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Prozess zu Autobrandserie in BerlinAus Frust und Sozialneid gezündelt

Aus Frust soll ein 28-jähriger Angeklagter im vergangenen Jahr 102 Autos in Brand gesteckt haben. Nun muss er sich dafür vor Gericht verantworten und gibt sich reumütig.

Die Serie hielt die Stadt auf Trab: ausgebranntes Auto in Berlin. Bild: dpa

BERLIN taz | Wohl niemand sonst hat in Berlin allein so viele Autos angezündet wie dieser Mann in Cargohose und blauem Strickpullover. 102 Autos waren es im vergangenen Sommer, und seit Freitag muss sich André H. vor der 17. Großen Strafkammer des Landgerichts dafür verantworten.

Der 28-Jährige hat ein Geständnis abgelegt und er zeigt Reue. Seinen Anwalt lässt er eine Erklärung verlesen. „Ich bitte die Geschädigten sowie die Öffentlichkeit nachhaltig und ernsthaft um Vergebung“, heißt es darin. Ihm bereite „noch immer heftigste Gewissensbisse“, dass auch Menschen in Gefahr geraten sind. Da in vier Fällen auch Häuser betroffen waren, wirft die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten neben einfacher auch schwere Brandstiftung vor. Darauf steht eine Haftstrafe von einem bis 15 Jahren.

Der Prozess dreht sich auch um die Frage: Warum hat H. die Autos angezündet? Staatsanwaltschaft und Verteidiger Mirko Röder sprechen von Frust und Sozialneid, ein politisches Motiv sieht keiner. Als im vergangenen Jahr die Autobrände zum Aufreger und Wahlkampfthema wurden, hieß es immer, für die Hälfte seien Linke verantwortlich.

Motiv "Sozialneid"

"Sozialneid" hat André H. nach Ansicht der Staatsanwaltschaft dazu getrieben, nachts Autos in Brand zu setzen. Auf den ersten Blick scheint das schlüssig: Wer selbst nichts hat, gönnt auch keinem andern was. Und je größer das Gefühl der persönlichen Minderwertigkeit, desto stärker der Neid auf Menschen, die es besser haben.

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Den Eliteforscher Michael Hartmann überzeugt das nicht. Ihm zufolge sind Sozialneider in erster Linie ein Medienphänomen, das Anfang der nuller Jahre aufkam. Und eine dankbare Pauschalisierung für alle, die sich der Diskussion über soziale Gerechtigkeit entziehen wollen. Denn: Wer neidisch ist, gilt als Unsympath, auch wenn er reale Probleme beklagt. „Meines Erachtens handelte der Angeklagte eher aus einem Gefühl der Wut und Ungerechtigkeit heraus“, so der Soziologe.

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Entgegen der verbreiteten Auffassung trete Sozialneid zudem nicht zwischen verschiedenen Schichten auf: „Den Neid der Hartz-IV-Empfänger auf Millionäre gibt es fast nie“, so Hartmann. „Er kommt viel eher zwischen sozial benachbarten Gruppen vor.“ Wenn bei Managern die Einkommen steigen und sozial Schwächere dies beklagen, sei das kein Ausdruck von Neid, sondern Gerechtigkeitsempfinden.

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Auch die Psychologin Kerstin Becker , die an der FU zum Phänomen Neid forscht, sieht das Konzept Sozialneid als problematisch: „Sozialneid ist eigentlich ein Paradoxon, denn Neid ist als zwischenmenschliches Verhältnis immer sozial.“

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Sie stimmt Hartmann zu: Auch psychologisch betrachtet, sei Sozialneid weniger ein Persönlichkeitsmerkmal als ein Instrument der politischen Debatte: „Auch wenn Sozialneid oft auf Minderwertigkeitsgefühle zurückgeführt werden kann, ist er nicht nur eine persönliche Schwäche, sondern auch Ausdruck realer gesellschaftlicher Probleme“, sagt Becker.

