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Koalitionstreit über Griechenland-HilfeRösler pocht auf Debatte

Der Streit in den Regierungsparteien über Hilfen für Griechenland und dessen mögliche Insolvenz geht weiter. Trotz eines Rüffels von Kanzlerin Merkel will der FDP-Chef kein Blatt vor den Mund nehmen.

Für den FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler geht es jetzt ums politische Überleben. Bild: reuters

BERLIN dapd/dpa | Der Streit um den weiteren Umgang mit dem hoch verschuldeten Griechenland hält die Koalition in Atem. Die FDP-Politiker Frank Schäffler und Patrick Döring beharrten am Freitag darauf, öffentlich darüber zu diskutieren, in welchem Rahmen eine Insolvenz Griechenlands ablaufen könnte. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle stellte sich in der Debatte über die Euro-Rettung erneut hinter Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). "Ich halte die Art und Weise, wie vom Koalitionspartner mit dem FDP-Vorsitzenden umgegangen wird, auch nicht ganz in Ordnung", sagte Brüderle am Freitag im Deutschlandfunk.

Der Wirtschaftsminister und Vizekanzler Rösler war in die Kritik geraten, nachdem er eine mögliche Staatsinsolvenz Griechenlands ins Gespräch gebracht hatte. Rösler habe ausgesprochen, "was die Bundeskanzlerin vor geraumer Zeit auch getan hat, und was Herr Schäuble in der Intension auch getan hat". "Wenn es ein FDP-Vorsitzender sagt, regt sich alles auf, wenn es vorher die Kanzlerin gesagt hat, ist es in Ordnung."

Trotz des Machtworts von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht FDP-Bundesvorsitzender Philipp Rösler weiterhin auf eine Debatte über die finanzielle Zukunft Griechenlands. "Ich tue das, was ich für richtig halte", sagte Rösler am Donnerstagabend auf der Wahlkampfabschlussveranstaltung der Berliner FDP. "Wir dürfen es nicht zulassen, dass der deutsche Steuerzahler für die Schulden in anderen Staaten haftet", sagte er.

Unterstützung bekommt er von seinem Parteikollegen Schäffler. Auch er wies den Appell von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich zurück, die Insolvenz-Diskussion wegen der Unruhe an den Börsen nicht in der Öffentlichkeit zu führen. "Der Markt erwartet die Insolvenz Griechenlands", sagte Schäffler der Passauer Neuen Presse.

Griechenlands Gläubiger müssten an einer Umschuldung beteiligt werden. "Nichts anderes ist eine geordnete Insolvenz", sagte Schäffler, der sich in einer Initiative für einen FDP-Mitgliederentscheid gegen den permanenten Euro-Rettungsschirm ausspricht. "Wir müssen die Logik durchbrechen, dass immer gerettet wird. Nur so verhindern wir weitere Spekulation."

Und FDP-Präsidiumsmitglied Döring sagte der Düsseldorfer Rheinischen Post": "Wir müssen dafür sorgen, dass zukünftig nicht allein die Allgemeinheit, sondern die Verantwortlichen und Nutznießer für die Risiken gerade stehen." Dafür sei die Möglichkeit einer geordneten staatlichen Insolvenz nötig, auch für Griechenland, wenn das Land sich nicht schneller konsolidiere.

Von Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt kommt hingegen der Ruf zu mehr Sachlichkeit und Zurückhaltung. Aigner sagte, die Märkte seien hypernervös.

kompromissloser Sparkurs

"In dieser angespannten Situation kann jedes unbedachte Wort zu unkalkulierbaren Reaktionen führen", warnte sie in der Passauer Neuen Presse. Die Konsequenz aus der Schuldenkrise einiger Euro-Staaten sei ein harter und kompromissloser Sparkurs.

Hasselfeldt sagte, sie finde nicht alles hilfreich, was seitens der FDP geäußert werde. "Mir wäre es lieber, wenn wir uns an das halten, was jetzt zu entscheiden ist", sagte sie am Donnerstagabend in Dachau. Erstens gehe es um die Verabschiedung des erweiterten Euro-Rettungsschirms EFSF Ende des Monats in Bundestag und Bundesrat. Zweitens müsse der Bericht der Troika zu Griechenland abgewartet werden, und drittens gehe es um den dauerhaften Rettungsschirm ESM.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte die Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank zu einer verschärften Kontrolle des griechischen Sparprogramms auf. "Wenn Griechenland die Auflagen nicht auf Punkt und Komma erfüllt, kann es keine weiteren Zahlungen geben", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Künftig müsse ein Stabilitätsmechanismus eine Staateninsolvenz und die Möglichkeit regeln, dass ein überschuldetes Land aus dem Euro ausscheidet.

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7 Kommentare

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  • RK
    Rolf Kuntz

    Es gibt traumatische Erlebnisse und ein solches ist mit passiert, als ich den „Entwurf für einen Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus „ESM“ gelesen habe.

