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Präsidentschaftswahl in VenezuelaTausende für und gegen Chávez

Auch Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat jetzt seine Kandidatur für die Präsidentenwahl im Oktober angemeldet. Massenaufläufe begleiten die Einschreibungen der Kandidaten.

Jubelnde Chávez-Anhänger feiern seine erneute Kandidatur. Bild: reuters

BERLIN taz | Jetzt ist auch offiziell klar, wer bei den Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober in Venezuela um die Macht kämpfen wird. Am Montag überreichte der amtierende Präsident Hugo Chávez offiziell der Wahlbehörde seine Kandidatur.

Chávez, der am 11. Mai von der Strahlenbehandlung seiner Krebserkrankung aus Kuba zurückgekehrt war, verband den Formalakt mit einer Kundgebung vor zehntausenden Anhängern, bei der er mit einer fast dreistündigen Rede alle Spekulationen über seinen Gesundheitszustand und seinen bevorstehenden Tod entgegentreten wollte.

Sein Herausforderer, der von einem 30-Parteien-Bündnis nominierte bisherige Gouverneur des Bundesstaates Miranda, Henrique Capriles, hatte bereits einen Tag zuvor seine Kandidatur eingereicht und ebenfalls viele tausend Menschen auf die Straße bekommen.

Chávez versuchte, gleich zu Beginn seiner Ansprache, nachdem er einige Lieder gesungen hatte, jedes Spekulieren über seinen Gesundheitszustand als konterrevolutionär zu brandmarken. Alle Gerüchte darüber, dass er nur noch kurze Zeit zu leben habe und bereits ein Nachfolger gesucht werde, seien Teil der psychologischen Kriegsführung seiner Gegner.

Sozialismus unumkehrbar machen

Die nächste Amtszeit von 2013 bis 2019 wolle er nutzen, um Venezuela auf einen Weg zu bringen, der den Sozialismus unumkehrbar mache. Chávez regiert seit 1998.

Der 39-jährige Capriles, der zusammen mit der ihn begleitenden Menschenmenge 10 Kilometer durch Caracas gelaufen war, kündigte ein Regierungsprogramm an, dass sich auf die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der extrem hohen Gewalt in Venezuela konzentrieren wolle.

In den Umfragen, deren Genauigkeit jedoch immer mal wieder in Zweifel gezogen wird, liegt Chávez derzeit klar vor Capriles. Offiziell beginnt der Wahlkampf erst im Juli.

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14 Kommentare

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  • T
    Tanja

    Wenn Länder, die bisher brutal ausgebeutet wurden, ihre Rohstoffe und Arbeitskraft nicht mehr so billig an uns abgeben wollen, halten die Mächtigen und ihre Medien zusammen und machen da alles schlecht. Länder, die wirtschaftlich so boykottiert werden und dann noch ständig militärisch bedroht werden, haben immense Nachteile gegenüber uns, sich wirtschaftlich zu entwickeln. Trotzdem schaffen Sie es immerhin, die ärmsten vor Hunger und Ausbeutung zu bewahren, sogar Bildung und medizinische Versorgung gibt es jetzt für alle. Dass jeder z.B auch ein Auto haben soll, als Zeichen des Wohlstandes, ist ja nun wirklich zu viel verlangt, zumal die Erde das sowieso nicht aushält, wenn noch mehr Leute so konsumieren wie wir. So schlimm kann es außerdem wirtschaftlich nicht um Venezuela bestellt sein. Die Verwandtschaft einer Freundin aus Venezuela fliegt jährlich mehrfach nach Europa und unterstützt die Familie in Deutschland, die sich hier kaum die Miete hier leisten kann. Ich finde es auf jeden Fall besser, wenn der Wohlstand nicht an irgendwelchen Durchschnittseinkommen gemessen wird, sondern daran, ob jeder Mensch Essen, Kleidung, Wohnung, Bildung und Würde hat. Alles andere ist Luxus und beim derzeitigen Zustand der Erde zu vermeiden. Auch bei uns gibt es Armut, dass Deutschland im Durchschnitt Wohlhabend ist, sagt nichts aus über die wahren Verhältnisse hier.

  • GM
    Gunter M.

