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Sozialistisches Frankreich räumt aufNicolas Sarkozys Vermächtnis revidiert

Das Rentenalter sinkt wieder, die Mehrwertsteuer wird erst gar nicht angehoben. Hollande zeigt so, dass er umsetzen will, was er versprochen hat: „Wechsel jetzt“.

Ganz anders als der Alte: Hollande lächelt nicht, küsst unsere Angie nicht, inszeniert sich nicht. Doch für die Bürger Frankreichs tut er wie versprochen Gutes. Bild: reuters

PARIS taz | Schlag auf Schlag ist in Paris in der laufenden Parlamentssession mit der konservativen Vergangenheit aufgeräumt worden. In der zurückliegenden Woche wurden die politischen Symbole der fünfjährigen Präsidentschaft von Nicolas Sarkozy beseitigt, als gelte es Denkmäler eines gestürzten Diktators zu schleifen, bis nichts mehr bleibt und nichts mehr an dessen Rolle und Präsenz erinnert.

Die wichtigsten Maßnahmen der Ära Sarkozy sind dem Rotstift der neuen linken Regierungsmehrheit bereits zum Opfer gefallen. Per Dekret war zuerst das Ruhestandsalter von bemerkenswerten 60 Jahren wieder eingeführt worden. Dies gilt zwar nur für eine Minderheit, die bereits länger erwerbstätig war und über die nötigen Beitragsjahre verfügt; dennoch geht davon eine Signalwirkung aus.

Sarkozy Erfolgsrezept von 2007 war der bestechende Slogan gewesen: „Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen“ („Travailler plus pour gagner plus“). Der Lohn für Überstunden wurde für die Arbeitnehmer steuerfrei, und Unternehmen mussten darauf dann keine Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherungen entrichten. Die Staatskasse kostete diese Kaufkraftsteigerung aber 4,5 Milliarden Euro jährlich.

Doch ist es gut und fair, Überstunden zu subventionieren, während immer mehr andere stempeln gehen? Die Abschaffung des kostspieligen und beschäftigungspolitisch widersinnigen Überstundendispositivs gehörte jedenfalls zu den ersten Säuberungsobjekten der neuen Linksmehrheit.

Noch nicht einmal offiziell in Kraft treten konnte die unter Sarkozy per 1. Oktober eingeführte und nun für ungültig erklärte Mehrwertsteuererhöhung von 19,6 auf 21,2 Prozent. Sie sollte es ermöglichen, die Finanzierung der Sozialversicherung teilweise auf die Verbraucher abzuwälzen und die Arbeitskosten zu senken. Das aber hätte auch die Kaufkraft der Haushalte im Schnitt um 400 Euro pro Jahr zusätzlich geschmälert.

Unakzeptierbar meinte dazu die regierende Linke, die freilich zur Sanierung der Staatsfinanzen spätestens im nächsten Jahr ins Portemonnaie derselben französischen Familien greifen und anstelle der Mehrwertsteuer andere Steuern erhöhen wird.

Hollande verschärft die „Solidaritätsabgabe“

Bezahlen sollen vorerst vor allem die „Reichen“, mit deren Freundschaft Sarkozy gern prahlte. Er hatte die „Reichtumssteuer“ gesenkt und den höchsten Einkommenskategorien mit einer „flat tax“ (Maximalabgaben in der Höhe 50 Prozent aller Einkommen) ein Motiv geliefert, in Frankreich zu bleiben. Hollande macht genau das Gegenteil und verschärft die „Solidaritätsabgabe“ auf Vermögen ab 1,3 Millionen Euro, zudem steigen die Abgaben auf Erbschaften und Schenkungen.

Im selben Stil soll es weitergehen. Sarkozy hatte die Atomkraft gefördert, Hollande will bei der Stromproduktion mit der Stilllegung des AKWs von Fessenheim einen schrittweisen Ausstieg aus dem Quasimonopol der Atomkraft einleiten. Rückgängig gemacht wird die demagogische Einführung von Geschworenen-Strafgerichten für geringfügigere Delikte.