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Juristisch gesehen, habe der Begriff keine gesellschaftliche oder politische Dimension, sagt Rainer Frank, Fachanwalt für Strafrecht: Nach seiner Auffassung gehört Sozialneid in die Kategorie „niedere Beweggründe“, wie Rache oder Habgier. Frank erwartet daher, dass sich dieses Motiv eher strafverschärfend denn strafmildernd auswirkt. (mag, xla)

H. bleibt wortkarg. Auf direkte Fragen der Vorsitzenden Richterin und des Staatsanwalts antwortet er einsilbig, konkret wird er selten: „Ich war sicherlich auch frustriert, sag ich mal.“

Ein „aufregendes“ erstes Mal

Der Staatsanwalt braucht mehr als 20 Minuten, um die Liste der angezündeten Autos vorzulesen. André H. war fast immer zwischen Mitternacht und zwei Uhr früh unterwegs, vor allem mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln. Er hatte stets Grillanzünder dabei, bis zu sechs Autos zündete er in einer Nacht an, meist Modelle der oberen Mittelklasse: Audi, BMW, Mercedes. Wenn sie in Flammen aufgingen, war er längst weitergezogen.

Er war in ganz Berlin unterwegs, vor allem in Charlottenburg, Wedding und Tiergarten. Das erste Auto zündete er gleich um die Ecke der Wohnung an, in der er mit seiner kranken Mutter und seiner Schwester wohnte. Aus seinem Badezimmer habe er den Rauch gesehen und die Blaulichter, sagt H. Zwei Tage später sei er zum ausgebrannten Auto gegangen, das einzige Mal überhaupt. „Wie war das?“, fragt die Richterin. „Aufregend“, sagt er. Im negativen Sinn.

H. war nicht vom Glück begleitet, so viel ist am Ende des ersten Verhandlungstags klar. Der gelernte Maler und Lackierer lebte von Hartz IV, ab und an jobbte er. Kurz bevor er mit dem Zündeln begann, bekam er eine Abfuhr von einer Frau. Auch bei seiner Tätigkeit als „Missionsleiter“ der Mormonen lief nicht alles rund, hinzu kamen Schulden. In den Vernehmungen bei der Polizei hatte H. angegeben, es sei auch um ein Gefühl von Ungerechtigkeit mit Blick auf Leute gegangen, die sich so teure Autos leisten können. Deshalb habe er an den Fahrzeugen seinen Frust abgelassen.

Am 29. August zündete H. sein letztes Auto an. Er habe eine feste Arbeit gefunden und deshalb mit der Brandstiftung aufgehört, sagt sein Anwalt. Zu diesem Zeitpunkt wurde H. schon von der Polizei beschattet. Die Ermittler waren ihm mit Aufnahmen aus Überwachungskameras auf die Spur gekommen. Als sie H. mit den Vorwürfen konfrontierten, unterstützte er die Ermittlungen – sonst hätten ihm die Taten vielleicht gar nicht nachgewiesen werden können.

Geklärt werden konnte am ersten Prozesstag, wie H. auf die Idee kam, die Autos mit Grillanzündern in Brand zu setzen. „Aus dem Fernsehen“, sagte er. Er habe da eine Reportage gesehen.

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28 Kommentare

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  • R
    rapists

    Autos haben vier Räder, weil Tiere, die der Mensch meint bespringen zu dürfen, vier Beine haben.

    Also vergewaltigt der Autofahrer den Planeten.

  • V
    Völkermord

    Wenn Autos verboten wären, könnten sie nicht brennen und sie gehören verboten: Autofahren ist Völkermord - siehe Hurrikan Mitch; ist fast 15 Jahre her und nichts ist passiert, außer Wirtschaftskonformität.

    Über 200 Millionen Menschen mußten bereits wegen steigendem Meeresspiegel von den Küsten fliehen, weil weiterhin Autos, Flugzeuge, Schiffe erlaubt sind, die mit Verbrennungsmotoren, statt mit Pedalen angetrieben werden.

    Ist genauso dekadent wie die neuesten Handies, aus denen das Blut von 2 Millionen ermordeten Kongolesen tropft, damit die imperialistische Überbevölkerung rum sabbeln kann.

     

    ERSTE WELT ABSCHAFFEN!

    FREIHEIT FÜR ALLE CARKILLER!

  • O
    ole

    Sicher ist da viel Frust...

    Man bedenke, der junge Mann hat ja auch noch Missionskosten zu bewältigen. Und daß bei Hartz IV? Ich weiß ja nicht.

     

    Aber vielleicht kann Mitt Romney ja die nun anfallenden Rechnungen begleichen.

  • W
    wiktorwinogradski

    @yonni

    ...wenn ich keinen Spaß verstehen würde, könnte ich denken, das ist ein Aufruf zur Selbstjustiz gegen diesen armen Feuerteufel: Art. 20, Abs. 4, halt auf die Art der Geschädigten.

