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Erfolgreiche SpendenaktionPunks und Skins dürfen bleiben

Das Archiv der Jugendkulturen ist gerettet. Von den 94.000 Euro, die ein Spendenaufruf brachte, stammen allein 21.000 Euro von Leserinnen und Lesern der taz.

So schön kann Jugendkultur sein Bild: Reuters

Danke, liebe taz-Leserinnen und Leser. Mit diesen Worten beginnt nicht nur dieser Bericht über die Rettung des vom Aus bedrohten Jugendarchivs in Kreuzberg. Ein herzliches Dankeschön richtete auch der Leiter des Archivs, Klaus Farin, an die LeserInnen der taz: Von den 94.000 Euro, die nach einem Spendenaufruf zusammenkamen, stammen allein 21.000 Euro von LeserInnen dieser Zeitung. Zuvor hatte die taz dem Archiv eine vierseitige "Soli-Beilage" gespendet.

Das Archiv der Jugendkulturen hatte im August Alarm geschlagen. Ohne eine institutionelle Förderung könne der Mietvertrag von 5.300 Euro monatlich für die 700 Quadratmeter großen Räume in der Fidicinstraße nicht für drei weitere Jahre verlängert werden, klagte Farin. Schon seit Längerem würden die 28 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen monatlich 1.500 Euro aus dem eigenen Vermögen ans Archiv spenden. Das Archiv der Jugendkulturen, das seine Arbeit 1998 mit der Sammlung von Flyern, Fanzines, Plakaten und Musik von Punks und anderen Subkulturen begonnen hatte, ist in dieser Form einzigartig in Deutschland.

Weil eine Förderung nicht absehbar war, hatten Farin und seiner MitstreiterInnen zuletzt die Gründung einer Stiftung ins Gespräch gebracht. "100.000 Euro sollten bis zum 31. Oktober gesammelt werden, um den zu diesem Zeitpunkt auslaufenden Mietvertrag verlängern und die Stiftung gründen zu können", erinnert Klaus Farin.

Seit Sonntag nun ist beides in trockenen Tüchern: Der Mietvertrag ist verlängert, die Stiftung wird gegründet. Darüber hinaus wird die Spendenkampagne bis Jahresende verlängert. Damit sollen nicht nur die fehlenden 6.000 Euro gesammelt werden. Zwei Mitarbeiter sollen dann auch einen 400-Euro-Job bekommen. Außerdem will das Archiv jungen Menschen die Möglichkeit bieten, ein freiwilliges soziales Jahr zu absolvieren.

Das Archiv der Jugendkulturen ist aus der Privatsammlung von Farin entstanden, der schon als Punk in Gelsenkirchen alles aufhob, was ihm szenerelevant erschien. Inzwischen beherbergt das Archiv 60.000 Medieneinheiten. Die MitarbeiterInnen organisieren Ausstellungen und Workshops für Schulklassen und klären Sozialarbeiter und Eltern über den feinen Unterschied zwischen den einzelnen Jugendszenen auf. Die Ergebnisse der Forschung werden in einer eigenen Buchreihe publiziert.

Neben Punk, Techno, Hiphop, Gothic und Emos gehören auch die Skins zum Gegenstand der Sammlung - ganz nach Klaus Farins Lebensphilosophie: "Wer sich auf die Realität einlässt, muss die beruhigende Eindeutigkeit aufgeben."

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4 Kommentare

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  • B
    Britt

    Das Bild einer brennenden Fahne mit einer Unterschrift "So schön kann Jugendkultur sein" zu versehen, empfinde ich als zynisch und geschmacklos. In Deutschland sollte es aus gutem Grund Zurückhaltung gegenüber dem Verbrennen von Symbolen geben. Eine Seltsam, dass ausgerechnet die taz, die sich bei anderen gern über mangelnde Sensibilität mokiert, immer öfter selbst diesem Trend verfällt.Der geistige Abstand zum öffentlichkeitswirksamen Verbrennen von Büchern und sogar Menschen ist hier nicht so weit, wie mancher wohlmeinende und sich selbst dem Lager der Guten zurechnende taz-Redakteur meinen mag. Einfach nur traurig.

  • WS
    Wendula Strube

    @Luisa

     

    Komisch, das ging mir genauso. Ich dachte, lies das mal, da haben endlich mal wieder ein paar Menschen begriffen, dass es diese Linke bei den Skins genauso gibt, wie die neutralen und die rechte Bewegung, aber nein, nichts davon im Text zu lesen. Ignoranz ist das, hier hätte doch die TAZ Aufklärungsarbeit leisten können, als bunte Journaille.

     

    Ansonsten finde ich es super, dass es dieses unabhängige Archiv geben darf. Das müsste eigentlich unterstützt werden, es ist doch eine Kulturbewegung, die da gezeigt wird und in 50 Jahren Geschichtsunterricht pur.

  • FN
    frei nach Heine:

    Dort wo Fahnen von politischen Parteien brennen, dort brennen auch bald Menschen.

  • L
    Luisa

    Im Titel hörte es sich fast so an, als ob die taz nach Jahren die Wirklichkeit erkannt hätte, dass ein Großteil der Skindheads links bis politisch neutral sind. Zum Schluss klingt es jedoch leider wieder so, als ob die taz denkt, dass Skinheads automatisch rechts sind.

     

    Schade, bin gespannt wie lange die taz noch braucht um sich von ihrer einfachen Weltsicht zu verabschieden und in der Realität anzukommen.