Hollande zeigt so, dass er umsetzen will, was er versprochen hat: „Wechsel jetzt“. Bei aller Effizienz besteht aber das Risiko, dass er ein Klima der Spannung schafft, das wenig zu tun hat mit der von ihm ebenfalls versprochenen nationalen Versöhnung. Da seine Parlamentsmehrheit das politische Säuberungswerk im Expresstempo durchwinkt, kommt der unangenehme Eindruck einer selbstsicheren Macht auf, die Hollande in seinem gnadenlosen Inventar der Vergangenheit anlasten wollte.

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10 Kommentare

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  • H
    Haha

    Die taz zu lesen und Sachlichkeit zu erwarten wenn es um einen Linken im Ausland geht ist so wie Kritik am Papst in der Vatikanzeitung zu erwarten. Hollande ist ein Mann, der viel versprach, es aber nicht bezahlen kann. Das ist wirklich sozialitische Politik. Was es da zu jubeln gibt wenn Deutsdchland zahlen soll, ist höchstens mit dem Verhätnis der taz zu Deutschland zu erklären. Oder mit Dummheit. Am Ende geht Hollande pleite oder revidiert seine Versprechen. Die taz wird schweigen.

  • P
    Petra

    Hollande ist, wie auch viele seiner Vorgänger ein National Sozialist. Das wird sich insbesondere noch in seiner geplanten Industriepolitik zeigen. Die Planungen für ihre Autohersteller insbesondere PSA werden die Richtung weiter aufzeigen. So einer würde in BRD in der rechten Ecke entblößt. Gute Nacht Frankreich.

  • N
    nahab001

    Eine erste gute Nachricht aus dem von der Krise geschuetteltem Europa. EIN Staat Europas, der die Alternative des Verteiluungsausgleichs sucht und sofort bricht Panik aus bei den ueblichen Kommentatoren, der Deutsche wird dafuer zahlen muessen. Ich werde keine Versuche anstellen, die Gemeinsamkeit von Eurobonds und Rettungsschirmen zu erklaeren; nur EINS: Ihr lest und kommentiert mit eurer Weltanschauung die falsche Zeitung!!

  • R
    reblek

    "Sozialistisches Frankreich räumt auf" - Wie wäre es mit "sozialdemokratisches Frankreich"?

  • M
    mehrdad

    der traum von rotgrün:

     

    deutsche arbeiten fleissig bis 67, damit franzosen mit 60 die beine hochlegen und eine üppige rente bekommen, die durch eurobonds foinanziert wird.

     

    und die deutschen sind trotzdem blöd genug, 2013 die Hollande speichellecker in deutschland zu wählen.

     

    wie sagte ein russischer partisan nach dem zweiten weltkrieg?

     

    wenn deutsche partisanen einen bahnhof stürmen wollen, dann kaufen sie sich erstmal eine bahnsteigkarte.:)

     

    oder der:

     

    man brauchte eigentlich keine mauer zwischen ost- und westdeutschland. es häte eine ampel gereicht, die permanent auf rot geschalktet ist.

     

    null initiative und duckmäusertum. das zeichnet die heutigen deutschen aus.

  • GO
    George Oberle

    Ein Vorbild für die grünen Schwätzer in Deutschland, die durch ihre Unterstützung der Agenda 2010 zu Arbeiterverrätern wurden.

     

    Ebenso könnte sich die SPD, die ja ebenfalls Mitglied der "sozialistischen Internationale" ist und durch die Agenda 2010 für viele sozial denkende Menschen unwählbar wurde, ein Vorbild an den französischen Genossen nehmen.

  • SG
    Schnell genießen

    Die Anhänger dieses Linkspopulisten sollten ihren scheinbaren Triumph schnell genießen - das ganze wird bald zurückgedreht. Hat was mit Mathematik zu tun. It's the economy, stupid.

  • W
    womue

    Monsieur Hollande kann prinzipiell Gesetze machen, die er für gut und richtig hält. Hauptsache ist, er erwartet nicht von anderen Staaten, daß die es bezahlen. Wovon man erst mal ausgehen sollte.

  • BH
    Balte Haak

    Ist doch schön. Er machts tatsächlich, entgegen aller Unkenrufer die nichts lieber sehen wollten als den Verrat an den Wählern/Wahlversprechen. Was gibts daran jetzt wieder zu mäkeln? Euch kann mans nicht recht machen.

  • IG
    Ich geb einen aus, ihr zahlt

    Ich gebe auch einen aus, vorausgesetzt es bezahlt jemand anderes.