  • Y
    yonni

    Seine Taten gehen für mich eher in Richtung Artikel 20, Absatz 4 des Grundgesetzes, halt auf seine Art.

  • W
    wiktorwinogradski

    Mein Kompromissvorschlag: eine Strafe auf Bewährung + Erstattung der Schäden und Verfahrenskosten (samt polizeilichen Ermittlungskosten). Wenn er sich anstrengt, schafft er das bis zur Rente, es sind ja noch fast 40 Jahre. Warum sollen wir das finanzieren, was er getan hat? Der Mann ist schlimmer als Herr Wulff!

  • JK
    Juergen K.

    Wen jemand ein paar Autos anzündet deht er in den Knast.

     

    Wenn jemand per Börsenspekulation Hunderte in den Selbstmord treibt,

     

    per Lobbyismus Millionen verarmt, deren Tod (mindestens statistisch um 10 Jahre vorgezogen)

     

     

    nennt man das "Freiheitskämpfer und demokrat".

     

     

    Dafür wird die Nationalhymne gespielt.

  • WC
    Wolff. C

    Wegen "Frust und -was war das fuer ein Neid- "

     

    ist Gefängnis vortrefflich.

     

    Aus Überzeugung dürfte er

    wohl nur nicht in ein Wellnesshotel.

  • S
    Schläfer

    Mag ja sein, daß der Autobrandstifter kein "Linker" ist.

    Aber etliche Beiträge hier Forum zeigen:

    Seine Sympathisanten kommen aus diesem Bereich ;-)

  • NH
    Norbert Hagen

    Natürlich sind solche Taten zu veruteilen, es zeigt aber deutlich, dass unser Wirtschaftssystem nicht gerecht ist. In einem Finanzsystem mit Zins gibt es zwangsläufig mehr Verlierer als Gewinner.

     

    Wieviele Menschen kämpfen täglich und schaffen es einfach nicht, nach oben zu kommen? Ich kenne viele Personen, die nach Wohlstand streben, es aber einfach nicht schaffen weil sie die Mittel dazu nicht haben. Die Legende "vom Tellerwäscher zum Millonär" ist nichts weiter als ein Märchen. Mit einem geringfügigen Job kann man auch nicht nach "oben" kommen. Für einen Hartz-IV Empfänger ist ein normales Fahrzeug schon unerreichbar.

     

    Es ist nicht verwunderlich, dass dann Gefühle wie Neid, Wut oder Missgunst entstehen. Schlimm ist auch, dass Hartz IV Empfänger von den meisten Medien ausgegrenzt werden und als arbeitsunwillige Menschen dargestellt werden. Es sind die Symptome eines kranken Systems, denn wie bereits erwähnt, nicht jeder Mensch kann sich selbst verwirklichen. Dann gibt es noch solche Millionäre, denen wird der Wohlstand ohne etwas zu tun vor die Füße gespült. Das beste Beispiel dafür ist der ehemalige Bundespräsident, der nichts geleistet hat, mit Millionären Parties feiert und dafür noch eine Belohnung bekommt - natürlich alles vom Steuerzahler finanziert.

     

    Ich denke, dass der Frust in der Unterschicht sehr groß ist, wobei man eher von einem Bewusstsein für Gerechtigkeit als von Neid sprechen kann.

  • L
    Lehmann

    Die AMF (Autonome Mormonische Fraktion) als militanter Arm religiöser extremistischer Gruppen hat zugeschlagen. Ich frag mal meine Zeugen Jehovas, die mich öfter beehren, was die so abgefackelt haben.

     

     

    @bielefeld:

     

    "was für ein glück das er als unglücklicher missionsleiter der mormonen auch kein religiöses motiv hatte autos abzufackeln."

     

    Ich denke das hatte er - er wollte mit seinen Anschlägen den radikalen Mormonenglauben verbreiten. 3 Frauen und 10 Kinder für jeden - alleine der Zwang zur Wadenverschleierung durch schwarze Anzüge.

     

    Bei der Anzahl an Kindern, habe ich bereits jetzt Angst vor einer Mormonisierung ganz Europas. Militante Mormonengruppen werden direkt aus mormonischen Kernländern (Utah) finanziell unterstützt. Auch sind Mormonen äußerst integrationsunwillig, weil sie nach einem Jahr wieder verschwinden und immer verwurzelt in ihrer Heimat bleiben.