    @Selbstreflexion

    Für die Frage nach Diktatur oder Demokratie sind Wahlen nur zweitrangig. Gerade hier in Deutschland sollte eigentlich jeder mit ein wenig Geschichtsbewusstsein wissen, dass auch Diktatoren durch Wahlen an die Macht kommen können. Der entscheidende Faktor für eine Diktatur ist die Aufweichung der Gewaltenteilung.

  • S
    @SelbstReflexion

    Mensch, nachdenken! Kohl war Bundeskanzler. Der Präsident in D. darf nur einmal wiedergewählt werden. So war das in V. auch bevor Chavez die Verfassung für sich hat umschreiben lassen.

  • S
    @SelbstReflexion

    nun ja, da gibt es kleine aber feine unterschiede. kohl war nie staatsoberhaupt, sondern lediglich regierungschef, er hatte nie die machtfülle von chavez, musste sich die gewalten mit der legislative und der judikative teilen, hat zu keinem zeitpunkt per dekret regiert, konnte nie auf mitarbeiter des öffentlichen dienstes druck ausüben, um bei wahlkampfveranstaltungen präsent zu sein und bei wahlen das kreuz an der "richtigen" stelle zu machen und kontrollierte nie so gut wie alle radio- und fernesehstationen, sodass wir ihn (zum glück) nicht jedes wochenende auf allen kanälen 5 stunden reden hören mussetn. das chavez unter solchen umständen und auf grund seiner charismatischen ausstrahlung bei wahlen quasi unschlagbar ist, kann keinen verwundern und sei seinen anhängern auch vergönnt. schließlich hat er ihnen kleine fortschritte gebracht. nur ist es eben so wie bei jeder party. je länger und ausgelassener die party, desto schlimmer der kater am morgen danach. das böse erwachen in venezuela wird kommen und es wird alle schichten treffen, vor allem aber leider die sozial schwächsten. chavez wird sich das desaster, das er angerichtet hat wahrscheinlich von wolke 7 aus betrachten. gott möge ihm vergeben.

  • HU
    Hay un camino

    Ich bin hier eigentlich nur gelandet, weil ich wissen wollte, was die deutschen Medien zu diesem Thema schreiben - leider erschreckend wenig bis auf diesen Artikel...

    Chavez hat das Land nicht nur runtergewirtschaftet, er hat es gespalten. Ich weiß nicht, was Chavez' Intention ist, aber bei wirklich jeder Debatte haut der irgenjemanden eine neue Beleidigung um die Ohren. Dieser Mann ist nicht nur für den Niedergang Venezuelas verantwortlich er ist auch ein peinliches Staatsoberhaupt. Capriles ist authentisch, hat die richtigen Ideen und wäre für Venezuela nach 13 Jahren Chavez ein Segen!

  • S
    SelbstReflexion

    Die selbst ernannten Politik-Analysten können hier schreiben was sie wollen. Chavez hat Millionen VenezuelanerInnen aus der Armut geführt mit seinem Ölsozialismus und das danken ihm die Menschen - zurecht. Jehnseits der westlichen Berichterstattung hat er allerdings auch neue Formen der Demokratie auf lokaler Ebene Raum gegeben, weshalb seine politischen Vorstellungen eine Bewegung sind, die die Menschen fortsetzen wollen.

     

    Wer von einem Peak-Oil in Venezuela redet hat schlicht von Ressourcenpolitik keine Ahnung. Der starke Exportfokus der venezoelanischen Ökonomie ist zwar nicht besonders nachhaltig und ökologisch nicht wünschenswert aber für eine Transformation des Landes zurzeit eine wichtige Grundlage.

     

    Wenn er wieder gewählt wird ist er ein wenig länger an der Macht, als Helmut Kohl, dem auch niemand vorgeworfen hat ein Diktator zu sein. Die Menschen vor Ort können am besten selbst entscheiden wem sie trauen und brauchen deshalb keinen westlichen Ideenimperialismus.