    Alles was wir als Kompetenz- und Parteiengezerre wahrnehmen verschwindet hinter einer unwichtigen Nebelwand, wenn man sich die Bestimmungen vornimmt die darin wörtlich lauten:

    „Zweck des ESM ist es, Finanzmittel zu mobilisieren“. „Die ESM-Mitglieder sagen hiermit unwiederruflich und bedingungslos zu, bei Anforderung jeglichem gemäß vorliegendem Absatz durch den Geschäftsführenden Direktur an sie gerichteten Kapitalbedarf binnen 7 Tagen nach Erhalt dieser Aufforderung nachzukommen“. In der Folge heißt es dann weiter. „Die ESM-Mittglieder verpflichten sich hiermit bedingungslos und unwiederruflich, ihre Einlage auf das Grundkapital gemäß der Anlage 1 aufgeführten Beitragsschlüssel zu leisten. Sie haben allen Kapitalabrufen fristgerecht und gemäß den in vorliegenden Vertrag geregelten Bestimmungen Folge zu leisten.“

     

    Wenn dieser Vertrag so von den Euro-Staaten unterschrieben wird, dann kommt dies einem Freibrief für den Finanzfeudalismus gleich und der Steuerzahler wird zum Vogelfreien gestempelt. Unwiederruflich und bedingungslos!

     

    Es ist hier nicht der Platz diese ganze Problematik umfassend zu kommentieren und belegen. Interessierte können sich aber eine Kopie dieses Vertragsentwurfes von meiner Webseite herunterladen. http://roku.de/ESM.pdf

    Die ins Auge springenden Punkte sind gelb unterlegt.

  • VR
    Volker Rockel

    Man muss kein Fan der FDP oder gar des Herrn Rösler sein um zu sagen: Natürlich hat er recht!- Man muss alle möglichen Handlungsalternativen offen und vorbehaltlos diskutieren!- Und man sollte sich hüten immer nur den „sensiblen Finanzmärkten“ das Wort reden zu wollen!

     

    Dem Ziel „der Rettung Griechenlands“ lag sicherlich eine gute Absicht dahinter. Nur hat sich die Strategie inzwischen als nicht-zielführend erwiesen und ein Teil der dazugehörigen Maßnahmen im Ergebnis als wirkungslos!

     

    Ziel war es, „die Neuverschuldung Griechenlands schrittweise auf max. 3 % vom BIP (sie betrug 2009 lt. Eurostat übrigens 15,4 % des BIP) zu drücken“. Dieses ist insoweit wichtig, weil immer noch durch die Politik kolportiert wird, es ginge um „Schuldenabbau“. Dieses ist falsch;- es geht inzwischen nur noch um eine Reduzierung des Grades der Neuverschuldung des griechischen Staates!

     

    Hierbei wird für eine Zielerreichung zwingend unterstellt, dass bestimmte volkswirtschaftliche Parameter eintreffen müssen. Die da u.a. wären: Ein bestimmtes unterstelltes positives Wachstum, kein Wachsen der Zinsquote (die liegt im übrigen derzeit bei rund 20 % mit weiterhin steigender Tendenz!), ein höheres Steueraufkommen und diverse Sparbemühungen. Griechenland setzt diese abgeforderten Maßnahmen auch um und hat 2010 „seine Sparvorgaben“ auch erreicht („nur“ 9,4 % Neuverschuldung vom BIP)! Aber, sie führen (leider) nicht zu dem angestrebten Ziel und bedürfen erheblicher weiterer finanzieller Unterstützung Dritter.

     

    D.h., trotz aller Bemühungen Griechenlands läßt sich feststellen das weder ein tatsächlicher Schuldenabbau realisiert werden kann, noch ein ausgeglichener Haushalt auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen werden kann und selbst die Neuverschuldung Griechenlands sich auf die 3 % des BIP nicht stabil begrenzen läßt! Schlichtweg eine „mission impossible“ für Griechenland!

     

    Daraus ergeben sich Konsequenzen: Aus den anfänglich angenommenen 30 Mrd. Euro, die von den Euro-Ländern „für die Rettung Griechenlands“ aufzubringen waren (weitere 15 Mrd. Euro vom IWF), sind zwischenzeitlich 110 Mrd. Euro an Krediten von Euro-Ländern, IWF und EZB geworden. Im April 2011 wurde beschlossen weitere 109 Mrd. Euro von den Euro-Ländern im Rahmen des „erweiterten Euro-Rettungsschirms“ (plus einer freiwilligen Beteiligung von Privatgläubigern von 37 Mrd. Euro!) aufzubringen. Und selbst diese Summe hat sich inzwischen wohl überholt, weil der absehbare langfristige Kreditbedarf für Griechenland vermutlich noch höher ausfallen dürfte!

     

    Bereits jetzt läßt sich erkennen, dass die angestrebten Summen des Euro-Rettungsschirms nicht ausreichen werden um „Griechenland zu retten“. Es läßt sich inzwischen sogar vermuten, dass durch die weiterhin steigende Zinsquote und die offensichtlich nicht mehr kurzfristig weiter positiv zu beeinflussenden volkswirtschaftlichen Parameter, eine tatsächliche Reduzierung des Verschuldungsgrades Griechenlands völlig illusorisch geworden ist!?