     

    Meine Lösung - Wir sollten allen Mormonen einen deutschen Pass schenken, damit sie sich hier zu Hause fühlen, dann fackeln deprivierte Mormonengruppen auch weniger Autos ab. Denn dieser radikale Mormonismus ist unvereinbar mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.

  • L
    LDV

    Einspruch! Natürlich ist Sozialneid immer niederträchtig und hat wirklich überhaupt nichts mit Gerechtigkeitssinn zutun. Wenn ich es im Leben zu nix gebracht habe und der andere in der Nebenstraße ein dickes Auto fährt, dann muss das ja schließlich ein Verbrecher sein. Kluge Schlussfolgerung. *lol*

    Ein Mensch mit Gerechtigkeitssinn würde sich zuerst einmal überlegen, ob sich der andere vielleicht einfach ein bisschen mehr Mühe mit seinem Leben gegeben hat. Eventuell hat er einfach auch nur mehr Glück gehabt als ich. Deshalb kann ich mich aber doch trotzdem mit ihm freuen... Nur der, der anderen alles gönnt (egal wie es ihm selber dabei geht), besitzt einen wirklich edlen Charakter.

  • T
    tommy

    Empörend, dass manche hier den Täter als Helden feien - habt ihr nicht gelesen, dass das Feuer in einigen Fällen auf Häuser übergegriffen hat? Dabei hätten auch Menschen zu Schaden kommen, sogar sterben können.

    Bei allem, was es an sozialen Mißständen in Deutschland geben mag - Autos abfackeln ist auch keine Lösung.

  • A
    Arne

    102 Straftaten aus dem religiösen Umfeld der Mormonen!!

    Wo bleibt die Studie, ob Mormomen integrationswillig sind in die bundesdeutsche Gesellschaft und deren Wertesystem?

  • U
    Unbequemer

    102 Autos angezündet - 102 Straftaten - 102 mal anderen Schaden zugefügt - und jetzt von Reue heucheln? Ab in den Bau!

  • RD
    Rainer David W. Früh

    @ Hans Hubert:

    "Is doch mal schön, das jemand ein valides Motiv für seine Taten hat. Da dank unserer wunderschönen Gesetzgebung >90% der Autos mehr als hinreichend versichert sind, ist in Wirklichkeit auch praktisch kein Schaden entstanden."

     

    Manchmal weiß ich bei den Kommentaren der TAZis echt nicht mehr: Ist es Ernst oder nagt hier schon das Salz der Satire..... Wenn nein, dann ist dieser Komentar das beste Beispiel, wie Linke so denken und handeln, weshalb sie ja weltweit so tierisch erfolgreich sind, wenn sie Wirtschaft und Politik eines Staates zu verantworten haben : Ein Versicherungsschaden ist kein richtiger Schaden, denn die Versicherung holt sich ja das Geld für die Schadensregulierung von der Bank..... Oder doch nicht, wenn also nicht, von wem holt sie sich die Knete nur, von der Regierung, von den Pfadfindern oder.......????

  • E
    Ede

    Erhellender als den Artikel finde ich die Kommentare... die legen mal wieder nahe, dass das eigentliche Motto der Sozialisten "Niemand darf mehr Wohlstand besitzen als ich!" ist. Neidhammel aller Länder vereinigt Euch (Aber lasst doch bitte die schönen Autos ganz)!

  • H
    Huber

    Zum Glueck wuerde er geschnappt. Der Typ ist war der beste Wahlhelfer der rechten Parteien indem er einen Klassenkampf zwischen der Unter- und der Mittelklasse angezettelt hat der von den rechten Medien hochgeputscht wurde.

     

    Solche Leute sind es die eine echte Auseinandersetzung zwischen den Top1% und dem Rest verhindern.

  • DJ
    Dirk Jäckel

    @07:18 Uhr stefan seither:

     

    "Für mich sind die Bonzenautofahrer die Verbrecher."

     

    @07:06 Uhr Stephan Mirwalt:

     

    "Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung."

     

    Samstagmorgen kurz nach sieben - die autonomen S..nner haben mal wieder zu tief ins Glas geschaut - Zeit für die Heia, Jungs, dann ist am Wochenende mehr Zeit für den Klassenkampf!

    Aber jetzt mal jenseits allen linksinfantilen Gelabers: Ich denke, dass der Täter in erster Linie ein psychisches Problem hat (Pyromanie) - es zu politisieren, sei es von irgendwelchen linken Verteidigern oder von konservativer Seite, ist m.E. nicht zielführend.

