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Kolumne Press-SchlagAufgeblähte Plattitüden

Kolumne
von Markus Völker

TV-Experten: Sie sollen Fußballwissen vermitteln - und scheitern leider viel zu oft bei diesem Unterfangen.

W enn es durch die Liberalisierung des Bezahlfernseh-Marktes wirklich so kommen sollte, dass man sich künftig die Bundesliga für zweifuffzig von einem griechischen Anbieter ins Wohnzimmer holen kann, dann hätte man doppeltes Glück. Erstens wäre TV Hellas wesentlich billiger als Noch-Monopolist Sky und zweitens blieben die deutschen Fußballexperten stumm.

Man könnte bei TV Hellas auf den Stadionton schalten und bekäme nur noch die Fangesänge geliefert. Man sähe und hörte sie dann alle nicht mehr: Matthias Sammer und Jens Lehmann, Steffen Freund und Markus Merk. Wie schön man sich doch die Zukunft im vereinigten Europa ausmalen kann!

Markus Merk wurde am Wochenende angeblich von Schalker Fans mit einem Billardball beworfen. Das soll die späte Rache für einen Pfiff aus dem Jahre 2001 sein, aber es könnte ebenso gut ein geschleuderter Kommentar zum Verbal-Expertentum des Markus Merk sein. Der Ex-Schiri sitzt neuerdings hinter einem Schreibtisch am Spielfeldrand mit anderen Experten und einem Experten-Stichwortgeber.

taz
MARKUS VÖLKER

ist Redakteur im Sportressort der taz.

Dort sondert Merk Belangloses ab und grinst dabei sein Ich-war-früher-ein-berühmter-Schwarzer-Mann-Grinsen. Da kann einem die Freude auf das Fußballspiel vergehen. Wer jemals auf die Idee gekommen ist, ehemalige Referees, also Menschen, die auf Neutralität geeicht sind, ins Fernsehstudio zu holen, gehört mit den Mitteln der Scharia bestraft. Vor Merk trieb ja schon der schweizerische Ex-Referee Urs Meier sein Unwesen auf den Bildschirmen.

Allen Experten ist gemeinsam, dass sie ein ausgeprägtes Bläh-Ich besitzen. Das Ich des normalen Fußballfreundes ist in etwa fußballgroß. Das der Experten ist heißluftballongroß. Das muss so sein. Denn in das riesengroße Ich muss ganz viel hineinpassen: drei Dutzend Versatzstücke aus der Fußballsprache, ein paar unverständliche Schachtelsätze, gut sechzig Plattitüden und eine Hand voll "Ähs", 44 Parolen und 99 Binsenweisheiten, 37 Phrasen und dann noch das Bewusstsein, dem Publikum mit dem eigenen Geschwurbel ein Geschenk zu machen.

Vielleicht kann man den Experten gar keinen Vorwurf machen, denn sie passen sich ja nur dem Niveau der Experten-Stichwortgeber an, vulgo: Moderatoren und Kommentatoren. Zu dieser Zunft der Dampfplauderer gehört ein gewisser Fritz von Thurn und Taxis, den man einmal im Fressbereich des Stadions von Johannesburg traf. Ratsuchend setzte er sich an unseren Tisch.

Er starrte auf die Aufstellung der Urus, die gleich gegen Holland spielen sollten. "Kakares", stotterte er und wandte sich hilfesuchend an uns. "Äh, wie wird der ausgesprochen?" Es handelte sich um Martin Cáceres, seinerzeit an Juve ausgeliehen. "Ach so", sagte Thurn und Taxis und zog fix und foxy von dannen. "O Mann", sagt einer in der Runde, "solche Typen lässt man auf die Leute los." Genau, sie und ihre Experten.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

2 Kommentare

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  • G
    Guenterkastenfrosch

    Hier muss ich meinem Vorschreiber "Bal Blubb" ganz klar widersprechen: Ein sehr guter und treffender Kommentar, lieber Herr Völker. Das (sicher meist gut) dotierte Laientum, das sich überall auf dem Vormarsch befindet (erstmal ein Geschäft gründen, erstmal einen Job annehmen, erstmal bisschen "schauspielern" u.ä. - statt zuallererst das Feld zu ERLERNEN) geht natürlich auch am Sport nicht vorüber.

    M.E. müssten sich die KommentatorInnen zunächst klar machen, in welchem Medium sie eingesetzt sind und also nicht im TV immerzu radioartig erzählen, was der Zuschauer auch selbst gut sehen kann, dann sollten sie sich derart vorbereiten, dass wir von unsäglichen Worthülsen, geschmack- wie sinnfreiem Geplapper verschont bleiben; und dass man sich vorher kundig macht, wie die Namen von Schiedsrichtern, Trainern und Spielern auszusprechen sind, gehört wohl zum Einmaleins.

    Mancher Experte schließlich ist gar nicht so verkehrt, wie etwa Mehmet Scholl in der ARD, aber die meisten dienen wohl nur der Aufwertung der Sendung oder ihrer eigenen Altersvorsorge - etwa der schon längst unsägliche Beckenbauer, der im Duett mit dem ebenso unsäglichen "Ich-mach-alles"-Kerner in Sat 1 Kommentare von sich gibt, die an Nichtssagendem, an Gestammel und Gestotter und an Allerweltsplattitüden schwerlich zu übertreffen sein dürften...

  • BB
    Bal Blubb

    Meine Herren,

     

    nich einmal für eine ordentlich Polemik reichts bei Ihnen Herr Völker. Dümmliches geschreibe ohne jeden Verstand. Glücklicherweise ist Ihr Ego ein kleines und so nutzen sie die Berichterstattung nicht als Vehikel für unreflektiertes Geplapper. Nun hätte ich fast geschrieben, keiner der von Erwähnten kann weniger inhaltsreich quasseln als Sie schreiben, allerdings bildet Thurn und Taxis hier die sogar nocheinmal unter Ihrem Niveau liegende Ausnahme.

     

    Nichts für Ungut.