  • B
    Bolivariano

    Ich finde, der Hugo sollte sich etwas mehr zu Herzen nehmen, was sein Idol, der große Befreier Simon Bolivar gesagt hat:

     

    "Nada es tan peligroso como dejar permanecer largo tiempo en un mismo ciudadano el poder."(Nichts ist so gefährlich wie den gleichen Bürger über lange Zeit an der Macht zu lassen)

     

    "Huid del país donde uno solo ejerce todos los poderes: es un país de esclavos" (Fliehe aus dem Land, in dem die Macht auf einen einzelnen konzentriert ist: es ist ein Land voller Sklaven)

  • M
    @max

    Es mag dich vielleicht überraschen, aber die Welt ist nicht schwarz-weiß. Zwischen korrupten Oligarchen und korrupten Sozialisten und zwischen Geld irgendwelchen Großkonzernen in den Rachen werfen und Geld zum Fenster rauswerfen gibt es noch eine riesengroße Bandbreite an alternativen Möglichkeiten. Bachelet in Chile oder Lula in Brasilien haben das bestens gezeigt.

    Nur weil es vor Chavez nicht gut gelaufen ist, muss ich doch nicht jemandem applaudieren, der es nicht besser macht und offensichtlich versagt hat. Mit Sozialprogrammen kann man dieses Versagen nicht ewig vertuschen und sich nicht ewig an die Macht klammern. Irgendwann gibt es den großen Knall und das jahrelange Herunterwirtschaften der wirtschaftlichen Infrastruktur wird das Land in ein tiefes Loch fallen lassen. Dann wird man darum betteln, dass Großkonzerne bereit sind für den Wiederaufbau ein paar Dollar im Land zu investieren.

  • M
    max

    wenn man die kommentare hier liest könte man meinen, vor chavez war alleas gut und er hätte die macht per militärputsch an sich gerissen. ich weiß zwar auch nicht5, was nach dem öl kommt, aber bis dahin halte ich es für ganz sinnvoll, den reichtum des landes nicht irgendwelchen großkonzernen in den rachen zu werfen.

  • BS
    Bernd Stiegler

    Chavez braucht sich keine Gedanken darüber zu machen, wovon die Sozialprogramme und das ganze Land ohne funktionierende Wirtschaft einmal leben sollen, wenn der Ölboom eines Tages vorbei sein wird. Er selbst wird das nicht mehr erleben und seine Kinder werden die privaten Millionen der Familie in Panama oder beim "Erzfeind" in Miami bunkern.

  • P
    porquenotecallas

    Welche Qualität kann ein politisches Projekt haben, dass so stark am Kult um eine Person hängt, dass ein Kranker auf einem Pickup zur Anmeldung gefahren werden muss. Ein Projekt mit einer echten Zukunftsvision bräuchte einen Personalwechsel nicht fürchten.

  • C
    Claudi

    "Die nächste Amtszeit von 2013 bis 2019 wolle er nutzen, um Venezuela auf einen Weg zu bringen, der den Sozialismus unumkehrbar mache."

     

    Genau hat er gesagt, dass er mit seiner Politik dafür sorgt, dass der Sozialismus in Venezuela 500 Jahre andauern wird.

    Da hat er sich wohl einen anderen Verrückten mit Ewigkeitsfantasien zum historischen Vorbild genommen und lediglich dessen 1000 Jahre auf 500 halbiert.

  • VD
    valeria damiroxa

    Der "wirkliche" Chavez hat den Kommunisten gesagt: "Kommt mir nicht mit den Marxismus-Leninismus!" Das Video stammt von einer hektischen Versammlung, nachdem Chavez einen von Kolumbien geforderten FARC-Anhaenger ausgeliefert hatte. Denn der "wirkliche" Chavez steht "links-sozial-demokratisch" - welches er populistisch als "Sozialismus des 21sten Jahrhunderts" nennt. Chavez kollaboriert jetzt nahtloss mit dem mitte-rechts Praesidenten Santos in Kolumbien. Von Brasilien hat er den Rat zur "Maessigung" angenommen, und von Kuba den Rat "Mach' das nicht wie wir!"

  • TL
    Tim Leuther

    Der Chavez hat das Land sowas von runtergerockt, unglaublich. Wenn das Öl zuende geht, und den lokalen Peak-Oil haben die längst überschritten, dann kommen die ernsthaften Probleme. Die eigene Wirtschaft wurde kaputtgemacht mit überaufgeladener Ideologie und den Importen mit dem Ölgeld.