücken, die im Nebel liegen", die Positionen der CDU seien nicht klar genug. Zudem hatte Rüttgers der SPD ein neues Gesprächangebot über die "Bild"-Zeitung unterbreitet, was Kraft als "Affront" kritisierte. Es entspreche nicht einem Wechsel der politischen Kultur, Gesprächsangebote über die Medien zu machen.

Die SPD wolle nun ihre Initiativen über den Landtag umsetzen. So wolle die Partei etwa auch zusammen mit der CDU Landeshilfen für Opel zustimmen. Auch wolle sie Initiativen zur Abschaffung der von CDU und FDP initiierten Studiengebühren starten.

Der Landesvorstand will am Wochenende in Regionalversammlung Reaktionen der Basis auf seine Entscheidung sammeln. Am Montag kommt dann in Dortmund der Parteirat der NRW-SPD zusammen, um den Beschluss abzusegnen.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte bei der Wahl am 9. Mai ihre Mehrheit verloren. SPD und CDU verfügen über je 67 der 181 Sitze im Landtag. Die CDU hat aber einige Tausend Stimmen mehr auf sich vereinigen können. Daraus leitete sie ihren Anspruch ab, im Falle einer Koalition mit der SPD erneut den Regierungschef zu stellen. Kraft hatte in den vergangenen Wochen vergeblich versucht, eine tragfähige Regierung auszuloten. Gespräche mit der CDU über eine große Koalition blieben ohne Durchbruch, Sondierungen von Rot-Grün mit der Linkspartei scheiterten bereits beim ersten Treffen. In der Nacht waren zudem die Gespräche mit Grünen und FDP über eine Ampel-Koalition in NRW geplatzt.

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15 Kommentare

 / 
  • EB
    Ein Brandenburger

    Der Journalist und Blogger Michael Spreng hat in seinem „Kommentar der Woche“ vom 21.05.2010 das Verhalten von Hannelore Kraft in den Sondierungsgesprächen ziemlich genau vorausgesehen.

     

    Hannelore Krafts “hidden agenda”

     

    http://www.sprengsatz.de/?p=3407

  • JK
    Juergen K

    Mir fehlt bislang

     

    der Kniefall vor den Menschen.

     

    Von der SPD und den Gruenen.

     

    Der K N I E F A L L

  • MM
    mensch meier

    Mal ehrlich: wie soll das denn erfolgreich sein ?

     

    1.

    Die Macht der Landesverwaltung wird völlig ignoriert.

    Die meisten wesentlichen Entscheidungen werden dort getroffen, und CDU-FDP bleiben deren Chefs.

    Das Parlament ist allein ja kaum handlungsfähig, hat naturgemäß kaum Personal, um vernünftige Gesetzentwürfe zu erstellen, etc.

     

    Also regiert Rüttgers praktisch.

     

    Gleichzeitig kann er die Verantwortung für jegliche Mißerfolge problemlos abschieben.

     

    Mürbe wird nicht Rüttgers, sondern die SPD!

     

    2.

    Die Initiative für Neuwahlen wird der CDU übertragen. So kann Rüttgers warten bis sich die Stimmung günstig entwickelt, die Vertrauensfrage stellen - und danach Neuwahlen ausrufen.

     

    Das ist strategisch einfach nur dumm für die SPD.

     

    3.

    Wer handelt, der wirkt kraftvoll.

     

    Die SPD muss nun klar sagen, dass sie keine Koalition auf die Beine stellen kann, und die CDU vor die Wahl stellen: entweder selbst eine Mehrheit erreichen oder Neuwahlen...

  • JS
    Jan Sebastian

    Neuwahlen! Ich habe meine Erststimme ebenfalls an die SPD vergeudet, was ich gerne korrigiert sehen möchte.

  • A
    AlexsZander

    Mal ehrlich, die einzige realistischen Optionen für eine Koalition nach der Wahl waren doch die große Koalition und rot-rot-grün. Wenn man eine politische Wende will kann man nicht auf die FDP setzen, außer man hat noch ein 30 Jahre altes Bild von der FDP im Kopf.

    Das man dann der Linken schon beim ersten Sondierungsgespräch eine Absage erteilt hat, ist schon vor dem Hintergrund der nur 2 realistischen Koalitionsoptionen schlichtweg Dummheit. Man hat sich damit nämlich in eine grässliche Verhandlungsposition hineinmanövriert.

