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Berliner Polizei fasst AutobrandstifterPolitisches Motiv ausgeschlossen

Ein 27-jähriger Berliner hat zugegeben, in diesem Jahr 67 Autos angezündet zu haben. Politische Motive konnte die Polizei bei ihm aber nicht feststellen.

Im Sommer wurden in Berlin zahlreiche Autos abgefackelt. 67 davon hat ein nun gefasster Täter angezündet. Bild: dpa

BERLIN taz | 341 Autos wurden in Berlin in diesem Jahr bisher angezündet. Ein Teil dieser Fälle scheint jetzt aufgeklärt: 67 Autobrandstiftungen hat ein 27-jähriger Berliner am Freitag bei einer Vernehmung durch die Polizei gestanden. Der Mann wurde festgenommen.

"Wirklich politische Motive" konnte Ermittlungsleiter Kriminaloberkommissar James Braun am Sonntag bei einer Pressekonferenz der Berliner Polizei nicht nennen. Der Mann habe eher "aus persönlichem Frust" und "Sozialneid" gehandelt.

Umfangreiche Ermittlungen - zum Teil mit Unterstützung der Bundespolizei - hatten den Verdacht gegen den Mann erhärtet. Anhand von Videoaufzeichnungen aus dem öffentlichen Nahverkehr ließ sich belegen, dass der Verdächtige um Tatzeiten herum in der Nähe von Brandorten gewesen war. Aufgrund dieser Indizien war der Täter zu einer polizeilichen Vernehmung geladen worden, wo er ein umfangreiches Geständnis ablegte.

Der damals arbeitslose Berliner hatte in den Sommermonaten in überwiegend bürgerlichen Stadtteilen der Hauptstadt diverse Autos angesteckt. Dort habe er gezielt Autos der deutschen Marken Mercedes, BMW und Audi angezündet.

Zu seinem Vorgehen wollte die Polizei am Sonntag nichts sagen. Doch es war offenbar effektiv: In allen 67 Fällen seiner im Polizeijargon "direkten Angriffe" auf Autos gelangen ihm die Brandanschläge auch.

Brandserie hatte Wahlkampf befeuert

Einmal beschädigte das Feuer sogar ein Wohnhaus in der Nähe. In einem zweiten Fall musste eine benachbarte Seniorenwohnanlage komplett geräumt werden. Der mutmaßliche Täter wird deshalb wegen schwerer Brandstiftung angeklagt.

Die hohe Zahl der Autobrände hatte vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus in Berlin im September eine Debatte über die Sicherheit und linke Gewaltbereitschaft in der Hauptstadt ausgelöst.

Vor allem die Berliner CDU hatte das Thema aufgegriffen und Plakate mit Bildern verbrannter Autowracks geklebt. Dem Vorschlag der Christdemokraten, die Bundespolizei um Hilfe bei den Ermittlungen zu bitten, hatte die SPD erst nach anfänglichem Zögern zugestimmt.

Der zur Tatzeit arbeitslose Maler und Lackierer, der nach Polizeiangaben noch bei seiner Mutter wohnt, gehöre "definitiv nicht" der linken Szene an, sagte nun aber Polizeioberkommissar Braun. Seine Anschlagsserie beendete der Täter im September, nachdem er einen "Aushilfsjob" gefunden hatte.

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8 Kommentare

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  • HE
    Heinrich Ed

    Hier wird die Diagnose Paranoia der schwarzen Männer,welche sich Innenpolitiker nennen,bestätigt.Insbesondere die Herren der CSU tun sich hervor und die SPD macht mit.

    Polizeiführer und Nachrichtendienste,sowie die inzwischen meisten auf neoliberal getrimmten Medien,erzählen uns seit Monaten,hier sind die Linken im Krieg mit dieser Republik.

    Für die Sicherheitsorgane dieses Landes ist dieser Fall eine Bankrotterklärung,weil sie einfach und auf Geheiß ihrer Chefs

    die Theorie des Linken Terrors übernommen haben.

