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Fachkräfte für DeutschlandVon der Leyen will kluge Köpfe

Arbeitsministerin von der Leyen (CDU) will die Hürden für qualifizierte Einwanderer senken, die CSU lehnt das ab. Die SPD spricht von "wolkigen Allgemeinsätzen".

Kluge Köpfe für Deutschland gesucht - aber nicht von allen in der Regierung. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Union ist weiter zerstritten in der Frage, ob Deutschland angesichts des drohenden Fachkräftemangels qualifizierte Einwanderer braucht. Während sich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Wochenende für die Senkung der Einwanderungshürden aussprach, lehnt die CSU Änderungen weiter ab.

"Wir müssen in der Zuwanderung konsequent umsteuern", sagte von der Leyen dem Tagesspiegel. Deutschland brauche dringend zusätzliche kluge Köpfe. Sie will daher einen Jobmonitor entwickeln, der für einzelne Regionen und Branchen einen drohenden Fachkräftemangel aufzeigen soll. Daraufhin könnten gezielt die Hürden für Einwanderer gesenkt werden, etwa durch den Wegfall der Vorrangsprüfung, bei der zunächst nach geeigneten deutschen Bewerbern gesucht werden muss.

Die Arbeitsministerin sprach sich zudem für eine Absenkung der Mindestverdienstgrenze aus. Derzeit kann, wer mehr als 66.000 Euro im Jahr verdient, unbefristet und ohne Hürden ins Land. Nur rund 640 Spitzenkräfte hätten 2009 davon Gebrauch gemacht, so von der Leyen. Laut CDU-Innenpolitiker Reinhard Grindel wären künftig 43.000 oder 44.000 Euro denkbar.

Widerstand kommt aus der CSU. "Die bestehende Einkommensgrenze von 66.000 Euro Bewerber ist völlig ausreichend", sagte Generalsekretär Alexander Dobrindt dem Hamburger Abendblatt. Er sprach sich dagegen aus, "die Schleusentore für Zuwanderung zu öffnen". Es gebe Regeln für die Zuwanderung Höchstqualifizierter. "Dabei muss es bleiben."

Einzig in der Ablehnung des vom Koalitionspartner FDP favorisierten Punktesystems seien sich CDU und CSU einig, sagte CDU-Politiker Grindel.

Ablehnung des Vorstoßes der Arbeitsministerin kommt nicht nur aus der CSU, sondern auch von der SPD. "Frau von der Leyen verliert sich in wolkigen Allgemeinsätzen", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles der taz. Wer so viel Kraft brauche, um die eigene CDU zu überzeugen, komme in der Sache nicht voran.

Nahles sprach sich gegen die Diskussion über die Absenkung der Mindestverdienstgrenze aus. "Die Einkommensgrenze wurde im letzten Jahr erst heruntergesetzt." Entscheidend sei aber, ob das Land attraktiv sei und sich eine echte Willkommenskultur herausbilde. Am heutigen Montag will Nahles nach taz-Informationen im SPD-Präsidium ein Positionspapier zum Fachkräftemangel vorstellen.

Die Grünen begrüßten die geplante Absenkung der Mindestverdienstgrenze. "Ich habe aber wenig Hoffnung, dass sich von der Leyen gegen die Abschottungsfetischisten in der Union durchsetzten kann", sagte Josef Winkler, Vizechef der Grünen-Fraktion im Bundestag, der taz.

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11 Kommentare

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  • RW
    Ralf Wünsche

    Richtig ist das Deutschland Zuwanderung benötigt für Demographie ! Aber das ist schon längst dafür zu spät und bei " Sarra - Faschisierung " sieht man ja die eine Heimat - Deutsche - Mehrheitsgesellschaft typische Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus pur !

     

    Fachkräfte benötigt aus dem Ausland benötigt dieses Land schon , aber auch dafür ist es im Grunde genommen zu spät.

     

    Genauso in irgendeiner Qualifzierung von derzeit

    Unqualifizierten oder bewusst Deklassierten über Jahrzehnte . Damalig galten diese im deutschen

    pervertierten Sprachgebrauch als " Pfaul " , dann mal wieder " Bildungsfern " , " am Flachbildschirm und an der Pulle nuckelnd auf Staatsknete " !

     

    All diese Potentiale hat man bewusst verschenkt so das der Niedergang als Nation und auch Wirtschafts-

    macht munter heiter weitergeht !

     

    So ist Deutschland ein Land im Stillstand , Nieder-

    gang dank nicht vorausschauender Wirtschaft und Politik !

     

    Armes Deutschland wie tief bist du gesunken !

  • C
    CoastWoman

    Wenn ich mir das Bild so anschaue, sucht unsere Regierung offensichtlich keine Deutschen als schlaue Köpfe.Armselig.