     

    Ich nehme persönlich an: Selbst wenn man nun durch einen Forderungsverzicht der Gläubiger die Belastung des griechischen Staatshaushaltes über die Zinsquote reduzieren würde, wäre die verbleibende Zinsquote – im Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft – einhergehend mit der vermutlich weiterhin notwendigen Neuverschuldung zum Erhalt der Liquidität, eine Belastung die eine absehbare Sanierung des griechischen Staatshaushaltes immer noch nicht ermöglicht!

     

    D.h. aber auch: Objektiv wäre auch ein Forderungsverzicht keine Lösung für die Probleme Griechenlands! Denn der Forderungsverzicht kostet den Gläubigern – zu denen inzwischen über den ESFS auch die Euro-Ländern bzw. die EZB und IWF gehören – nicht nur eine Menge Geld (übrigens zum großen Teil Steuergelder), sondern es ist zu erwarten, dass bei einem Verbleib Griechenlands in der Währungsunion, weiterhin langfristig Geld fließen muss, um den griechischen Haushalt zu stabilisieren (da ist von Sanierung noch garnicht die Rede!) und um sich weiter fortschreibende Negativeffekte für die Währungsunion auszuschließen !- Und vor diesem Hintergrund ist weder die weitere Unterstützung Griechenlands über Rettungsschirme sinnvoll, noch eine „geordnete Insolvenz“ eine Lösung.- Und somit verbleibt, als Alternative für die Währungsunion, nur die Rückkehr Griechenlands zur Drachme!

  • BS
    BRD schuldet 1.5 Trilliarden Reparationen

    Zahlt BRD nicht kann man die BRD getrost als Nazistaat bezeichnen und nach der Machtübernahme durch die revoltierenden griechischen Massen Panzer zum Eintreiben nach Berlin schicken.

  • S
    scheipant

    Profiliere sich wer kann? ... oder staatsSCHAUSPIEL, nächster akt?

     

    Eigentlich schon genial: kaum ist der "rettungsschirm" aufgespannt, also die bürgschaften für das pleite griechenland unter dach und fach, da wird offen über staatsbankrott geredet. Ein schelm, wer böses dabei denkt???

  • HH
    hinter her ist man schlauer

    Das ist ein abgekartertes Spiel um zur Berlin-Wahl ein paar Wähler anzulocken.

     

    Leider plappert die Presse nur nach statt selber Ideen zu verkünden.

    Opel wird von Solar-Zar gekauft war mal sowas.

    Wenn ich DAX-Unternehmen wäre, würde ich jede Anleihe die nicht zu 100% zurückgezahlt wird dem Opfer zu 100% auszahlen (Banken kriegen nur den Kaufpreis! den sie bezahlt haben) und dafür müsste ich keine Umsatz-Steuer mehr bezahlen bis die Griechen mir die Anleihe zurückkaufen (zu 100%+Zins). Dann wird keiner zum Opfer und die Retter haben dicke Umsatz-Steuer-Vorteile. Griechenland kann dann ja selber entscheiden wann sie die Anleihen auszahlen. Alle DAX-Familien müssten sofort dafür sein. Kein Politiker kann etwas dagegen haben. Denn es wird kein einziger Steuercent angefasst. Aber so weit packens ThinkTanks nicht. Andere, noch wirksamere Ideen (ohne Enteignung, ohne Sozial-Einschnitte) Ideen gibt es auch noch.

    Für faule Herumsitzerei bezahlt man Politiker nicht. Wahrscheinlich kommt die echte Lösung 1 Tag nach Berlin-Wahl oder gar nicht...

    Man sollte den Presseleuten mal glasklar machen, das sie in Hungertum und Armut leben werden, wenn Griechenland platzt. Weil dann die Werbebudgets und Zeitungen so klein werden wie bei Lehman. Und jeder Kunde es bei seiner Bank an den Gebühren und Geld-Abhebe-Automaten-Kosten und Krediten (Miete!, Konsum,...) mitbezahlt.

     

    Wenn Griechenland nicht zurückzahlt, machen sie morgen weiter wie zuvor. Wer in den USA auf der Kreditliste landet, kann 10 Jahre lang keine neuen Kredite aufnehmen oder kriegt keine Kreditkarte o.ä. Aber Griechische Beamte die sich in den Euro gemogelt haben, können morgen wieder neu Kredite und dicke Gehälter bezahlen lassen ? Die Presse soll mal bitte ihre Arbeit machen statt immer nur hinterher zu berichten.

  • D
    DeadboZ

    Die Griechenland-Rettung ist weniger Verschwendung von Steuergeldern als die stuerfinanzierte Besoldung von Politikern, die das mühsam aufgebaute Konstrukt EU und die Währung Euro immer weiter kaputt reden.

  • B
    broxx

    "Wenn Griechenland die Auflagen nicht auf Punkt und Komma erfüllt, kann es keine weiteren Zahlungen geben"

    Dann werden wieder Zahlen manipuliert und wir werden trotzdem beschissen! Griechenland sollte rausgeschmissen werden.