    Dumm gelaufen,dieser Mensch hat einfach nur die Faxen Dicke,

    in dieser Republik.Ein politischer Täter,ohne Bezug zu den bösen Linken,peinlicher geht´s nicht.

  • T
    Thomas

    "Persönlicher Frust" + "Sozialneid" = "Politisches Motiv"

    ...er weiß das nur nicht.

  • Y
    yberg

    bestimmt der erste pyromane der bei einer berliner abstimmung wahlentscheidend eingreifen durfte.

     

    wenn der bursche ,wie man liest,schon länger unter verdacht stand,sollte von der 4ten gewalt mal recherchiert werden,weshalb er unter den augen der ermittler zündeln durfte.

     

    auch unliebsame und für die polizei auf den ersten blick peinliche freisprüche verdächtiger,dürfen nicht dazu führen,daß ein brandstifter freie hand hat,weil man die beweislage gerichtsfest machen will.

  • V
    vic

    So ein Mist, doch kein Linker;)

    Aber gegen einen Sozialneider läst sich`s auch trefflich pöbeln, stimmts?

  • S
    Stefan

    Okay... und der Rest der Autos war dann eine unpolitische, spontane Selbstentzündung? Besonders die bevorzugten "Luxuskarossen"?

  • U
    unwichtig

    "Anhand von Videoaufzeichnungen aus dem öffentlichen Nahverkehr ließ sich belegen̈́,"

     

    Alles zu meiner Sicherheit. Ist klar, ne?

  • J
    Jason

    Hätte bestimmt einigen Politikern gefallen wenn unser 27jähriger Brandstifter von dem Linkenlager kommt und schon vermummt mit ein Stein in der Hand auf die Welt kam... naja war nicht so...

     

    und Jetzt...

     

    Ich finde es nicht normal wenn ein Mensch auf die Straße geht und Autos anzündet. Ich Hoffe das geht auch anderen so.

     

    Wenn ich wegen Sozialneid Autos anzünde, dann ist das doch zum Teil Politischmotiviert oder? wenn ein Mensch Autos anzünden ([muss], weil er keine andere Möglichkeit sieht bei die er Erfolg verspühren könnte) um sein Wut wegen der Aussichtslosigkeit zum ausdruck zu bringen, finde ich das Politisch motiviert, vielleicht mehr als der beschuldigte selbst erkennt.

     

    Wie solle es den weitergehen, alle 50 Jahre wenn das Geld zu ungerecht verteilt ist, schlechte Stimmung/Stress in Gesellschaft die zu Aufständen bzw. sagen wir massenDemos, bisschen Gewalt um sich wieder zu entladen, dann Reformen, Neuverteilung von Geld und in 50 Jahren geht es wieder los. Das ist ein Dauer Stress für die Gesellschaft die für die Weiterentwicklung hinderlich ist.

     

    Das ist ein Politisches und Gesellschaftliches Problem.

    Soll um Gottes willen nicht heißen das ich es gut heiße, das ist aber meine Meinung

  • V
    Verarsche

    Liebe taz, wollt ihr die Leser verarschen? Es mag ja sein, daß es auch unpolitische Trittbrettfahtrer gibt, aber es ist auch klar, daß es linksextreme Gruppen waren die Zugezogenen oder vermeintlich "Reichen" die Autos anzündeten und sich dazu bekannten. Wenn jemand aus "persönlichem Frust" einen Schwarzen verprügelt heißt das ja wohl nicht es wären nicht meist Neonazis die das tun. Es gibt linksextreme Brandstifter und Gewalttäter in Berlin. Sie sind zu bekämpfen. Punkt. Wenn ihr damit nicht klarkommt, dann sagt es. Kommt aber nicht so doof hintenrum. Falls doch empfehle ich einen Zusammenschluß mit der BLÖD-Zeitung.