    Wenn das nicht alles so verdammt bedeutsam wäre und bspw. die bildungspolitischen Entscheidungen über das Schicksal von ganzen Menschenmassen entscheiden würden, dann würd ich sagen: geschieht der SPD recht, dass jetzt nichts mehr weiter geht; aber so ist es einfach nur traurig.

  • J
    Jamaika

    Wieso redet eigentlich niemand über eine Koalition aus CDU/FDP/Grünen?

    Erfahrung im Regieren hat SchwarzGelb in NRW wohl die meiste und gepaart mit den Visionen der Grünen sehe ich hier den größten Nutzen für das Land.

    Ich denke das die SPD und die Spitze der Grünen hier persönliche Konflikte und Animositäten über das Wohl des Landes stellen.

    Wenn in diesem Land ein Führungsanspruch nicht mehr durch dem Gewinn von Mehrheiten sondern von der "Abwahl" des Gegners hergeleitet wird... arme Hanelore.

  • S
    Sebastian

    Man wählt solange bis das Ergebnis passt, armes Deutschland.

  • C
    Clara

    Die Linke steht weiterhin für Gespräche bereit, würde sich allerdings über eine weniger verächtliche Behandlung mit Sicherheit freuen.

  • W
    Wolf

    Hoch gepokert und entgegen dem Wählerverhalten nach Machtwechsel und einer LINKEN REGIERUNG völlig verzockt.

     

    Frau "Blondchen", Neuwahlen sind angesagt und kein

    taktisches "rumgezicke" !

     

    Bei der Desaster-Regierung und seinen unsozialen Sparpaketen im Bund hat das NRW-Blondchen eine große Chance doch noch Ministerpräsidentin zu werden, allerdings ohne DIE LINKE wird auch nach Neuwahlen nichts laufen.

  • S
    Seim

    Tja, wenn Neuwahlen anstehen. Wissen wir, wo die SPD steht. Noch mal zig Millionen für dämliche Wahlzettel rausschmeißen.... traurig.

     

    Wer sich einigen will, einigt sich auch.

  • V
    vic

    Wenn ich`s nur glauben könnte, würde ich sagen - gut so.

    Wer noch ein Fünkchen Sozialdemokrat in sich trägt, kann mit Parteien wie CDU und FDP nicht koalieren.

    Wenn sie jetzt noch die panische Angst vor der Linken abbauen, kann ja vielleicht noch etwas zu retten sein.

    Besser die Opposition anführen, zusammen mit Grün und Rot.

    Wobei ich mit rot die Linke meine, die SPD ist nicht rot.

  • M
    manne

    da gibt es seit monaten für die SPD die möglichkeit, in verschiedenen bundesländern eine regierung zu bilden und die SPD will einfach nicht verantwortung übernehmen. frau kraft hätte die verdammte pflicht, in NRW zusammen mit der Linken und den Grünen zu regieren. nur so kann die SPD-NRW im bundesrat für neue verhältnisse sorgen. jetzt will frau kraft freiwillig auf die oppositionsbank. was soll der wähler in NRW davon halten? warum hat die SPD solch eine angst vor den Linken? wenn die SPD so weiter macht, dann werden die Grünen nicht mehr als partner der SPD zur verfügung stehen.

    ich habe mal gedacht, nach gerhard schröder kann es nur aufwärts gehen. wie hab ich mich geirrt.

  • K
    keetenheuve

    die SPD ist eben nicht koalitions- und regierungsfähig.....

  • R
    Riin

    Neuwahlen! Neuwahlen! Jaaa!

    Ich möchte gerne meine Erststimme korrigieren, die ich leider (aus "Pragmatismus") der SPD gegeben hab.

     

    Aber... vielleicht läuft das Ganze auch eher auf sowas wie in Hessen hinaus.

  • R
    Roland

    Armer im Nebel stochernder taz-Journalist.

     

    Die Taktik ist ist doch so durchsichtig:

    Kraft lässt Rüttgers geschäftsführend weitermachen und will ihn durch Beschlüsse des Landtages (zusammen mit Grünen und Linken) z.B. zur Abschaffung von Studiengebühren mürbe machen, bis er aufgeben muss.

     

    Ob das so aufgeht und letztlich der SPD gut tut ?

     

    Ein taktisches Gekrampfe in Folge der Feigheit, mit der LINKEN eine Koalition zu bilden.