  • A
    Amos

    Qualifizierte Einwanderer aus dem Ausland? Warum qualifiziert man nicht hier? Weil die Industrie nicht will-, weil es billiger ist,Fachkräfte aus dem Ausland zu "importieren"? Weil die Industrie gesprochen hat und de Sache gilt? Van der Leyen ist ein Werkzeug des Kapitals und ein Teufel gegen die Armen hier im Land.

  • B
    Beobachter

    Mal ehrlich:

     

    Wer will schon in ein Land kommen, das eine derartige teils hasserfüllte Debatte führt.

     

    Ich würde es mir als Inder, Chinese oder insbesondere Akademiker aus einem islamischen Land derzeit zweimal überlegen, ob ich nach Deutschland komme, weil es hier ein sehr unfreundliches Klima gibt im Zusammenleben.

     

    Die Deutschen wollen nur Einwanderer, die wie sie sind: hellhäutig, europäisch-stämmig, möglichst optisch wie hier, sprich willkommen sind Einwanderer nur, wenn sie aus Ländern westlich von Deutschland kommen und wenn sie weiß (und christlich) sind.

  • K
    Kai

    Fachkräfte braucht das Land angeblich. Nun definiere doch mal endlich jemand: wer mit welcher Qualifikation in welcher Sparte ist "Fachkraft" und fehlt angeblich? Na, schon mal sowas gehört oder gelesen? Eben. Weiter: welche und wieviele so definierten "Fachkräfte" sind im Lande, hier geboren oder zugezogen? Wieviele von diesen einheimischen "Fachkräften" verlassen jährlich aufgrund der politisch/wirtschaftlichen (sinkende Löhne, z.B. Pflege!) Entwicklung dieses Land? Na? Und wieviele sogenannten Fachkräfte braucht dieses Land dann wirklich? Wieviele der so definierten Fachkräfte sind auf dem sogen. Arbeitsmarkt oder Hochqualifiziert in Warteschleifen? Eben. Die politisch/mediale Propagandawelle läuft. Ziel: Lohnsenkung.

  • B
    Badman

    Deutschland hat mehr als genügend "kluge Köpfe". Nur sitzt leider von denen keiner in irgendeiner Regierungsposition.

     

    Vielleicht sollten wir erst einmal fähige Politiker "importieren", die den Dienst am Bürger u. nicht an irgendwelchen Lobbys erfüllen.

     

    Solange die Intelligenz- u. Fachkräftereserven aus dem hiesigen Pool nicht geschöpft sind, benötigt dieses Land keine weitere Zuwanderung v. Arbeitskräften - die Politkaste, wie gesagt, mal ausgenommen!

     

    Ende der schwachsinnigen Diskussion!

  • B
    BayerischerStolz

    Die CSU unter dem hervorragenden Herrn Seehofer ist die einzige Partei, die man noch wählen kann.

  • V
    vic

    Kluge Köpfe kommen nicht nach Deutschland.

    Sonst wären`s ja keine klugen Köpfe.

  • K
    Kai

    Und die deutschen Fachkräfte? Das sind dann beim Thema Abwanderung die schönen Pfeile, die aus Deutschland hinaus nach Österreich und die Schweiz führen. Wieso wohl? Aber das zu analysieren "erspart" uns die deutsche Presse ja. Politik, Wirtschaft und Medien erzählen Märchen; der Bevölkerungsaustausch findet statt.

  • R
    Ralph

    Mit einem hervorragenden Uni-Abschluss in einem "von Fachkräftemangel bedrohten" Fach, mit vorhandener Arbeitserfahrung und passender Spezialisierung beobachte ich in letzter Zeit Gehälter um die 40.000 Euro, mit relativ wenig Spielraum für die Zukunft, wenn man sich nicht rapide von den "billigen Absolventen" absetzt, durch die man andernfalls ersetzt wird. Das zeugt von einem Fachkräfteüberfluss der in den nächsten Jahren eher zunehmen wird, denn die Absolventenzahlen steigen. Durch die Senkung der Grenze wird einzig und allein dieser "Spielraum nach oben" abgeschnitten, womit die Durchschnitts- und Einstiegsgehälter weiter sinken. Fachkräftedumping eben.

     

    Ein weiterer Schritt um die obere Mittelschicht zugunsten derer, "die am Futtertrog sitzen und sich bedienen" abzuschmelzen und so eine klare Grenze zwischen oben und unten zu schaffen. So endet scheinbar jede Gesellschaftsform, früher oder später.

  • PG
    P G

    "Fachkräfte" für gute 20€/h (43000 im Jahr)?

     

    Mal wieder ein Beweis, dass es beim "Fachkräftemangel" nicht um Fachkräftemangel an sich geht, sondern nur um einen Mangel an Fachkräften die so billig sind, wie die Wirtschaft es sich wünscht.

     

    Wenn es echten Mangel gibt, der mit den vorhandenen Arbeitnehmern in Deutschland nicht zu erfüllen ist, kann das Unternehmen für einen derart seltenen Spezialisten auch 66000 im Jahr bezahlen.