  • F
    Felix

    In 100 Jahren wird man ihn als Helden und Freiheitskämpfer feiern, der sich gegen den Autowahn der heutigen Zeit gestellt hat.

     

    Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern mit Gerechtigkeit. Menschen, die sich ihren Wohlstand redlich verdient haben gönnt man das. Heute ist es aber so, dass man Wohlstand mit ehrlicher Arbeit nicht mehr erreichen kann. Leute die ehrlich arbeiten, wie Handwerker, Krankenschwestern, Callcenter-Agenten, Friseure, Supermarktangestellte usw. werden mit Hungerlöhnen abgespeist. Bankster und Managergangster leben vom Betrug, Leute wie Maschmeyer bringen andere um ihr Vermögen, oder auch Schmarotzer wie Wulff. Die leben in einem erschwindelten und erlogenem Wohlstand. Es geht also nicht um den Neid, weil ein anderer mehr hat, sondern um die Ungerechtigkeit, weil dieser Wohlstand unehrenhaft an sich gerissen wurde. Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern mit Gerechtigkeitsempfinden. Und es ist mehr als nur gerechtfertigt, wenn man sich dagegen wehrt. Ich verstehe es, wenn da jemanden die Hutschnur hochgeht und vielleicht etwas unangemessenes tut.

  • SS
    stefan seither

    Danke, taz, daß Ihr in dem Kasten mal mit dem Märchen vom Sozialneid aufgeräumt habt.

     

    Für mich sind die Bonzenautofahrer die Verbrecher.

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Der deutsche Spießer braucht ja nicht mit dem Auto zu fahren.

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinde gegenüber den Autofahrern nichts als Verachtung.

  • HH
    Hans Hubert

    Is doch mal schön, das jemand ein valides Motiv für seine Taten hat. Da dank unserer wunderschönen Gesetzgebung >90% der Autos mehr als hinreichend versichert sind, ist in Wirklichkeit auch praktisch kein Schaden entstanden.

     

    Ach wie schön... :)

  • B
    Bitbändiger

    Na ja, lieber @tonky65,

     

    mit der Umdeutung ganz persönlicher ("einnehmender") in politische Verhaltensweisen hatte ja gerade ein prominenter Mitbürger großen Erfolg hinsichtlich seiner kargen Altersversorgung. Vielleicht kann man in diesem Lichte ja Frust "wegen Hartz IV" und wegen "Abführ von einer Frau" auch als politisches - selbstverständlich "linksextremes" - Motiv stehen lassen.

     

    Ich erinnere mich allerdings, dass auf dem Höhepunkt der Zündelei (nicht nur in Berlin, sondern auch anderswo) fast ausschließlich von einer "linksextremen Täterszene" die Rede bzw. Schreibe war. Passt halt immer noch am besten ins Konzept.

  • B
    bielefeld

    was für ein glück das er als unglücklicher missionsleiter der mormonen auch kein religiöses motiv hatte autos abzufackeln.

     

    lol

  • T
    tonky65

    "In den Vernehmungen bei der Polizei hatte H. angegeben, es sei auch um ein Gefühl von Ungerechtigkeit mit Blick auf Leute gegangen, die sich so teure Autos leisten können."

    Und das soll nicht politisch sein?

  • PE
    Peter Ebeling

    Schön - da haben sie ja endlich mal einen dieser Autozündler erwischt. Und ganz exemplarisch hatte er keine politischen, sondern rein individuelle, niederträchtige Motive.

     

    Frage: hat irgendwann irgendjemand behauptet, bei sozialen Unruhen müssten die Hitzköpfe mit Marxens Kapital winken, oder beim Autoanzünden die Internationale singen?

     

    Soziale Unruhen sehen so aus wie damals in London, in den Pariser Vororten, oder bei frustrierten Einzeltätern in Berlin: ein armer Wicht weiß nicht mehr, wohin mit dem Zorn, und da geht er einfach zum nächsten armen (oder noch ärmeren) Wicht und gibt ihm eins auf die Mütze. Oder den Toyota. Oder schmeißt ihm die Ladenscheibe ein und füllt sich die Taschen.

     

    Aber es war ja nicht politisch oder sozial motiviert - also müssen wir uns auch keine Gedanken über unsere Gesellschaft machen. So ein Glück aber auch!

  • K
    KlausK

    Und es hieß doch immer, die Zündler kämen mutmaßlich aus der linksautonomen Szene??

    Ist ja alles so einfach zu erklären - siehe "Dönermorde".